Nach dem umfassenden Angriff Israels auf iranische Atomanlagen und andere Ziele reagiert der Iran mit Drohnenangriffen. In der Region wird ein Flächenbrand befürchtet. Israel verhängte in Erwartung iranischer Vergeltung den Ausnahmezustand.

Seit Langem warnt Israel davor, dass der Iran sein Atomprogramm massiv vorantreibe - mit dem Ziel, über eigene Atombomben zu verfügen. In der Nacht folgten auf die Drohungen militärische Angriffe auf Dutzende Ziele im Iran, darunter auch nukleare Anlagen. Der Iran reagierte inzwischen mit zahlreichen Drohnenangriffen.

Angaben des israelischen Militärs zufolge waren etwa 200 Kampfflugzeuge an dem nächtlichen Einsatz beteiligt. Mehr als 100 Ziele seien im Iran attackiert worden. Das Ausmaß der entstandenen Schäden ist noch unklar. Zum Teil trafen die Angriffe auch Wohngebiete in der iranischen Hauptstadt Teheran und andere Städte.

Fest steht, dass auch die Uran-Anreicherungsanlage in Natans attackiert wurde, eine der wichtigsten iranischen Atomanlagen. Die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) reagierte besorgt, teilte kurz darauf aber mit, dass auf dem Gebiet der Anlage keine erhöhten Strahlenwerte erfasst wurden.

Iran startet zahlreiche Drohnenangriffe

Der Iran reagierte umgehend auf den israelischen Militärschlag. Das israelische Militär meldete etwa 100 Drohnenangriffe. Sämtliche Abwehrsysteme seien im Einsatz. Zuvor hatte der oberste Religionsführer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, Israel mit Vergeltung für die Angriffe gedroht. Israel müsse mit einer "harten Strafe" rechnen.

Berichten des iranischen Staatsfernsehens zufolge sollen bei den israelischen Angriffen sowohl der Armeechef Mohammed Bagheri als auch der iranische Kommandeur der paramilitärischen Revolutionsgarden, General Major Hussein Salami, getötet worden sein. Zudem seien sechs Atomwissenschaftler ums Leben gekommen. Zunächst hatte das Staatsfernsehen von zwei getöteten Wissenschaftlern berichtet.

Der iranische Kommandeur der paramilitärischen Revolutionsgarden, General Major Hussein Salami. (Archiv)

Israel ruft Ausnahmezustand aus

Israel hatte in Erwartung möglicher Gegenangriffe den Ausnahmezustand ausgerufen. Das Heimatfrontkommando ordnete an, dass Bildungseinrichtungen, Arbeitsstätten und Geschäfte bis auf Weiteres geschlossen bleiben müssen. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, sich in der Nähe von Schutzräumen aufzuhalten und Bewegungen im Freien auf ein Minimum zu reduzieren.

Auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mahnte in einer Videobotschaft, Kriege hätten immer einen Preis und rief die israelische Bevölkerung zu Disziplin auf. Es sei möglich, dass die Israelis bei möglichen iranischen Gegenangriffen sehr lange in Schutzräumen ausharren müssten, "viel länger als wir es bisher gewohnt waren", so der Regierungschef. Er appellierte an Bürgerinnen und Bürger, sich mit Proviant zu versorgen und Geduld zu zeigen. 

Israel spricht von Schlag gegen iranisches Atomprogramm

Trotz der Warnung vor möglichen Gegenschlägen will Israel seine Angriffe auf den Iran fortführen. Netanjahu bezeichnete die nächtlichen Militärschläge lediglich als "Eröffnungsschlag" und betonte, die "Operation" werde "so viele Tage andauern, wie es braucht", um die Bedrohung durch den Iran zu beseitigen.

Die israelische Führung rechtfertigt die Angriffe auf den Iran mit der angeblichen Bedrohung durch das iranische Atomprogramm. Die israelische Armee warnte am Morgen, der Iran nähere sich dabei einer unumkehrbaren Schwelle. In den vergangenen Monaten habe der israelische Geheimdienst Beweise dafür geliefert, dass sich der Iran beim Vorantreiben seines Atomprogramms einem "Punkt ohne Wiederkehr nähert". Inzwischen sei es für den Iran möglich, "Uran auf militärisches Niveau anzureichern, wodurch das Regime in der Lage wäre, innerhalb kurzer Zeit eine Atomwaffe zu erhalten".

Auch Regierungschef Netanjahu betonte: "Wir kämpfen nicht gegen die iranische Bevölkerung, wir kämpfen gegen die iranische Diktatur." Die israelischen Angriffe hätten "das Herz der iranischen Kernwaffenanreicherung getroffen". Der Schlag gegen den Iran werde der Atominfrastruktur und der militärischen Stärke des Landes schaden.

Der israelische Präsident Izchak Herzog rechtfertigte die Angriffe als "eine gezielte Operation, um eine unmittelbare und existenzielle Bedrohung für unser Volk zu neutralisieren".

Iran macht USA mitverantwortlich

Der Iran hat stets bestritten, mit dem eigenen Atomprogramm militärische Ziele oder gar das Ziel zu verfolgen, eine Atombombe zu entwickeln. Nuklearenergie solle lediglich friedlich genutzt werden. In Reaktion auf den "feigen Angriff" Israels hieß es von der iranischen Regierung allerdings, Israels Vorgehen verdeutliche, warum die Führung in Teheran auf die Anreicherung von Uran, die Atomtechnologie insgesamt und das Raketenprogramm bestehe.

Auch die USA wollen eine mögliche atomare Aufrüstung des Iran verhindern. Zu diesem Zweck verhandeln die Vereinigten Staaten und der Iran über ein neues Atomabkommen. Die militärische Eskalation zwischen Israel und dem Iran droht die Gespräche jedoch zunichte zu machen. Denn der Iran macht die USA für die israelischen Angriffe mitverantwortlich und wirft der US-Regierung vor, im Vorfeld von dem geplanten Militäreinsatz gewusst zu haben. Die Angriffe hätten "nicht ohne die Koordinierung und Genehmigung der Vereinigten Staaten ausgeführt worden sein" können, erklärte das iranische Außenministerium. Die USA seien direkt "für die gefährlichen Auswirkungen und Folgen" der israelischen Militärschläge verantwortlich.

US-Außenminister Marco Rubio hingegen bestritt, dass die Vereinigten Staaten an dem israelischen Angriff beteiligt waren. Er warnte Teheran davor, Militäranlagen der USA anzugreifen. Die USA verhandeln derzeit mit dem Iran über ein neues Atomabkommen. US-Präsident Donald Trump hatte Israel angesichts der laufenden Gespräche aufgerufen, Angriffe auf den Iran zu unterlassen.

UN rufen zu Mäßigung auf

UN-Generalsekretär António Guterres reagierte äußerst besorgt auf die israelischen Angriffe und rief beide Seiten zur Mäßigung auf. "Der Generalsekretär fordert beide Seiten auf, äußerste Zurückhaltung zu üben und unter allen Umständen eine Eskalation des Konflikts zu vermeiden - eine Entwicklung, die sich die Region kaum leisten kann", teilte ein Sprecher von Guterres mit.

Saudi-Arabien verurteilte den Angriff Israels als Verletzung der Souveränität und der Sicherheit des Iran und als Bruch von internationalem Recht. Ähnlich äußerten sich Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Der Oman, der in den Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran über ein Atomabkommen als Vermittler fungiert, warnte, der Angriff Israels untergrabe die Sicherheit und Stabilität der Region und gefährde die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung.

Pia Masurczak, ARD Istanbul, tagesschau, 13.06.2025 07:27 Uhr

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke