Zeit der Machtspiele
Die Wahl des Rechtsnationalen Nawrocki zum Präsidenten wühlt die Politik in Polen auf. Premier Tusk hat mit der Vertrauensfrage die Koalitionspartner überrumpelt - und von PiS-Chef Kaczyński kommt ein vergiftetes Angebot.
"In der Demokratie hört der Kampf nie auf", sagte Donald Tusk, der polnische Premierminister am Montagabend. Und genau das lässt sich in der polnischen Politik gerade beobachten. Die Präsidentschaftswahl hat Warschau aufgerüttelt und jetzt versuchen alle politischen Akteure, ein wenig Raum gutzumachen.
Regierungschef Tusk will vor allem klarmachen: Von Aufgeben kann keine Rede sein. "Als Premierminister der polnischen Regierung werde ich keinen Moment anhalten in meiner Arbeit und unserem gemeinsamen Kampf für das Polen, das wir uns damals an der Schwelle zur Unabhängigkeit erträumt haben" erklärte er. "Frei, souverän, sicher und wohlhabend. Die Präsidentschaftswahlen haben daran nichts geändert und werden daran auch nichts ändern."
100 Milliarden Euro als Vertrauensvorschuss
Nur weiß auch Tusk, dass alle anderen wissen, dass der ab August neue Präsident Karol Nawrocki genau wie Amtsinhaber Andrzej Duda der rechtspopulistischen PiS nahesteht und vermutlich mit seinem Vetorecht die Regierung nach Kräften ausbremsen wird.
Also braucht Tusk ein Signal der Geschlossenheit: Nach innen und nach außen an die EU, die ihm nach seiner Wahl weit über 100 Milliarden Euro an damals gesperrten Fördermitteln freigegeben hatte - als Vertrauensvorschuss für anstehende Reformen, die jetzt kaum noch umsetzbar sein dürften.
Das werde Einigkeit und Mut von der gesamten Koalition erfordern, sagte Tusk am Montagabend. "Der erste Test dafür wird eine Vertrauensfrage sein, die ich demnächst an den Sejm stellen werde."
Koalitionspartner wollen Moment ausnutzen
Tusk will nicht aufhören und setzt auf die Parlamentsmehrheit seiner Regierung. Nur hat er mit seiner Idee offenbar auch die eigenen Koalitionspartner überrumpelt. Und auch sie wollen den Moment nutzen und - wie zum Beispiel Parlamentspräsident Szymon Hołownia - gern nochmal über den Koalitionsvertrag verhandeln.
Und PiS-Chef Jarosław Kaczyński hat auch noch eine Idee: Vorgezogene Neuwahlen kämen auch für die PiS zu früh, aber einen Rücktritt von Tusk sähe Kaczyński sicher gern. Also schlägt er eine Übergangsregierung vor, die überparteilich sein soll. "Wenn eine solche Regierung nicht zustande kommt, erleben wir aller Wahrscheinlichkeit nach die Fortsetzung dieses Konflikts, der Polen zerstört", so der PiS-Chef.
PiS feuerte Dauerstreit massiv an
Eine Expertenregierung statt des Dauerkonflikts zwischen Tusks Bürgerkoalition und Kaczyńskis PiS. Es ist ein vergiftetes Angebot, da die PiS den Streit mit wilden Verschwörungsgeschichten nach Kräften anfeuert.
Schon im nächsten Satz machte Kaczyński klar: Es geht vor allem darum, dass die PiS die nächste Wahl gewinnt. Bis dahin dürfte es noch dauern - vorausgesetzt, die Regierungskoalition steht tatsächlich weiter hinter Premier Tusk.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke