Ministerpräsident Tusk will Vertrauensfrage stellen
Nach dem Sieg des Rechtskonservativen Nawrocki bei der Präsidentenwahl stellt Regierungschef Tusk heute im Parlament die Vertrauensfrage. Er will sichergehen, dass alle in seinem proeuropäischen Mitte-Links-Bündnis hinter ihm stehen.
Einigkeit und Mut, das brauche es jetzt, um den versprochenen großen Wandel noch zu erreichen, hatte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk nach der Präsidentenwahl erklärt. Der neue Präsident Karol Nawrocki steht nämlich wie Amtsinhaber Andrzej Duda der rechtspopulistischen PiS nahe und wird sehr wahrscheinlich weiter zentrale Regierungsvorhaben blockieren.
Linke wollen Tusk Vertrauen aussprechen
Mut also, erstmal aber vor allem Einigkeit braucht Tusks Regierungskoalition, um die Vertrauensfrage zu überstehen. Auf die Linke sei Verlass, versucht deren Vorsitzender Włodziemierz Czarzasty zu beruhigen: "Der Koalitionsvertrag gilt und wird weiter gelten. Die einen wollen die Polen einschüchtern, unsere (...) Gruppierungen wollen ihnen Sicherheit geben." Mit 138 angenommenen Gesetzen sei die Arbeit erfolgreich gewesen, Fehler habe es nur in der Kommunikation nach außen gegeben. Das wolle man künftig verbessern, so Czarzasty.
Als Wackelkandidaten gelten auch eher die Abgeordneten der konservativen PSL, die statt mit Tusk vielleicht doch lieber mit der PiS weitermachen wollen. Die hat auch schon eine Art Expertenregierung als Übergangslösung angeboten und umwirbt die PSL intensiv.
Deren Vorsitzender, Verteidigungsminister Kosiniak-Kamysz beteuert aber, er setze weiter auf die Regierung Tusk: "Der Koalition geht es gut, das sagen wir ganz deutlich. Wir haben einen Plan für die nächste Etappe (...) und wir haben zahlreiche Errungenschaften in den Bereichen Wirtschaft, Sicherheit, Digitalisierung, Landwirtschaft und Soziales, wirklich zahlreiche."
Regierungsumbildung im Juli geplant
Nur offenbar nicht zahlreich genug, um zu überzeugen. Die Präsidentenwahl wird vor allem als Kinnhaken für die Regierung gewertet. Und mit seiner Vertrauensfrage hat Tusk jetzt sich selbst zum Thema gemacht. Für Juli hat er bereits eine Regierungsumbildung angekündigt. Szymon Hołownia, der Parlamentspräsident von der ebenfalls an der Koalition beteiligten Partei Polska 2050, denkt schon weiter.
Warum nicht Tusk an der Spitze durch den unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Rafal Trzaskowski ersetzen? Das könnte die PiS lahmlegen, so Hołownia: "Über zehn Millionen Menschen haben für Trzaskowski gestimmt, nicht für Donald Tusk. Also wenn er jetzt das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen würde, wäre das für die PiS Stillstand. Die sind dermaßen besessen vom Kampf gegen Tusk, dass sie mit so einer Situation nicht umgehen könnten."
Rechnerische Mehrheit für Tusk
Tusk muss also nicht nur seine Regierung, sondern auch sich selbst retten. 231 Stimmen braucht er dafür, 242 hat die Koalition. Rechnerisch sollte es also reichen. Einigkeit und Mut hatte der Premier gefordert. An Mut mangelt es selten in der polnischen Politik, Einigkeit könnte das Problem sein.
Martin Adam, ARD Warschau, tagesschau, 11.06.2025 08:02 UhrHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke