Wadephul sichert Palästinensern Unterstützung zu
Auch am zweiten Tag seiner Nahostreise spart Außenminister Wadephul nicht mit Kritik: Im Westjordanland verurteilte er die Gewalt radikaler israelischer Siedler. Den Palästinensern versprach er Hilfe - aber keine rasche Staats-Anerkennung.
Außenminister Johann Wadephul hat die Gewalt israelischer Siedler scharf kritisiert. Gewaltakte jüdischer Siedler gegen die palästinensische Bevölkerung seien keine Einzelfälle mehr, betonte der CDU-Politiker, stattdessen würden diese Vorfälle sogar deutlich zunehmen.
Im Westjordanland besuchte der CDU-Politiker die Ortschaft Taybeh. Sie war in den vergangenen Monaten mehrfach überfallen worden. Wadephul sah sich dort unter anderem zwei ausgebrannte Autos an und sprach mit dem Bürgermeister und drei Geistlichen. "Solche Taten sind Verbrechen, sie sind Terror und sie gehören endlich polizeilich verfolgt", sagte Wadephul zu den Überfällen.
Die Position der Bundesregierung sei eindeutig: "Die Politik des Siedlungsbaus ist völkerrechtswidrig." Auf europäischer Ebene würde sich die Bundesregierung für eine weitere Sanktionierung gewalttätiger Siedler einsetzen, betonte Wadephul weiter.
Deutschland würde Annexionen nicht anerkennen
Die Lage im Westjordanland hat sich seit Beginn des Gaza-Krieges deutlich verschärft. Seitdem wurden dort nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums bei israelischen Militäreinsätzen, bewaffneten Auseinandersetzungen und Anschlägen von Extremisten mehr als 960 Palästinenser getötet. Zugleich gibt es verstärkt Gewalt radikaler israelischer Siedler gegen palästinensische Zivilisten. Der Regierung von Benjamin Netanjahu wird vorgeworfen, sie lasse den Siedlern dabei freie Hand.

Jüngst hatte das israelische Parlament eine nichtbindende Resolution bestätigt. In ihr wird die rechts-religiöse Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dazu aufgefordert, die Souveränität des Staates Israel auf alle jüdischen Siedlungen im Westjordanland auszudehnen.
Auch hier fand Wadephul deutliche Worte: "Jegliche Annexionsfantasien, sei es für Gaza oder für das Westjordanland, die auch von Teilen der israelischen Regierung hervorgebracht werden, lehnen wir klar ab". Sie würden von Deutschland nicht anerkannt werden, sagte er weiter.
Wadephul verteidigt deutsche Position
Wadephul verteidigte bei seinem Besuch zudem die deutsche Position zur Anerkennung eines Palästinenserstaates. Nach einem Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah betonte der CDU-Politiker: "Wir unterstützen das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat zum Ende eines politischen Prozesses." Großbritannien, Frankreich und zuletzt auch Kanada hatten zuvor eine frühere Anerkennung in Aussicht gestellt - und damit auch Deutschland unter Druck gesetzt.
Nach einem Ende des Gaza-Krieges sei Deutschland bereit, den Wiederaufbauprozess aktiv zu unterstützen, sagte Wadephul. Dafür sei eine Erneuerung der demokratischen Legitimation der palästinensischen Autonomiebehörde nötig. Sie dürfe aber auch nicht finanziell ausgetrocknet werden.
Der Außenminister forderte die israelische Regierung auf, zurückgehaltene Steuergelder, die den Palästinensern rechtmäßig zustünden, an die Behörde weiterzugeben. Die Hamas dürfe in einem künftigen palästinensischen Staat keine politische Rolle spielen.
Entscheidung über weiteres Vorgehen Deutschlands
Am Donnerstag, dem ersten Tag seiner Nahostreise, war Wadephul bereits in Jerusalem zu Besuch gewesen. Auch dort sparte der Außenminister nicht mit Kritik an Israel. Die "humanitäre Katastrophe in Gaza" übersteige "jede Vorstellung", sagte er und wiederholte seine Forderung, den Landweg für Hilfsgüter in den Küstenstreifen freizugeben. Israel sei in der Pflicht, "schnell, sicher und ausreichend humanitäre und medizinische Hilfe zuzulassen".
Trotz der schlechten humanitären Lage im Gazastreifen hatte sich die Bundesregierung bisher gegen Israel-Sanktionen ausgesprochen. Mit Verweis auf die Reise des Außenministers ließ Bundeskanzler Friedrich Merz das weitere Vorgehen nun aber offen. Man werde den für Samstag erwarteten Bericht des Außenministers abwarten, so Merz. Alle weiteren Entscheidungen würden danach getroffen. Die Regierung habe bereits am vergangenen Montag im Sicherheitskabinett "auch darüber gesprochen, wie wir gegebenenfalls mit den europäischen Partnern zusammen weiter vorgehen".
Deutschland gehört innerhalb der EU zu jenen Staaten, die Sanktionen gegen Israel ablehnen. Unter anderem deswegen hatten die EU-Regierungen kürzlich über einen Vorschlag der EU-Kommission nicht entscheiden können. Die Kommission hatte vorgeschlagen, die Teilnahme Israels am Forschungsförderungsprogramm Horizon Europe teilweise auszusetzen.
Philipp Kuntschner, ARD Tel Aviv, tagesschau, 01.08.2025 16:53 UhrHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke