Obwohl Trumps Vize Vance eigentlich für einen Familienurlaub ins Vereinigte Königreich gereist ist, absolviert er auch politische Termine. Der britischen Regierung kommt der Aufenthalt gelegen..

Zehn Schlafzimmer, ein Turm aus dem 14. Jahrhundert und eine kilometerweite Parklandschaft, die Privatsphäre garantiert: Das herrschaftliche Carnell-Anwesen im Südwesten von Schottland ist in den kommenden Tagen die Bleibe des US-Vizepräsidenten JD Vance, seiner Frau und der drei Kinder. Dort wird Vance verfolgen und darüber informiert, was Donald Trump und Wladimir Putin im fernen Alaska in Sachen Ukraine aushandeln.

Am Mittwochabend landete Air Force Two auf dem kleinen Flughafen von Prestwick an der schottischen Westküste. Einige Stunden zuvor hatte Vance in Großbritannien stationierte US-Truppen besucht und wurde von ihnen bejubelt. Der Aufenthalt in Schottland ist der dritte Abschnitt des Sommerurlaubs der Vance-Familie im Vereinigten Königreich - und der gleicht immer mehr zumindest einem halboffiziellen Besuch.

Polizeiaufgebot vor dem Carnell-Anwesen in Schottland: Trumps Vize Vance wird sich hier in den kommenden Tagen aufhalten.

Angeln mit dem Außenminister

Schon der Auftakt war hochpolitisch: Der britische Außenminister David Lammy empfing Vance und seine Familie am Freitag für ein gemeinsames Wochenende auf einem Landsitz in Kent, der dem britischen Außenminister für repräsentative Anlässe zur Verfügung steht. Fotos zeigen die beiden lachend, Seite an Seite beim Angeln. Britische Medien, darunter der Guardian, berichten über ein gemeinsames Gebet der beiden Familien in einer privaten Kapelle. Das sei ein weiterer Beweis für die enge persönliche Verbindung, die Lammy und Vance aufgebaut hätten.

Bevor die politischen Gespräche begannen, scherzten und lachten die beiden Politiker vor Journalisten darüber, dass zwar Vances Kinder Fische gefangen hätten - der britische Außenminister aber nicht. "Das ist das einzige Problem in dieser besonderen Beziehung", sagte Vance und spielte auf die "special relationship" an, die die USA und Großbritannien als traditionell enge Verbündete gern zitieren und zelebrieren.

Treffen mit ukrainischen und europäische Vertretern

Am Samstagabend kamen dann auch hochrangige ukrainische und europäische Vertreter zu Lammy und Vance. Wieder einmal sollte die US-Regierung hören, dass es keinen Deal mit Putin über den Kopf der Ukraine hinweg geben dürfe. Die Rolle als Brückenbauer und Bindeglied zwischen den USA und Europa gefällt auch dieser Labour-Regierung von Keir Starmer.

Auch der Vance-Besuch zeigt: Starmer und seine Minister sind zu dem Schluss gekommen, dass unter Trump persönliche Verbindungen noch bedeutender sind. Dass ausgerechnet Lammy und Vance eine gute Beziehung aufgebaut haben, ist alles andere als selbstverständlich. Denn Lammy verbindet eine langjährige Freundschaft mit Barack Obama - die beiden kennen sich aus Studienzeiten in Harvard - und als Oppositionspolitiker nannte der eher linke Labour-Politiker Lammy den US-Präsidenten Trump in dessen erster Amtszeit einen "Tyrannen" und "Neonazi-Sympathisanten".

"Wegen dieser Äußerungen war Lammy besonders viel Skepsis ausgesetzt und sein Team hat schon Monate vor der US-Wahl gezielt und erfolgreich Kontakte zu Vance gesucht", sagt Michael Martins, der unter Obama, Trump und Biden in der Londoner US-Botschaft tätig war und inzwischen die Beratungsfirma Overton Advisory gegründet hat. "Die britische Regierung sieht Vance als Türöffner in die Trump-Regierung und die gesamte MAGA-Bewegung", sagt er. "Lammy und Vance sprechen beide oft und demonstrativ über die schwierigen familiären Verhältnisse, aus denen sie stammen und das kommt beiden zugute", so Martins. Die Briten rechneten zudem damit, dass Vance plane, eines Tages selbst ins Weiße Haus einzuziehen.

Blick in Richtung Alaska

Vance selbst weiß die britischen Verbündeten offenbar ebenfalls zu schätzen, auch wenn er sich vor allem zu Beginn der Trump-Regierung mehrfach abfällig über das Vereinigte Königreich geäußert hatte, damals noch im Gleichklang mit Elon Musk. Und auch Vance bereitet sich auf künftige Eventualitäten vor und hat in seinem Urlaub den britischen Rechtspopulisten Nigel Farage getroffen, der mit seiner Reform-Partei in Umfragen neuerdings vor der Labour-Regierung liegt, sowie einen hochrangigen konservativen Politiker.

Für Starmer und Lammy sind Vances Treffen mit der britischen Opposition derzeit allerdings ein Nebenschauplatz. Die Briten blicken angespannt gen Alaska und fragen sich, ob ihre diplomatischen Bemühungen, auch in Bezug auf Vance, zumindest zur Schadensbegrenzung beitragen können. Ihre Strategie im Umgang mit dem Weißen Haus: Warnungen und Empfehlungen werden hinter verschlossenen Türen ausgesprochen, öffentlich steht man nah zusammen. "Europäische Länder wie Frankreich oder Deutschland sind da konfrontativer", sagt Politikberater und Ex-Botschaftsmitarbeiter Martins.

Fest steht: Sollte Trump doch im Alleingang ein Abkommen mit Putin schließen, das ukrainische und europäische Interessen ignoriert, dann dürfte der nächste Besuch aus Washington zu einer heiklen und eher unangenehmen Angelegenheit für die Briten werden. Denn schon am 17. September wird die Air Force One auf britischem Boden landen - für Trumps Staatsbesuch bei König Charles auf Einladung der Regierung.

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