EU bestellt russischen Gesandten ein
Bei den massiven russischen Angriffen auf Kiew wurden die Gebäude der EU-Vertretung und des British Council schwer beschädigt. EU-Vertreter sprechen von Vorsatz. Der russische Gesandte wurde einbestellt. Dem Kreml drohen weitere Sanktionen.
Nach dem Einschlag von russischen Raketen in unmittelbarer Nähe der EU-Vertretung in Kiew will die Europäische Union den russischen Gesandten, Wladimir Tschischow, einbestellen. "Keine diplomatische Vertretung sollte jemals ein Ziel sein", schrieb die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas zur Begründung auf der Plattform X.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte zudem eine schnelle Vorlage von neuen Sanktionsvorschlägen gegen Russland an. "Wir werden in Kürze unser 19. Paket mit harten Sanktionen vorlegen", sagte von der Leyen.
Die Arbeiten an einem 19. Paket mit Russland-Sanktionen waren bereits vor einigen Wochen angekündigt worden. Nach Angaben von Diplomaten könnte der jüngste russische Angriff nun aber dazu führen, dass sie beschleunigt werden. Die Maßnahmen könnten zudem deutlich stärker ausfallen.
Mindestens 15 Tote und viele Verletzte
Zu den Ereignissen in der Nacht in Kiew sagte von der Leyen, zwei Raketen hätten innerhalb von 20 Sekunden in einer Entfernung von 50 Metern von der EU-Vertretung in Kiew eingeschlagen.
"Es zeigt, dass der Kreml vor nichts zurückschreckt, um die Ukraine zu terrorisieren, indem er blindlings Zivilisten, Männer, Frauen und Kinder tötet und sogar die Europäische Union ins Visier nimmt", sagte sie. Insgesamt sei es der tödlichste Drohnen- und Raketenangriff auf die Hauptstadt seit Juli gewesen, so von der Leyen.
Ukrainischen Angaben zufolge wurden mindestens 15 Menschen getötet. Mehrere Menschen werden noch vermisst. Mindestens 50 Menschen wurden demnach verletzt, einige von ihnen schwer. Mitarbeitende der EU-Vertretung seien nicht darunter, erklärte die Kommissionspräsidentin.
Russland griff die Ukraine nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe mit 629 Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern an. 589 anfliegende Ziele habe die Flugabwehr zerstört. Russland habe auch 2 Hyperschallraketen vom Typ "Kinschal" ("Dolch"), 9 ballistische Raketen vom Typ "Iskander" sowie 20 Marschflugkörper vom Typ "X-101" eingesetzt, hieß es weiter. Einschläge habe es an 13 Orten im Land gegeben, zudem seien an 26 Stellen Trümmer abgeschossener Waffen eingeschlagen.
Ratspräsident Costa spricht von vorsätzlichem Angriff
Die EU-Außenbeauftragte Kallas forderte Russland auf, das Töten zu beenden und sich an den Verhandlungstisch zu begeben. "Während die Welt einen Weg zum Frieden sucht, antwortet Russland mit Raketen", schrieb sie auf der Plattform X. Mit seinen nächtlichen Angriffen auf Kiew verspotte Russland die Friedensbemühungen.
Auch EU-Ratspräsident António Costa zeigte sich entsetzt über die nächtlichen Angriffe auf die Ukraine. Er drückte zudem seine Solidarität mit den Opfern und den Mitarbeitenden der EU-Delegation in der Ukraine aus und bezeichnete den russischen Angriff auf die diplomatische Vertretung der Union als vorsätzlich. "Die EU lässt sich nicht einschüchtern. Russlands Aggression bestärkt uns nur in unserer Entschlossenheit, an der Seite der Ukraine und ihrer Bevölkerung zu stehen", sagte er.
Bundesaußenminister Johann Wadephul forderte weitere Konsequenzen für Russland. Dass weiter Zivilisten angegriffen würden und auch Kinder unter den Opfern seien, könne nicht ohne Folgen bleiben, sagte Wadephul bei einem Besuch in Estland.
Macron wirft Russland "Terror und Barbarei" vor
Auch der französische Präsident Emmanuel Macron verurteilte die massiven russischen Angriffe auf die Ukraine auf das Schärfste. "Das ist die Idee Russlands von Frieden: Terror und Barbarei", so Macron.
Der spanische Premierminister Pedro Sánchez bezeichnete jede weitere Aggression Russlands als "einen neuen Schlag gegen den Frieden". Er betonte, der Angriff auf das Gebäude der EU-Vertretung in Kiew sei zudem "ein neuerlicher eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht".
Der litauische Präsident Gitanas Nauseda betonte, dass die EU sich nicht entzweien lasse. "Russlands Terror wird uns nicht brechen. Wir stehen fest an der Seite der Ukraine und ihrer Bevölkerung", sagte er.
Kulturinstitut British Council schwer beschädigt
Der britische Premierminister Keir Starmer warf Russland vor, jegliche Hoffnung auf Frieden zu sabotieren. Das Blutvergießen müsse enden, mahnte er. Bei den russischen Angriffen auf Kiew wurde nicht nur das Gebäude der EU-Vertretung beschädigt sondern auch der British Council. Das Gebäude befindet sich unweit der EU-Vertretung in der Zhylyanska Straße im Zentrum der Hauptstadt.
Der British Council ist eine gemeinnützige Einrichtung zur Förderung internationaler Beziehungen. Die Organisation teilte mit, dass ihre Büros schwer beschädigt seien, die Kultureinrichtung bleibe vorerst geschlossen. Man werde versuchen, die Arbeit mit den ukrainischen Partnern und die Sprach- und Kulturkurse fortzusetzen.
Schäden in ihren Büros meldete auch die Redaktion der Onlinezeitung Ukrajinska Prawda. Auf von Behörden veröffentlichten Videos und Fotos waren schwere Verwüstungen in einem teils eingestürzten Wohnhaus und ausgebrannte Autos zu sehen. Es gab Berichte über zahlreiche Schäden und mehrere Brände.
Kreml spricht von Angriffen auf militärische Ziele
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha warf Russland auf der Plattform X vor, gezielt Diplomaten ins Visier genommen zu haben. Die russischen Drohnen- und Raketenschläge seien Moskaus Antwort auf den seit Wochen und Monaten geforderten Waffenruhe und die Aufrufe zu echter Diplomatie, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Russland nutze es aus, dass ein Teil der Welt sich blind stelle, wenn Kinder getötet würden - unter den Toten befinden sich laut Behördenangaben vier Kinder.
Das russische Verteidigungsministerium widersprach den Vorwürfen der EU und der Ukraine, gezielt Wohngebäude und diplomatische Einrichtungen angegriffen zu haben. Ziele seien Rüstungsbetriebe und ukrainische Luftwaffenstützpunkte gewesen, hieß es aus dem Ministerium. Alle Ziele seien getroffen worden. Auf Fotos von völlig zerstörten Wohngebäuden und Videos, die das enorme Ausmaß der Schäden in der ukrainischen Hauptstadt zeigen, reagierte der Kreml bislang nicht.
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