Ahmad Safy Kanz, früherer Schach-Champion aus Afghanistan, ist per Zoom aus einem Flüchtlingscamp in Bayern zugeschaltet. Dort wohnt der 28-Jährige, seit er vor zehn Monaten geflüchtet ist.

Er war für Afghanistan an der 45. Schach-Olympiade in Ungarn, als er sich absetzte. Der Immobilienmakler kehrte seinem Land den Rücken, liess seine schwangere Frau und zwei Kinder zurück.  

Wer Schach unterdrückt, versucht, damit den Geist der Nation zu zerstören.
Autor: Ahmad Safy Kanz Schach-Champion aus Afghanistan, jetzt in Deutschland

Der wachsende Druck auf ihn als Schachspieler habe ihn gezwungen, sein Land zu verlassen, sagt der junge Mann sichtbar gestresst. Er hofft, dass die Familie bald nachkommen kann. 

Nach Deutschland abgesetzt

Vor zehn Monaten war Schach in Afghanistan zwar noch nicht offiziell verboten. Doch die Taliban hätten ihm, dem Nationalspieler, trotzdem nicht erlauben wollen, am Wettkampf in Ungarn teilzunehmen. Und so beschloss Kanz, sich abzusetzen. Mit seinem Schengen-Visum kam er nach Deutschland. 

Legende: Der afghanische Schach-Champion Safy Kanz (ganz rechts) 2018 bei einem Turnier in Georgien. Die Taliban waren damals noch nicht an der Macht in Afghanistan, Schachspielen war kein Problem. zvg

Schach ist in Afghanistan ein beliebter Sport, auch bei Frauen. Doch schon unter der ersten Taliban-Regierung wurde Schach 1996 erstmals verboten.  

«Gleich nach der Machtübernahme vor knapp vier Jahren versuchten die Taliban erneut, das Spiel einzuschränken», sagt Kanz. Aus religiösen Gründen täten sie das. Die Menschen sollten keine Zeit für Gebete verlieren. Das zumindest ist seine Vermutung.

Für normale Leute sei der Schach-Bann vielleicht kein Problem. Aber für ihn, den Nationalspieler, sei es unmöglich, mit Schach aufzuhören, sagt Kanz. Er sei in Afghanistan ein berühmter Spieler. Dort würden ihn alle kennen. Zum Beweis kramt der junge Mann eine Goldmedaille aus der Tasche.

Legende: 2018 gewann Ahmad Safy Kanz in Georgien an der Schach-Olympiade eine Goldmedaille. zvg

Auch als die Bedingungen schwieriger wurden, habe er einfach immer weitergespielt – sogar, nachdem die Taliban ihn zur Strafe acht Tage lang ins Gefängnis gesteckt hätten.

Schach jetzt offiziell verboten in Afghanistan

Seit letzter Woche nun ist das Brettspiel in Afghanistan offiziell verboten. Wie so vieles andere in Afghanistan, das für die Extremisten nicht mit ihrer Sicht der Scharia, dem islamischen Recht, vereinbar sei. So auch beim Schach: Es bestehe der Verdacht, dass Schach eine Quelle für Glücksspiel sei und somit nicht mit dem Islam vereinbar.

Kanz ist empört über das Schachverbot. «Schach ist nicht nur ein Spiel – es fördert den Intellekt und bestimmt Werte. Wer Schach unterdrückt, versucht, damit den Geist der Nation zu zerstören», sagt er. 

Er fährt fort mit einem Statement, das er aus dem Persischen übersetzt: «Diese Entscheidung ist nicht nur eine Attacke auf die Kultur und intellektuelle Freiheit, sondern auch eine Fortsetzung der systematischen Unterdrückung kritischen Denkens und der Kreativität.»

Kanz will dagegen ankämpfen – etwa, indem er Buben und Mädchen in Afghanistan heimlich Online-Unterricht im Schachspiel gibt.

Für ihn ist Schachspielen auch zum Ausdruck des Widerstands gegen die Taliban geworden, erst recht nach dem Verbot.

 

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke