Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin gaben sich heute in Genf sehr optimistisch nach den Gesprächen mit einer Delegation um US-Finanzminister Scott Bessent: Die Schweiz könnte nach Grossbritannien allenfalls sogar das zweite Land sein, mit dem die USA den Zollstreit beilegen.

150 Milliarden Investitionsversprechen

Schweizer Unternehmen hatten in den vergangenen Wochen Investitionen von rund 150 Milliarden Franken in den USA angekündigt. Das scheint bei der Trump-Administration auf Anklang zu stossen. Und die US-Seite interessiert solche Milliarden-Versprechen offenbar auch wesentlich stärker als die Schweizer Idee, das Modell der Berufsbildung in den USA zu stärken.

Der US-Seite geht es wohl darum, einen möglichst plakativen Verhandlungserfolg der eigenen Bevölkerung zu verkaufen. Zudem scheint die Schweiz bei der Trump-Regierung grundsätzlich Sympathien zu geniessen.

Es begann mit Lob für den US-Vizepräsidenten

Bundespräsidentin Keller-Sutter hatte im Februar an der Münchner Sicherheitskonferenz Teile der Skandal-Rede von US-Vizepräsident JD Vance als «schweizerisch» gelobt. Das ist der US-Seite kaum entgangen. Was der FDP-Bundesrätin im Inland harsche Kritik und viel Unverständnis einbrachte, dürfte ihr in den Gesprächen mit der US-Regierung geholfen haben.

Die Schweizer Bundespräsidentin konnte dann Anfang April mit Trump persönlich telefonieren. Wenige Stunden, bevor dieser die hohen Strafzölle für die Schweiz und viele Länder für 90 Tage aussetzte. Der ehemalige republikanische US-Botschafter in Bern, Edward McMullen, der Trump nahestehen soll, lobte Keller-Sutter danach überschwänglich.

Bei Gesprächen in Washington Ende April wurde die Schweiz von den USA schliesslich in eine privilegierte Gruppe von 15 bis 18 Ländern aufgenommen, mit denen die USA den Zollstreit schnell beilegen will.

Bern grenzt sich von Brüssel ab – Spannungen mit EU befürchtet

Wie viel das mit Schweizer Verhandlungsgeschick zu tun hat, wird man wohl nie so genau wissen. Die Schweiz scheint vor allem davon zu profitieren, nicht Mitglied der EU zu sein. Während Trump die EU regelmässig aufs Schärfste kritisiert und die Europäische Union ein 95-Milliarden-Strafzollpaket gegen die USA vorbereitet, versucht sich der Bundesrat von der EU abzugrenzen.

Kürzlich hat die Landesregierung sogar die geplante Regulierung der Künstlichen Intelligenz verschoben, wohl auch aus Rücksicht auf die US-Techkonzerne. Diese Strategie des Bundesrates kritisieren die linken Parteien scharf. Die SP sprach kürzlich von einer «Anbiederungsstrategie» und einem «Verrat an Europa».

Die US-Strategie des Bundesrates birgt aber auch Risiken: Sollte es der Schweiz bald gelingen, den Zollstreit mit den USA beizulegen, nicht aber der EU, könnte dies zu Spannungen zwischen Bern und Brüssel führen. Die Schweiz dürfte in vielen EU-Staaten einmal mehr als «Rosinenpickerin» wahrgenommen werden.

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