Die US-Regierung kann einen Teilsieg vor Gericht verbuchen: Ihre Zölle sind vorerst wieder in Kraft - doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Wie geht es in dem Rechtsstreit nun weiter?

Was ist der juristische Hintergrund?

Am Mittwoch hatte ein Gericht für internationalen Handel in New York fast alle Zölle, die Trump unter Berufung auf ein Notstandsgesetz angeordnet hatte, für rechtswidrig erklärt.

Geklagt hatten zwölf Bundesstaaten sowie fünf kleinere amerikanische Firmen, die durch die überparteiliche Anwaltsgruppe Liberty Justice Center vertreten werden und die durch die Zölle ihre Geschäftsmöglichkeiten bedroht sehen. Die zusätzlichen Abgaben auf Importe würden "aufgehoben und ihre Anwendung dauerhaft untersagt", ordnete das Gericht am Mittwoch an.

Die Entscheidung war ein großer Rückschlag für Trumps aggressive Handelspolitik. Sie hatte aber nicht mal 24 Stunden Bestand. Denn die Regierung wandte sich umgehend an die nächsthöhere Instanz. Das zuständige Berufungsgericht in Washington hob die Anordnung der New Yorker Richter am Donnerstag wieder auf - vorerst. Das Berufungsgericht will den Fall nun prüfen und forderte alle Parteien auf, bis 9. Juni weitere Stellungnahmen einzureichen. 

Was sagt das Weiße Haus?

Trump bezeichnete die Entscheidung der ersten Instanz als "so falsch und so politisch". Auf Truth Social schrieb er: "Hoffentlich wird der Supreme Court diese schreckliche, das Land bedrohende Entscheidung schnell und entschlossen rückgängig machen." Der Präsident müsse die Macht haben, Zölle zu verhängen, betonte er. 

Seine Sprecherin Karoline Leavitt hatte zuvor erklärt, die Richter hätten "schamlos ihre richterliche Macht missbraucht, um die Entscheidungsgewalt von Präsident Trump an sich zu reißen".

Trumps Wirtschaftsberater Kevin Hassett sprach nach dem Urteil des Berufungsgerichts jetzt von einem "großer Sieg für den Präsidenten". Hassett betonte beim US-Sender Fox News, der Fall sei juristisch "hieb- und stichfest". Finanzminister Scott Bessent sagte dem Sender: "Der Präsident hat absolut das Recht, die Handelspolitik für die USA festzulegen."

Wie geht es jetzt im Rechtsstreit weiter?

Das Berufungsgericht hat noch nicht in der Sache entschieden. Die Regierung könnte den Fall dort gewinnen, könnte aber auch genauso wie in der ersten Instanz unterliegen. Letztlich könnte der Fall vor dem Obersten US-Gericht - dem Supreme Court - landen. Davon spricht auch Trump bereits. Der Präsident hat die Mehrheit der neun Richterinnen und Richter während seiner ersten Amtszeit aufgrund mehrerer Nachbesetzungen weit nach rechts verschoben.

Aber selbst die konservativen Richter entscheiden in der Sache längst nicht immer in seinem Sinne. Zudem ist es auch nicht der einzige laufende Rechtsstreit um Trumps Zölle. Bei einem Bezirksgericht, ebenfalls in der Hauptstadt Washington, unterlag die Regierung am Donnerstag. Auch diese Entscheidung dürfte in die nächste Instanz gehen.

Hat der US-Präsident weitere Optionen?

Trump könnte Einfuhrabgaben mit anderer gesetzlicher Grundlage anordnen. Trumps Sprecherin deutete an, dass dies eine Option sei. Sollte er dies tun, wäre es aber wahrscheinlich, dass dagegen wieder geklagt wird. Auch der Kongress könnte eingeschaltet werden. Doch sich dort eine Mehrheit zu sichern, ist langwieriger und komplexer.

Der Handelsbeauftragte des Weißen Hauses, Peter Navarro, kündigte an, dass die Regierung alternative Methoden zur Einführung von Zöllen suchen werde, falls sie ihre Gerichtsverfahren zur Handelspolitik letztlich verliert.

Welche Absichten verfolgt Trump mit den Zöllen?

Trump ist ein großer Fan von Zöllen, das war auch schon in seiner ersten Amtszeit so. Er kann sie - der juristischen Lesart des Weißen Hauses zufolge - schlicht per Unterschrift anordnen. Gibt es zu viel Gegenwind, revidiert oder verschiebt er seine angedrohten Zölle bisweilen auch wieder, gerne schlicht über eine Ankündigung auf seiner Plattform Truth Social. Die Zölle sind für ihn oft wohl nur eine Verhandlungstaktik, um einen möglichst guten "Deal" auszuhandeln, also Zugeständnisse der Handelspartner zu erreichen. 

Bleiben die Unsicherheiten für Handelspartner?

Die Unsicherheit für Handelspartner, Verbraucher und Märkte dürfte absehbar bestehen bleiben: Trumps Zölle könnten vor Gericht Bestand haben, oder er könnte aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage neue Abgaben auf Importe ankündigen. Unternehmen schätzen Planungssicherheit. Das Hin und Her bei den Zöllen ist für Exporteure eher Gift. Börsenexperten zeigten sich nach dem Urteil skeptisch und verwiesen darauf, dass das juristische Tauziehen noch nicht vorbei sei.

Viele Handelspartner, darunter die Europäische Union, die von den neuen Zöllen betroffen ist, verhandeln bereits mit den USA, um durch neue Handelsabkommen Zölle zu vermeiden. Im Fall der EU hat Trump zuletzt angedrohte zusätzliche Zölle in Höhe von 50 Prozent des Warenwerts der Importe bis Anfang Juli ausgesetzt, um mehr Zeit für Verhandlungen zu lassen. 

Welche Zölle sind den nun in Kraft?

Die Entscheidung, die zunächst das Gericht für internationalen Handel in New York bekanntgab und die dann das Berufungsgericht in Washington revidierte, betrifft die meisten Zölle, die von Trumps Regierung erlassen oder vorübergehend ausgesetzt wurden. Sie umfasst die Strafabgaben, die der US-Präsident am von ihm so bezeichneten "Tag der Befreiung" Anfang April verhängt hatte.

Trump verhängte damals sogenannte wechselseitige Zölle, die er mit dem US-Defizit im Handel mit dem jeweiligen Staat begründete. Nach massiven Kursverlusten an den Finanzmärkten setzte er diese Strafen vorläufig wieder aus. Gleichzeitig verhängte er universelle Zölle in Höhe von 10 Prozent, die Waren aus fast aller Welt betreffen. Ebenfalls gelten bestimmte Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China. 

Nicht betroffen vom jüngsten Urteil sind dagegen Zölle, die die Regierung unter Berufung auf einen anderen gesetzlichen Rahmen als das Notstandsgesetz erlassen hatte. Diese beruhen auf Paragraf 232 des Trade Expansion Acts aus dem Jahr 1962. Dazu zählen Trumps Zölle in Höhe von 25 Prozent auf bestimmte Produkte wie Stahl, Aluminium und Autos sowie Abgaben auf Produkte wie Arzneimittel und Halbleiter, die die US-Regierung angedroht hat. Auch hier beruft sich Trump auf die nationale Sicherheit. 

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