Gratistiere für Haushalte: Colmar ist aufs Huhn gekommen
Auf einem grossen Platz in der Nähe des Colmarer Bahnhofs warten rund 800 braunrötlich gefiederte «Poules rousses» in einem provisorisch aufgebauten Gehege darauf, von ihren neuen Adoptiveltern abgeholt zu werden. Seit 2015 verteilt die Verwaltung jährlich Hühner – jeweils zwei pro Person, damit sie nicht allein sind.
Eine der neuen Hühnerhalterinnen ist Caroline aus einem Nachbardorf. Für sie ist es das erste Mal: «Wir haben alles vorbereitet. Ein Gehege mit einer Hütte gebaut. Wasser, Futter, Heu und kleine Spielsachen für sie bereitgestellt», erzählt sie lächelnd.

Stéphane ist mit Frau und Tochter vor Ort. Ihre letzten vier Hühner fielen einem Marder zum Opfer. Nun möchten sie erneut ein Hühnerpärchen adoptieren, da sie die sozialen Tiere mögen. Aber dies ist nicht der einzige Grund für die Familie, wie Stéphane erklärt: «Früher hatten wir einen Kompost und wir fanden es immer schade, unsere Essensreste wegzuwerfen. Mit den Hühnern können wir diese wiederverwerten.» Dazu gebe es frische Eier.
Zehn Tonnen Grünabfall pro Jahr
Genau das ist das Ziel des Projekts für die Verwaltung. Sie schätzt, dass durch die Hühner als Abfallschlucker jährlich rund zehn Tonnen Grünabfälle eingespart werden können. Abfälle, die sonst eingesammelt und verbrannt werden müssten.
Laurent Ott, Leiter der Abfallbetriebe der Agglomeration Colmar, ist sichtlich stolz auf das Projekt. Hühner als Abfallschlucker entsprächen ganz der Logik der Kreislaufwirtschaft, erklärt er: «Abfälle werden dort recycelt, wo sie entstehen.» Gleichzeitig lieferten sie wertvolle Eier.

Dennoch seien die Auswirkungen auf die Abfallreduzierung eher symbolisch als wirklich messbar, sagt Ott: «Wir sammeln jährlich etwa 37 Kilo Bioabfall pro Einwohner – das ist viel. Die Hühner entlasten die Müllabfuhr. Dort wo Hühner gehalten werden, fressen sie fast den gesamten anfallenden Bioabfall». Hühner sind Allesfresserinnen.
Lokale Landwirtschaft profitiert
Auch wenn die Hühner alles fressen, benötigen sie zusätzlich Körnerfutter. Dafür wurde bei der Verteilaktion ein Stand aufgestellt. Ein Bauer aus der Region verteilt dort Hühnerfutter in Papiersäckchen.

Damit werde die lokale Landwirtschaft unterstützt, sagt Ott: «Wir wollen dies fördern, weil es biologisch und lokal ist». Aber nicht nur das: «Den Menschen soll auch klargemacht werden, dass sie eine Verantwortung für die Hühner tragen».
Regeln für die Hühnerhalter
Den neuen Hühnerhalter auf dem Platz dürfte dies bewusst sein. Sie mussten sich für die Hühner bewerben und wurden sorgfältig ausgewählt. Die Hühner werden nur an Halter und Halterinnen vergeben, die einen ausreichend grossen Stall, einen Aussenbereich und eine Ferienvertretung haben.

So wie Francine. Die ältere Frau holt seit Beginn des Projekts alle zwei Jahre Hühner ab. Heute hat sie ihre Enkelin mitgebracht. Durch die Hühner habe sie schon viel gelernt, ist sich Francine sicher: «Meine Enkelin füttert die Hühner und holt die Eier. Mit den Hühnern haben die Kinder einen Kontakt zu den Tieren und sehen, wo die Eier herkommen.»

Heute freuen sich nicht nur die Erwachsenen über die braunroten Hühner – auch die Kinder sind begeistert. Denn genau das soll das Projekt auch sein: ein Familienprojekt.
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