Nach zwei zermürbenden Jahren sind es wohl noch wenige Stunden, bis alle verbliebenen israelischen Geiseln freikommen. Israel bereitet die Freilassung palästinensischer Gefangener vor. Aber noch gibt es viele offene Fragen.

Im Nahen Osten steigt die Spannung vor dem geplanten Austausch der verbliebenen israelischen Geiseln gegen palästinensische Gefangene. Ein Sprecher der israelischen Regierung sagte, die Freilassung der Verschleppten solle Montagfrüh beginnen. Es werde erwartet, dass alle 20 noch lebenden Geiseln gleichzeitig in Freiheit kämen. Zudem sollen die sterblichen Überreste von 28 Verstorbenen übergeben werden.

Der israelische Präsident Isaac Herzog sagte, er blicke gespannt auf die Rückkehr der Geiseln in die Heimat. US-Vizepräsident JD Vance sagte, die Freilassung könne jeden Moment beginnen.

Laut Hamas Freilassung bis 5 Uhr morgens

Aus Kreisen der Hamas hieß es, die Terrororganisation werde alle lebenden und möglichst auch die toten Geiseln bis spätestens Montagmorgen 5.00 Uhr unserer Zeit übergeben. Die Rückkehr soll vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz ohne öffentliche Zeremonie und ohne Medienvertreterinnen und Medienvertreter organisiert werden.

Nach Treffen mit Angehörigen und einer ersten ärztlichen Untersuchung im Militärlager Reim am Rande des Gazastreifens werden die Freigelassenen dann voraussichtlich in Krankenhäuser geflogen.

Freilassung palästinensischer Häftlinge

Israel soll dann im Gegenzug rund 250 wegen schwerer Straftaten zu lebenslanger Haft verurteilte palästinensische Häftlinge und etwa 1.700 weitere Palästinenser freilassen, die nach dem Massaker am 7. Oktober 2023 inhaftiert wurden.

Nach israelischen Medienberichten veröffentlichte das Justizministerium eine Namensliste der 250 Palästinenser, von denen viele an tödlichen Anschlägen auf Israelis beteiligt waren. Bis zuletzt herrschte den Berichten zufolge aber Uneinigkeit zwischen Israel und der Hamas über Namen auf der Liste.

Zudem sollen im Rahmen der Vereinbarung die Hilfslieferungen in den Gazastreifen ausgeweitet werden. Nach Angaben beider Seiten fahren in der ersten Phase rund 600 Lkw mit humanitärer Hilfe pro Tag ein. Zuletzt kamen nach Angaben der für Palästinenserangelegenheiten zuständigen israelischen Behörde Cogat täglich im Schnitt rund 300 Lastwagen mit Hilfslieferungen, in den Wochen zuvor waren es rund 200.

Trump reist nach Israel und Ägypten

Die Einigung zwischen Israel und der Terrororganisation basiert auf einem US-Friedensplan. Präsident Donald Trump hat angekündigt, am Montag in der Region einzutreffen. Er kann dort auf eine Reihe symbolträchtiger Begegnungen und Bilder hoffen. Kurz nach seiner Landung wird er nach Angaben des Weißen Hauses für 15 Minuten Familien der Geiseln treffen, bevor er im israelischen Parlament sprechen wird.

Anschließend ist der Weiterflug in den ägyptischen Küstenort Scharm el Scheich geplant, wo am Nachmittag das Gaza-Abkommen offiziell unterzeichnet wird. Etwa drei Stunden später soll die Präsidentenmaschine wieder in Richtung USA abheben.

Merz, Macron, Meloni

Ziel des Treffens in Scharm el Scheich sei, "den Krieg im Gazastreifen zu beenden, die Bemühungen um Frieden und Stabilität im Nahen Osten zu verstärken und eine neue Ära regionaler Sicherheit und Stabilität einzuläuten", teilte die ägyptische Regierung mit. Zu der Zeremonie kommen nicht nur Trump und Gastgeber Abdel Fattah al-Sisi. Es werden Staats- und Regierungschefs aus mehr als 20 Staaten erwartet.

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz fliegt nach Ägypten. Dies solle das deutsche Engagement für die Umsetzung des Friedensplans unterstreichen, teilte ein Regierungssprecher mit. Aus Europa reisen zudem der französische Staatschef Emmanuel Macron, die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni, der spanische Regierungschef Pedro Sánchez sowie der britische Premierminister Keir Starmer an. Auch der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan wird erwartet.

Viele offene Fragen

In einer zweiten Verhandlungsphase sollen dann weitere Streitpunkte zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas geklärt werden. Ziel ist es, den Krieg vollständig zu beenden.

Doch nicht nur in den Augen der Hamas sind viele Details des 20 Punkte umfassenden Friedensplans noch ungeklärt. So lehnt die Terrorgruppe bislang ihre vollständige Entwaffnung ab, was im Plan vorgesehen ist. Außerdem soll sie auch keine Rolle bei der künftigen Verwaltung des Küstengebiets spielen. Stattdessen soll vorerst ein technokratisches palästinensisches Komitee diese Aufgabe übernehmen.

Auch wenn Gaza-Stadt schwer von den Zerstörungen des Kriegs gezeichnet ist, kehren bereits viele Palästinenser dorthin zurück.

Menschen kehren nach Gaza-Stadt zurück

In Israel ist die Erleichterung über die anstehende Freigabe der Geiseln sehr groß. Am Samstagabend fand in Tel Aviv eine Großkundgebung mit Hunderttausenden Menschen statt. Dabei sprach auch der US-Sondergesandte Steve Witkoff, dessen Rede wiederholt von "Danke Trump!"-Sprechchören unterbrochen wurde.

Die Menschen im Gazastreifen sind angesichts des Waffenstillstands sehr erleichtert - auch wenn das Überleben dort voller Herausforderungen ist. Israelische Armeeeinheiten zogen sich aus mehreren Bereichen zurück.

Nun kehren viele Vertriebene insbesondere nach Gaza-Stadt zurück, wo zuletzt die meisten Kämpfe stattgefunden hatten. Nach Angaben des von der Hamas-geleiteten Zivilschutzes sind bereits mehr als 500.000 Menschen in die Stadt zurückgekommen. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke