In der Türkei können viele Menschen nur davon träumen, am Strand von Bodrum zu liegen. Bei wenigen Urlaubstagen und niedrigen Einkommen machen die meisten nur wenige Tage Ferien bei Verwandten - Urlaub woanders ist zu teuer.

"Wo denkst du hin? Ich muss dauernd arbeiten. Es geht ums Überleben. Was redest Du von Urlaub?", sagt der Kurierfahrer Sehmus. Er könne zwar Urlaub machen, aber dann bekomme er kein Geld. So wie ihm geht es einigen, je nach Branche und Beschäftigungsstatus.

Die meisten haben den gesetzlichen Urlaubsanspruch: Das sind 14 Tage - ab dem zweiten Beschäftigungsjahr. Im ersten Jahr gibt es keine Urlaubstage. Nach fünf Jahren hat man Anspruch auf 20 Tage.

Und das sei eigentlich das Mindeste, findet Sehmus: Er arbeite das ganze Jahr, bei Kälte und bei Hitze und dann gebe es nur knapp drei Wochen Urlaub. "Das reicht nicht. Man sollte mindestens einen Monat frei haben, damit man sich mal richtig erholen kann."

Urlaub bei Familienangehörigen ist am günstigsten

Das können diejenigen, die lang genug gearbeitet haben. Irgendwann bekommt man bis zu 26 Tage frei. Arbeitgeber können zwar mehr gewähren, aber in der Regel tun das nur große Firmen. Cüneyt ist 40 Jahre alt. Er arbeitet in einer Logistikfirma und hat 20 Tage Urlaub im Jahr.

"Diese 20 Tage reichen natürlich nicht - im Ausland gibt es mehr Urlaub. Obwohl wir länger arbeiten", sagt er. Arbeitnehmer im Ausland müssten etwa keine E-Mails und Anrufe beantworten. "Bei uns, bei mir, ganz gleich ob Ramadan- oder Opferfest oder sogar am 1. Mai, wird von mir verlangt, auf E-Mails und Anrufe zu reagieren."

Im Urlaub muss das aber auch Cüneyt nicht. Er ist dann meistens in Sinop am Schwarzen Meer, weil er von dort kommt. So machen es viele in der Türkei: Urlaub bei Familienangehörigen ist am günstigsten. Urlaub woanders ist teuer. Zudem haben immer mehr Menschen in der Türkei immer weniger Geld.

Blick auf den Swimmingpool einer Hotelanlage in Bodrum. Türkische Familien müssen teilweise das Doppelte für Hotels bezahlen im Vergleich zu Touristen aus dem Ausland, erzählen Einheimische.

Große Rabatte für ausländische Reiseveranstalter

Der Hauptgrund: Die Lohnsteigerungen halten mit der Inflation nicht Schritt. Der Buchhalter Özgür macht deswegen kürzer Urlaub als früher, sagt er. Obendrein zahle er als Türke im eigenen Land mehr als andere: "In einem Hotel nahe Bodrum habe ich eine ausländische Familie getroffen, die für genau den gleichen Urlaub, auch gleich lang, nur halb so viel bezahlen musste." Aber das sei auch schon vor zehn Jahren so gewesen.

Ausländische Reiseveranstalter kaufen früh Kontingente in Hotels und handeln große Rabatte aus. Die gelten nicht für Türkinnen und Türken. Sie seien sowieso eher spontane Spätbucher, sagen Einheimische lachend.

Dieses Jahr ist das ein Vorteil, meint Tourismusexperte Bülent Bülbüloğlu vom Verband der Dienstleister im Interview mit dem Sender Bloomberg. "Es ist ein schwieriges Jahr - und das scheint ein großes Glück für Einheimische zu sein: Es gibt Hotels, die Rabatte von 50, 60 Prozent anbieten", erzählt er.

Das Luftbild zeigt Touristen und Anwohner, die am Strand in Bodrum liegen. Nur wenige Türken können sich dort Urlaub leisten.

Griechische Inseln werden beliebter

Trotzdem steigt die Nachfrage nach Auslandsreisen. Zum Beispiel für griechische Inseln vor der türkischen Westküste. Das sei nur logisch, findet Buchhalter Özgür: "Wegen der Preise - warum denn sonst? Das Meer ist schließlich das gleiche. Warum soll man dafür in der Türkei mehr bezahlen?"

Wegen einer Sonderregelung gibt es hierfür leichter Visa. Die sonst strengere Visumpflicht schreckt von Reisen etwa nach Westeuropa eher ab. Ohnehin besitzt nach Schätzungen nur jeder Sechste im Land einen Pass. Oftmals sind es Bessergestellte.

Wenn sie keinen Auslandsurlaub machen, trifft man sie im Sommer vor allem an der Westküste der Türkei. Doch es sind nur wenige in seinem Land, findet Cüneyt aus der Logistikfirma, die überhaupt richtig Urlaub machen können. "Es gibt nur eine bestimmte kleine Schicht, die richtig Urlaub machen kann", erzählt er. Für die meisten sei es Luxus.

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