Fast 1900 Seiten dick ist das Vertragswerk zwischen der EU und der Schweiz, das das Verhältnis der beiden Parteien neu regeln soll. So sollen die fünf bestehenden Binnenmarktabkommen, wie zum Beispiel dasjenige zur Personenfreizügigkeit, aktualisiert werden, und neue dazukommen.

Seit Mitte Juni ist dieser Vertrag öffentlich, die Vernehmlassung in der Schweiz läuft. Am Schluss wird das Schweizer Stimmvolk darüber entscheiden. Heute haben sich Aussenminister Ignazio Cassis und EU-Kommissar Maroš Šefčovič in Brüssel getroffen, um eine Vereinbarung zu unterzeichnen, die die Übergangszeit regelt.

Warum braucht es eine solche Vereinbarung?

Bis die ausgehandelten Abkommen zwischen der Schweiz und der EU in Kraft treten können, dürfte es noch einige Zeit dauern. Deshalb braucht es diese Erklärung. Im Strombereich beispielsweise soll das Abkommen die Betriebs- und Versorgungssicherheit garantieren. Der Schweizer Netzbetreiber erhält Zugang zu den erforderlichen technischen Informationsplattformen der EU. Auch im Gesundheitsbereich regelt die Vereinbarung, wie Informationen etwa über die Gefahr bei einer Pandemie ausgetauscht werden. Und im Bereich der gegenseitigen Anerkennung von Standards wollen die Vertragspartner wieder die alte Gleichwertigkeit anerkennen, was für die Industrie sehr wichtig ist. Es sind also eine Art provisorische Übergangsbestimmungen, bis klar ist, ob und wann die ausgehandelten neuen Verträge in Kraft treten können.

Nimmt diese Vereinbarung irgendwelche Entscheide vorweg, die das neue Verhältnis regeln?

Nein. Nichts ist rechtlich bindend, für keine der beiden Seiten. Es ist ein gegenseitiges Bekenntnis dazu, dass die Schweiz und die Europäische Union in den kommenden Monaten so zusammenarbeiten wollen, dass später die neuen Abkommen ohne Probleme in Kraft treten könnten. Lehnen die Schweiz oder die EU-Mitgliedsstaaten eines oder mehrere Abkommen ab, verliert diese Erklärung ihre Bedeutung.

Können Sie ein Beispiel machen, wie die Vereinbarung umgesetzt wird?

Nicht ganz zufällig steht ganz oben auf dieser Liste die Zusammenarbeit im Forschungsbereich. Forschende in der Schweiz dürfen bereits im laufenden Jahr wieder in der «Champions League» für die Forschung – also bei Horizon Europe – mitspielen. Als Nächstes muss die Schweiz mit der EU bis Mitte November ein Assoziationsabkommen unterschreiben, um das auch rechtlich und finanziell abzusichern. Die Übergangsvereinbarung hält dieses Ziel fest. Und beide Seiten versprechen, darauf hinzuarbeiten. Die Vereinbarung gibt der Schweiz also eine gewisse Verlässlichkeit, dass das Versprechen der EU nicht einfach willkürlich wieder infrage gestellt werden könnte – zum Beispiel, wenn für die EU der Ratifizierungsprozess der neuen Abkommen in der Schweiz zu langsam voranschreiten würde.

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