Ex-Premiers distanzieren sich von Macron
Inmitten der französischen Regierungskrise wächst der Druck auf Präsident Macron. Ein Ex-Premierminister fordert dessen Rücktritt, ein anderer geht auf Distanz - während der noch amtierende Premier nach einem Ausweg aus der Krise sucht.
In der Regierungskrise in Frankreich gerät Präsident Emmanuel Macron immer stärker unter Druck. Während der kürzlich zurückgetretene Premier Sébastien Lecornu mit den Parteispitzen Beratungen über einen Ausweg aus der Krise aufnahm, gehen bisherige Vertraute des Präsidenten klar auf Distanz zu ihm.
So rief Macrons früherer Premierminister Édouard Philippe (2017-20) den Präsidenten zum Rücktritt auf. "Die Lösung der Krise liegt bei ihm", betonte Philippe im Sender RTL. "In einer Situation, in der die Autorität des Staates so sehr in Frage gestellt wird, muss (der Präsident) eine Entscheidung treffen, die seinem Amt gerecht wird", sagte der Mitte-Rechts-Politiker, der bei den kommenden Präsidentschaftswahlen selbst kandidieren will. Dies ermögliche Macron "einen geordneten Abgang".
Attal geht auf Distanz zum Ziehvater
Der Fraktionschef der Präsidentenpartei Renaissance und Ex-Premier Gabriel Attal (Januar-September 2024) distanzierte sich von dem Rücktrittsaufruf. Einen demokratisch gewählten Präsidenten zum Rücktritt zu bewegen, "würde das demokratische Gleichgewicht gefährden", sagte er.
Am Vortag war Attal allerdings selbst auf Distanz zu seinem politischen Ziehvater Macron gegangen und hatte betont, dass er dessen Entscheidungen "nicht mehr verstehe". Er habe den Eindruck, dass dieser sich "an sein Amt klammere", hatte er hinzugefügt.
Macron hat Rücktritt bislang ausgeschlossen
Rücktrittsforderungen hatte Macron nach dem Rückzug von Lecornu bereits von Frankreichs Linkspartei und den Rechtsnationalen von Marine Le Pen erhalten. Einen Rücktritt hatte Macron, dessen Zustimmungswerte ein Rekordtief erreicht haben, aber auch jüngst noch kategorisch ausgeschlossen. Er betont stattdessen, er sei direkt vom Volk gewählt und werde sein Amt bis zum regulären Ende im Frühjahr 2027 ausüben.
Allerdings hatte er am Montag angekündigt, dass er "seine Verantwortung übernehmen" werde, falls die Bemühungen von Lecornu zur Lösung der Politikkrise scheiterten. Es wird davon ausgegangen, dass Macron dann die Nationalversammlung auflöst und Neuwahlen ausruft.
Lecornu soll retten, was zu retten ist
Erst mal verschaffte sich Macron aber nach dem überraschenden Rücktritt von Lecornu am Montag Luft und beauftragte ihn, bis Mittwochabend letzte Gespräche mit den politischen Kräften zur Stabilisierung des Landes zu führen und einen Ausweg aus der Krise zu finden.
Lecornu traf sich am Morgen mit den Parteivorsitzenden von Macrons Mitte-Bündnis sowie den Vorsitzenden der beiden Kammern des Parlaments. Danach werde er sich mit Verantwortlichen der übrigen Parteien beraten, erklärte Lecornu. Le Pens rechtes Rassemblement National (RN), das die erste Runde der letzten Parlamentswahl gewonnen hatte, schlug die Einladung zu Gesprächen aus.
Lecornu schlug den Parteispitzen nach eigenen Angaben vor, die Diskussionen auf den Haushaltsplan für das kommende Jahr und die Zukunft des französischen Überseegebiets Neukaledonien zu konzentrieren. "Alle Anwesenden waren sich über diese beiden dringenden Probleme einig und bekundeten den Willen, eine schnelle Lösung zu finden."
Das hoch verschuldete Frankreich muss dringend einen Sparhaushalt auf den Weg bringen. Die für Paris geopolitisch wichtige südpazifische Inselgruppe Neukaledonien soll nach Unruhen einen eigenständigen Status erhalten.
Konservative kritisierten Neubesetzung der Regierung
Lecornu war erst vor vier Wochen als Regierungschef gestartet, davor war er Verteidigungsminister. Die Zusammensetzung seines am Sonntagabend vorgestellten Kabinetts stieß bei den Konservativen jedoch auf Kritik. Der Vorsitzende der Républicains, der im Amt bestätigte Innenminister Bruno Retailleau, hatte mit einem Rückzug seiner Partei aus der neuen Regierung gedroht, weil er diese dort nur unzureichend vertreten sah.
Noch vor einer Krisensitzung der Konservativen warf Lecornu hin und hielt den Parteien danach eine politische Blockadehaltung vor. Inzwischen schließen die Konservativen nicht aus, dass Retailleau in eine künftige Regierung zurückkehren könnte, berichtete der Sender BFMTV.
Hohe Staatsverschuldung
Frankreich steckt bereits seit mehr als einem Jahr - seit der Neuwahl im Sommer 2024 - politisch in der Klemme. Dabei erfordert insbesondere die hohe Staatsverschuldung des Landes, dass die Parteien an einem Strang ziehen und sich über einen Sparkurs verständigen.
Ob es Lecornu binnen 48 Stunden gelingt, die zerstrittenen Parteien in Kernpunkten nun doch noch auf eine Linie zu bringen, die die Bildung einer Regierung ermöglicht, ist äußerst fraglich. Zum Zwischenstand seiner Gespräche ist noch nichts bekannt.
Die Sozialisten, Kommunisten und Grünen, die bei der vorgezogenen Parlamentswahl 2024 stark abschnitten, riefen Präsident Macron auf, einen Premierminister aus dem linken Lager zu ernennen. "Wir sind bereit, gemeinsam zu regieren, um eine Politik des sozialen und ökologischen Fortschritts und der Steuergerechtigkeit zu betreiben, bei der wir dem Parlament wieder seinen rechtmäßigen Platz einräumen werden." Die Linkspartei schloss sich dem Appell nicht an. Sie war zwar mit den übrigen linken Parteien im vergangenen Jahr als Bündnis zur Wahl angetreten, hat sich seitdem aber insbesondere mit den Sozialisten heillos zerstritten.
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