«Die Unsicherheit bei den ausländischen Studierenden ist riesig»
US-Präsident Donald Trump führt einen regelrechten Feldzug gegen die Hochschulen, vor allem gegen Elite-Universitäten. Gleichzeitig werden zunehmend Visa von ausländischen Studierenden widerrufen, und neue Visa werden derzeit keine erteilt. Was es bedeutet, dass die USA für ausländische Studierende entweder unerreichbar oder unattraktiv werden, schätzt der Soziologe Ulrich Schreiterer ein.
SRF News: Wie wichtig sind ausländische Studierende für US-Universitäten?
Ulrich Schreiterer: Interessant für die USA sind vor allem «Post-Graduate»-Studenten, also Doktorandinnen und Master-Studierende, weil unter den Amerikanerinnen und Amerikanern nur wenige in die Forschung gehen wollen. Und weil die Bedingungen in den USA sehr gut sind, war es bisher für ausländische Studierende dort sehr attraktiv.
Die meisten Studierenden aus dem Ausland zahlen im Gegensatz zu den Einheimischen die vollen Studiengebühren. Wie sind die Unis in den USA finanziell aufgestellt?
Das ist unterschiedlich, je nach Universität. Die acht «Ivy-League-Unis» (Harvard, Princeton u.a.) verlangen von den ausländischen Studierenden sehr hohe Studiengebühren von bis zu 90'000 Dollar im Jahr, wobei dann auch das Wohnen auf dem Campus inbegriffen ist. Andere Universitäten sind weniger begehrt und wählen ihre Studierenden auch nicht so selektiv aus – entsprechend sind sie auch viel weniger teuer. Doch das sind auch nicht jene US-Universitäten, auf die die ausländischen Studierenden scharf sind.

Welche Folgen hat das Ausbleiben der ausländischen Studierenden für die Universitäten in den USA?
Jene Hochschulen, die auf die laufenden Einnahmen angewiesen sind, sind eher die weniger begehrten Unis, an denen auch sehr viele Nicht-Ausländerinnen und -Ausländer studieren. Bei den 100 bis 150 «Research-Universities» kann ihr Ausbleiben aber durchaus einen Unterschied machen.
Chinesen werden von den US-Unis regelrecht gemolken.
Doch auch hier gibt es grosse Unterschiede zwischen den Unis, etwa bei der Rekrutierung. So werden die Chinesen etwa regelrecht gemolken und müssen sehr hohe Gebühren bezahlen, Europäerinnen etwas weniger hohe. Auch helfen bei letzteren Stipendien.
Hat sich das Vorgehen Trumps bereits auf die Zahlen der ausländischen Studierenden ausgewirkt?
Das ist schwierig zu sagen – bei dieser «Madness in Progress» der bisher gut vier Monate Trump-Präsidentschaft. Sicher ist: Die Unsicherheit bei den ausländischen Studierenden ist riesig. Viele überlegen sich wohl, ob sie überhaupt noch in die USA gehen wollen.
Was bedeutet das für den Forschungsplatz USA und die US-Wirtschaft?
An den «Ivy-League»-Unis sind derzeit die Hälfte der «Graduate Students» Ausländerinnen und Ausländer. Wenn die wegbleiben oder gar nicht erst zugelassen werden, ist das schon ein herber Einschnitt – auch für die Wirtschaft. Diese Leute sind gerade im Hightech-Bereich jene Personen, die Kompetenzen und Kapazitäten für die interessanten Jobs mitbringen – und dann womöglich fehlen werden.
Das Gespräch führte Matthias Kündig.
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