Die NATO wird heute aller Voraussicht nach die größte Aufrüstung seit Ende des Kalten Krieges beschließen. Während alles in Den Haag auf US-Präsident Trump ausgerichtet ist, gerät der Krieg gegen die Ukraine in den Hintergrund.

Er ist also da - wochenlang war gerätselt worden, ob US-Präsident Donald Trump zum Gipfel in Den Haag anreisen würde. NATO-Generalsekretär Mark Rutte hatte intensiv darum geworben, das Programm stark auf Trump zugeschnitten und noch kurz vor Beginn des Gipfels versucht, die Sorgen, vor allem der europäischen NATO-Mitgliedsstaaten, zu zerstreuen. "Mein Rat für die europäischen Kollegen ist: Hört auf, euch so viele Sorgen zu machen." Die Staaten sollten stattdessen sicherstellen, dass sie investieren, dass ihre Industrie produziere und dass die Unterstützung für die Ukraine stark bleibe. "So sollten wir arbeiten und nicht wegen der USA besorgt herumrennen", so Rutte weiter. 

Trump wurde während des Fluges in die Niederlande gefragt, wie er zu Artikel 5 der NATO steht - also der Beistandsverpflichtung, wonach die anderen Mitgliedsstaaten einem angegriffenen NATO-Land militärisch zu Hilfe eilen. Doch Trumps Antwort war nicht wirklich eindeutig. "Das hängt von der Definition ab." Es gebe zahllose Definitionen von Artikel 5, so Trump. "Aber ich bin verpflichtet, ihr Freund zu sein. Viele ihrer Regierungschefs sind meine Freunde geworden und ich fühle mich verpflichtet, ihnen zu helfen."

Ein wenig ein "Trump-Gipfel"

Der US-Präsident erklärte auch, er rechne damit, dass seine Reise zum NATO-Gipfel erfolgreich sein werde. Die NATO-Mitgliedsstaaten wollen auf der Tagung beschließen, künftig fünf Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Damit wollen sie der entsprechenden Forderung Trumps nachkommen.

Europa werde kräftig zur Kasse gebeten und das sei Trumps Sieg, schrieb NATO-Generalsekretär Rutte dem US-Präsidenten vor dessen Ankunft in den Niederlanden in einer Textnachricht, die auch ansonsten voll des Lobes für Trump war. Trump veröffentlichte Ruttes Zeilen, dieser geriet unter Rechtfertigungsdruck und erklärte, kein Problem mit der Nachricht zu haben.

Wird es ein "Trump-Gipfel"?

Der Vorfall macht deutlich, wie sehr Trump diesen NATO-Gipfel dominiert. Das betrifft auch das Thema Ukraine. Deren Präsident Wolodymyr Selenskyj ist ebenfalls in Den Haag.

An der zentralen Sitzung der 32 NATO-Staats- und Regierungschefs darf der Gast Selenskyj aber nicht teilnehmen - aus Rücksichtnahme auf die USA, sagt der Militäranalyst Gustav Gressel. "In dem Moment, wo es um die Ukraine geht, steigen die Amerikaner aus." Es werde ein wenig ein "Trump-Gipfel", so Gressel, und damit schiebe man auch die Ukraine beiseite.

Deutschland will Vorgabe bis 2029 erreichen

Um auf insgesamt fünf Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung für Verteidigungsausgaben zu kommen, wird die Zahl geteilt. Die NATO-Mitglieder werden sich verpflichten, 1,5 Prozent für sogenannte verteidigungsrelevante Ausgaben zu verwenden, darunter zählen zum Beispiel Investitionen in zivile Cyberabwehr und Verkehrsinfrastruktur. 3,5 Prozent sollen in klassische Militärausgaben fließen.

Deutschland will diese Zahl bis 2029 erreichen - mit einem Wehretat von dann rund 150 Milliarden Euro jährlich. Um die neuen militärischen Anforderungen der NATO zu erfüllen, werden die deutschen Streitkräfte massiv nach- und aufgerüstet werden müssen - materiell und personell. Das machte Bundeskanzler Friedrich Merz in seiner Regierungserklärung vor der Abreise nach Den Haag deutlich. "Wir werden die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Armee Europas machen, wie es unsere Partner von uns zu Recht erwarten", so Merz.

Mehr Geld, mehr Truppen, modernere Streitkräfte - die NATO wird in Den Haag die größte Aufrüstung seit Ende des Kalten Krieges beschließen.

Tim Aßmann, ARD Berlin, tagesschau, 25.06.2025 00:09 Uhr

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