Karol Nawrocki wird den Reformkurs Polens ausbremsen
Mit einem hauchdünnen Vorsprung hat in Polen der Kandidat der nationalkonservativen PiS, Karol Nawrocki, die Präsidentenwahlen gewonnen – mit nur rund eineinhalb Prozentpunkten Vorsprung. Das ist für die EU-freundliche Regierung des Landes ein harter Schlag. Nawrocki wird deren Reformkurs ausbremsen, die Wiederannäherung an die EU erschweren und das Land lähmen.
Noch in der Nacht gaben sich beide Kandidaten siegesgewiss. Der Kandidat der EU-freundlichen liberalen Bürgerplattform, Rafał Trzaskowski, liess sich am Abend nach den ersten Exit Polls sogar bejubeln. Doch dann kam der Katzenjammer: Die Auszählung der Stimmen ergab einen knappen Vorsprung des gegnerischen Kandidaten, Karol Nawrocki. Die Stimmbeteiligung lag bei rekordhohen 71.6 Prozent. Mit der Wahl des konservativen Historikers Nawrocki, der vor einem halben Jahr politisch noch ein unbeschriebenes Blatt gewesen war, hat die Führung der PiS erneut bewiesen, dass sie ihre Anhängerinnen und Anhänger mobilisieren kann.
Gespaltenes Polen
Die proeuropäische Mitte-Links-Regierung von Donald Tusk hingegen hat mehr als nur eine Wahl verloren. Ihr Versuch, Polen wieder näher an die EU zu bringen und Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen, ist akut gefährdet, denn der Präsident hat die Vollmacht, Vorlagen mit dem Veto zu blockieren. Vor allem ist es Tusk nicht gelungen, Wähler und Wählerinnen der PiS aus ihrer politischen Blase zu holen und für Reformen in Richtung einer liberalen Demokratie zu gewinnen. Das Land bleibt in zwei politische Lager gespalten, die sich erbittert bekämpfen.
Tusks Regierung, die schon bisher wichtige Reformen nicht umsetzen konnte, wird wohl noch mehr zur lahmen Ente, das politische Kapital des Regierungschefs schwindet. Der neue Präsident Nawrocki hingegen steigt mit Schwung ins neue Amt, und der Wahlkampf hat gezeigt: Er vertritt Positionen, die noch weiter rechts zu verorten sind als diejenigen des scheidenden Präsidenten Andrzej Duda.
Nähe zu Viktor Orban und Donald Trump
Nawrocki ist ein Anhänger von US-Präsident Trump und dessen Ideologie, Brüssel und auch dem deutschen Nachbarn gegenüber ist er kritisch eingestellt. Die Ukraine will er vorläufig nicht in der Nato und nicht in der EU, und er sucht die Nähe zu Politikern wie dem ungarischen Premier Viktor Orban und Robert Fico in der Slowakei: zu Kräften, die sich an Donald Trump orientieren und gegenüber Brüssel auf Konfrontationskurs gehen. Dabei wäre Einigkeit in Europa gerade auch angesichts der Politik des neuen US-Präsidenten sehr nötig.
Trotz allen Differenzen sind sich Nawrocki und die Regierung Tusk in wichtigen politischen Bereichen einig: Sie wollen hohe Ausgaben für die Verteidigung, sie unterstützen die Ukraine in ihrem Kampf gegen die russische Aggression, sie sind grundsätzlich migrationskritisch und geben guten Beziehungen zu den USA strategische Priorität. Die ganz grosse Katastrophe, die manche nun an die Wand malen, bleibt wohl aus. Dem Land aber stehen wohl unruhige Zeiten bevor.
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