Emotionen, Empörung, KI: Gavin Newsom ahmt in den Sozialen Medien Donald Trumps Stil nach. Das bringt dem Gouverneur von Kalifornien Aufmerksamkeit und Reichweite. Doch dahinter stecken durchaus ernste Themen.

"Newsom hatte mit allem Recht", steht auf der roten Mütze, Kosten: 32 US-Dollar. Für den gleichen Preis gibt es auch das "Trump ist nicht hot"-Trägershirt. Die "Heilige Bibel" für 100 US-Dollar ist angeblich ausverkauft.

Nicht nur die Artikel aus dem persönlichen Online-Shop von Gavin Newsom ähneln denen von US-Präsident Donald Trump: Der Gouverneur von Kalifornien und sein Team imitieren auch den Stil seiner Social-Media-Inhalte.

Der am 11. August auf der Plattform X veröffentlichte Text im provozierenden Trump-Stil war ursprünglich als einmaliger Scherz gedacht, so Newsoms Büro. Die vielen Reaktionen und die hohe Reichweite hätten sie jedoch motiviert, weiterzumachen.

Es folgen weitere Parodien auf Trump-Posts. Etwa das in Stein gemeißelte Gesicht des Gouverneurs neben den US-Gründervätern am Mount Rushmore. Oder ein KI-Video, in dem Newsom einem deutlich kleineren Trump die Hand schüttelt.

Neuordnung der Wahlkreise in Texas und Kalifornien

Der Demokrat Newsom nutzt die gleichen Netz-Dynamiken wie der Republikaner Trump. Er wolle "der Absurdität den Spiegel vorhalten", sagt er in einem Podcast. "Ich halte es nicht mehr aus. Wir leiden darunter, und ich habe das Bedürfnis zurückzuschlagen."

Einer der Gründe ist der Neuzuschnitt der Wahlkreise in Texas zugunsten der regierenden Republikaner. Bei den Zwischenwahlen im kommenden Jahr könnte Trumps Partei ihre Mehrheit im US-Kongress ausbauen.

In seinem Online-Shop vertreibt Gavin Newsom Merchandise-Artikel, die deutlich an die MAGA-Kampagne von Präsident Donald Trump erinnern.

X-Account gewinnt an Reichweite

Newsom will dagegenhalten und auch in Kalifornien die Wahlkreise neu ordnen. Laut Verfassung ist dafür eine unabhängige Kommission zuständig. Bei einer Sonderabstimmung am 4. November müssen die Kalifornier der Wahlkreisreform deshalb noch zustimmen.

Und der Druck auf den Gouverneur ist groß: In ersten Umfragen waren weniger als die Hälfte der Wähler dafür, die Kommission bis 2030 zu umgehen. Dabei ist das öffentliche Interesse bei Fragen rund um Wahlkreisgrenzen überschaubar.

Newsoms Strategie aber scheint zu funktionieren. Er positioniert sich als führender Widersacher von Trump. "Rettet die Demokratie in allen 50 Bundesstaaten", heißt es in neuen Werbespots der Demokraten in Kalifornien. Er wolle "Feuer mit Feuer" bekämpfen, sagt der Gouverneur bei jeder Gelegenheit. Seit Anfang August hat der X-Account "Governor Newsom Press Office" mehr als 400.000 neue Follower.

Weißes Haus findet das Verhalten "seltsam"

Eine Sprecherin aus dem Weißen Haus sagte: "Nachahmung ist die aufrichtigste Form der Anerkennung". Newsoms Verhalten sei aber "wirklich seltsam". "Kindisch" und "performativ" nennen zwei Moderatoren von Fox News Newsoms neue Rhetorik. Der Sender gilt als Sprachrohr der Republikaner.

"Vielen Dank für die Aufmerksamkeit", lautet die Social-Media-Reaktion aus Newsoms Lager. In seinen Posts reagiert auch Trump regelmäßig auf den Demokraten, auch das bringt Schlagzeilen.

"Das funktioniert: der kurze, prägnante Stil, die einfachen Worte, die extremen Emotionen, die Empörung", analysiert Jamie Krenn, Professorin für Medien und Psychologie an der Columbia University, beim Sender NPR.

Die Gefahr sei jedoch, dass Wähler irgendwann die Glaubwürdigkeit der Inhalte infrage stellen könnten: "Wenn dich jemand ständig anschreit, fragst du dich, ob es nicht eher um Emotionen als um Fakten, Zahlen und Forschungsergebnisse geht."

Möglicher Präsidentschaftskandidat

Wenn er seinen Plan im November durchsetzt, könnte Newsom davon aber auch langfristig profitieren. Ihm werden Ambitionen auf die nächste Präsidentschaft nachgesagt, kein anderer Demokrat genießt gerade so viel Aufmerksamkeit.

"Die Demokraten sind derzeit so verzweifelt auf der Suche nach Führungspersönlichkeiten, dass sie alles nehmen, was sie kriegen können", sagt Alex Hoffman, ein demokratischer Stratege der Washington Post. "Gavin füllt eine Lücke."

Eine Niederlage bei der Abstimmung über die Wahlkreisreform könnte ihn im parteiinternen Rennen aber zurückwerfen.

Was ist "Gerrymandering" - und wie funktioniert es? Das Ringen zwischen den Republikanern und Demokraten in Texas und Kalifornien um den Neuzuschnitt von Wahlkreisen dreht sich um die in den USA häufig vorkommende Praxis des "Gerrymandering". Dabei handelt es sich um eine Neuordnung von Wahlkreisen mit parteipolitischen Zielsetzungen - also mit der Absicht, der eigenen Partei bei kommenden Wahlen Vorteile zu verschaffen.

Der Begriff "Gerrymandering" setzt sich zusammen aus dem Namen von Elbridge Gerry, einem Gouverneur von Massachusetts aus dem 18. Jahrhundert, und dem Wort Salamander. Gerry hatte einen Wahlbezirk in seinem Bundesstaat derart zu seinem Vorteil zugeschnitten, dass er die Form eines Salamanders annahm.

Um den Wahlkreiszuschnitt zum Vorteil der eigenen Partei zu nutzen, gibt es zwei Methoden: das "packing" und das "cracking", was sich als "zusammenpacken" und "zersplittern" übersetzen lässt. Beim "packing" werden so viele potenzielle Wählerinnen und Wähler der gegnerischen Partei wie möglich in einem Wahlkreis zusammengesteckt, womit ihr Einfluss in anderen Kreisen sinkt.
Beim "cracking" werden die potenziellen Wähler der anderen Partei auf möglichst viele verschiedene Wahlkreise verteilt, damit sie in keinem dieser Kreise zur dominierenden Kraft werden. Erleichtert wird das "Gerrymandering" dadurch, dass viele Wähler sich als Republikaner, Demokraten oder Unabhängige registrieren lassen, um an den Vorwahlen der Parteien teilnehmen zu können.

Sowohl Republikaner als auch Demokraten haben in der Vergangenheit das "Gerrymandering" betrieben. Der Streit um diese Praxis ist auch immer wieder vor dem Obersten Gericht des Landes gelandet. 

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