Der neue asiatisch-europäische Schulterschluss
Kleinere und mittlere Staaten in Asien und Europa nähern sich einander an, um gemeinsam den globalen Herausforderungen zu trotzen. Sichtbarer Ausdruck davon: Erstmals durfte am Freitag ein Europäer den jährlichen Asien-Sicherheitsgipfel in Singapur eröffnen: Frankreichs Präsident Macron.
Neulich war der italienische Flugzeugträger Cavour im indopazifischen Raum unterwegs. Ebenso Frankreichs Flugzeugträger Charles de Gaulle. Deutsche Fregatten waren hier – und demnächst kommt ein britischer Flugzeugträger mit Begleitflotte. So viel europäische Militärpräsenz in dieser Weltgegend gab es schon lange nicht mehr.
Sie zeugt vom wachsenden Interesse an engerer Zusammenarbeit. Der französische Präsident Emmanuel Macron streckte gar beide Hände aus zu den Ländern in der Region: «Wir stehen vor denselben Herausforderungen.» Er meint revisionistische Mächte wie China und Russland, die weit um sich herum Einflusssphären fordern, wo sie allein den Ton angeben. Auch Washington unter US-Präsident Donald Trump denkt in solchen Kategorien von Einflusszonen für die Grossen. Deshalb strebe Europa, so Macron, «eine gemeinsame Agenda mit asiatischen Staaten» an – auch im sensiblen Verteidigungsbereich.
Macron findet Anklang
Macron sieht gar eine Koalition entstehen zur Wiederherstellung der bröckelnden Nachkriegsweltordnung, zur Verteidigung der Souveränität aller Nationen und um Grossmächten mit Vormachtstreben die Stirn zu bieten. Seine Ideen finden nicht nur in Europa erstaunlich viel Unterstützung, sondern auch in Asien, etwa bei Singapurs Premierminister Lawrence Wong: «Ein Schulterschluss mit europäischen Nationen mit ähnlichen Wertesystemen ist von strategischer Bedeutung.»
Indonesiens Präsident Prabowo Subianto lobt unterdessen ein Partnerschaftsabkommen über Sicherheit, das er eben mit Macron unterzeichnet hat. «Und Länder wie Japan, Südkorea, Australien oder Neuseeland rücken immer näher an die Nato heran», betont deren Generalsekretär Mark Rutte.
Professor Kazuto Suzuki von der Universität Tokio begrüsst diese bis vor kurzem undenkbare Annäherung. Das Motiv: Angst und Verunsicherung. Zum einen gebärdet sich China gegenüber seinen kleineren Nachbarn immer aggressiver. Zum andern erscheinen die USA als Militärpartner weniger verlässlich.
Grenzen der Zusammenarbeit sind gegeben
Allerdings dürften die Bäume trotz grossem Willen nicht in den Himmel wachsen. Die Tausenden von Kilometern Distanz und mangelnde militärische Mittel setzen Grenzen. Die beiden ersten Fragen nach Macrons ambitionierter Präsentation lauteten denn auch: Was kann Frankreich konkret zur Lösung all der Konflikte in Asien beitragen: Nordkorea, Myanmar, Indien-Pakistan? Und: Ist es nicht vermessen, wenn Europa asiatischen Staaten zu Hilfe eilen will, obschon es schon mit der Hilfe für die Ukraine überfordert ist.
Meia Nouwens, Asien-Expertin des Londoner Strategieinstituts IISS, nuanciert daher: «Niemand erwartet hier, dass Europa die USA als Sicherheitsgarantin ablösen. Die Erwartungen sind da realistisch, also bescheiden. Die Ambitionen sind grösser als die Ressourcen.» Dennoch wünschten asiatische Länder eine engere Kooperation mit Europa, etwa bei der Rüstungstechnologie, bei der Waffenherstellung, im Cyber- und Geheimdienstbereich. Es verschafft ihnen international Rückenstärkung und Manövrierraum zwischen China und den USA, den beiden Supermächten.
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