Nahost, Ukraine und eine Premiere
Die Weltlage bestimmt die Agenda des heutigen Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs: Es soll einmal mehr um den Nahen Osten und den Ukraine-Krieg gehen. Für Merz ist es der erste EU-Gipfel als Bundeskanzler.
Die meisten seiner Kolleginnen und Kollegen aus der EU hat Friedrich Merz schon beim NATO-Treffen in Den Haag gesehen, nämlich die aus den 22 EU-Staaten, die auch Mitglied der Atlantischen Allianz sind.
Sieben Wochen nach seinem Amtsantritt trifft der Bundeskanzler bei seinem ersten EU-Gipfel jetzt alle Staats- und Regierungschefs und -chefinnen. Die Zusammenkunft in Brüssel bietet ihnen die Gelegenheit, die jüngsten Entwicklungen im Krieg zwischen Israel und dem Iran zu diskutieren und zu beraten, welche Rolle Europa dabei spielen kann.
Bei Verhandlungen ins Spiel kommen
Der Bundeskanzler hat wie die EU-Kommissionspräsidenten die Ankündigung eines Waffenstillstands zwischen Israel und dem Iran begrüßt. Ursula von der Leyen forderte Teheran zu Verhandlungen auf. Falls es die gibt, könnte Europa wieder ins Spiel kommen.
Die EU-Außenminister betonten Anfang der Woche, Europa habe schon vor zehn Jahren mit dem Atomabkommen die Formel gefunden, um Teheran zum Einlenken zu bewegen und könne bei möglichen Gesprächen seine diplomatische Erfahrung einbringen. Die EU stellt sich an Israels Seite im Konflikt mit dem Iran. Sie appelliert aber nachdrücklich an die Regierung von Premier Benjamin Netanjahu, nicht länger Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu blockieren.
Der Gipfel berät über einen Prüfbericht, wonach Israel damit Grundlagen der engen Zusammenarbeit mit der EU verletzt. Über mögliche Konsequenzen sind sich die 27 aber nicht einig. Anders als Spanien wollen Deutschland und Österreich das Partnerschaftsabkommen mit Israel nicht in Frage stellen.
Verteidigungsbereitschaft erhöhen
Bei der historischen NATO-Konferenz in Den Haag haben die EU-Staaten gestern das größte Aufrüstungsprogramm seit Ende des Kalten Krieges beschlossen. Der EU-Gipfel in Brüssel soll dazu beitragen, Europas Verteidigungsbereitschaft zu stärken. Dafür lockert die Gemeinschaft ihre Schuldenregeln und stellt den Mitgliedsstaaten Kredite von insgesamt bis zu 150 Milliarden Euro zur Verfügung, um Waffensysteme oder Munition zu beschaffen.
Die Darlehen werden über den EU-Haushalt abgesichert. Beim Gipfel beraten die Staats- und Regierungschefs und -chefinnen darüber, ihre Verteidigungsausgaben nicht nur zu steigern, sondern auch besser zu koordinieren.
Neue Sanktionen
Die EU reagiert damit auf Forderungen aus Washington sowie auf die wachsende Bedrohung durch Moskau und den andauernden russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Deren Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zum Auftakt in Brüssel wieder zugeschaltet. Um den Druck auf Kreml-Chef Wladimir Putin zu erhöhen und ihn an den Verhandlungstisch zu bringen, berät der Gipfel über das mittlerweile 18. EU-Sanktionspaket, das vor allem den russischen Banken- und Energiesektor treffen soll.
Die EU-Kommission schlägt vor, die Preisobergrenze für den Verkauf von russischem Öl in Länder wie China oder Indien von 60 auf 45 Dollar pro Barrel zu senken. Das halten einige EU-Länder nicht mehr für nötig, weil der Preisdeckel wegen steigender Ölpreise infolge der Eskalation im Nahen Osten auch so wirkt.
Ungarn und die Slowakei tragen die verschärften Strafmaßnahmen bisher nicht mit. Noch herrscht Zuversicht, sie beim Gipfel überzeugen zu können. Sanktionen kann die EU nur einstimmig beschließen. Ebenfalls offen ist, ob die US-Regierung im Verbund mit der EU, Kanada und Großbritannien härtere Maßnahmen mitträgt. Merz hat in diesem Sinne gestern in Den Haag nochmals an US-Präsident Donald Trump appelliert.
Migration zum Frühstück
Die EU-Gipfel-Premiere des Bundeskanzlers beginnt mit einem informellen Frühstück zur Migrationspolitik, an dem Merz als erster deutscher Regierungschef teilnimmt. Das Treffen wird von Dänemarks sozialdemokratischer Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni von den ultrarechten Fratelli d'Italia organisiert. Sie verlangen rasch wirksame Maßnahmen gegen irreguläre Migration.
Die Mitgliedsstaaten sind gerade dabei, den im vergangenen Jahr beschlossenen EU-Asylpakt umzusetzen. Nach Angaben der Kommission ist die Zahl illegaler Grenzübertritte in die EU in der ersten Jahreshälfte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um ein Fünftel gesunken. Insgesamt wurden 69.000 gemeldet, fast alle über Libyen. Die EU-Kommission will Asylverfahren beschleunigen und es den Mitgliedsstaaten erleichtern, Schutzsuchende in Drittstaaten zu überstellen.
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