Von Reue oder Einsicht keine Spur
Nach einer Woche des Schweigens hat der oberste Führer des Iran sich zu Wort gemeldet. Chamenei verkauft sein Land als Sieger des Krieges mit Israel. Aufgeben kommt für den 86-Jährigen nicht infrage.
Wo ist der Oberste Führer Ali Chamenei und wie geht es ihm? Diese Frage stellte der Moderator im iranischen Staatsfernsehen am Dienstag seinem Gast, einem Beamten aus Chameneis Büro. Die Menschen seien sehr besorgt. Hält er die politischen Fäden noch in der Hand, ist er krank oder gar nicht mehr am Leben? Der Befragte blieb eine klare Antwort schuldig. Sagte nur, alle sollten beten.
Die Antwort gab es heute - wenigstens was den Zustand des greisen Regimeführers angeht. Am Mittag sendete das Staatsfernsehen eine Videobotschaft Chameneis - angeblich live. Der Inhalt erwartbar: "Ich gratuliere zum Sieg über das niederträchtige zionistische Regime. Es wurde mit all seinem Lärm und seinen falschen Behauptungen durch die Gegenwehr der Islamischen Republik praktisch zermalmt", so der geistliche Führer. "Dass die Islamische Republik derart zurückschlagen kann, hatten sie nicht für möglich gehalten, aber es ist passiert."
Aufenthaltsort bleibt unklar
Mit schwarzem Turban sitzt Chamenei vor einem beigen Vorhang, rechts von ihm ein Portrait des Gründers der Islamischen Republik, Ajatollah Ruhollah Chomeini, links die iranische Flagge. Ein Hintergrund, der überall hergerichtet worden sein könnte,nichts deutet auf den Aufenthaltsort hin. Chamenei wirkt alt - aber das ist er mit 86 Jahren auch.
Eine knappe Viertelstunde redet er. Auch über den Kriegseinsatz der USA, den Präsident Donald Trump zur Selbstinszenierung gebraucht habe. "Die USA haben ihr Ziel nicht erreicht. Um die Wahrheit zu verbergen, haben sie ihren angeblichen Erfolg völlig übertrieben", behauptet Chamenei. "Wirklich erfolgreich war die Islamische Republik. Sie versetzte den USA einen harten Schlag. Sie traf einen der wichtigsten regionalen Stützpunkte Amerikas, Al Udeid, und richtete Schaden an."
Dabei dürfte auch zu Chamenei durchgedrungen sei, dass alle sechs auf die US-Basis abgefeuerten Raketen von der katarischen Flugabwehr abgefangen wurden, nachdem die iranische Führung Katar offenbar vorgewarnt hatte. Trotzdem schickte er nun noch eine Drohung hinterher: "Die Islamische Republik hat Zugang zu wichtigen US-Stützpunkten in der Region und kann jederzeit gegen diese vorgehen, wenn sie es für notwendig erachtet. Der Feind wird dann einen hohen Preis zahlen."
Aufgeben kommt nicht infrage
Seit 36 Jahren steht Ali Chamenei nun an der Spitze der Islamischen Republik und das Regime sitzt auch nach zwölf Tagen Krieg noch mehr oder weniger fest im Sattel. Von Reue oder Einsicht ist bei dem 86-Jährigen keine Spur. Aufgeben oder auch nur die eigenen Positionen zu hinterfragen, für den Ajatollah kommt das nicht in Frage.
Hört man Chamenei zu, scheint die Ausgangslage für die von US-Präsident Trump angekündigten Verhandlungen mit dem Iran keine einfache zu sein:
In dieser ersten Videobotschaft nach einer Woche Schweigen deutet nichts darauf hin, dass Chamenei bereit ist, seine Macht in andere, jüngere Hände zu geben. Zu Beginn des Krieges hatte er Berichten zufolge drei mögliche Nachfolger benannt, sollte er die Angriffe nicht überleben. Wer diese drei sind, ist nicht bekannt. Aber offensichtlich müssen sie sich noch gedulden.
Christian Buttkereit, SWR, tagesschau, 26.06.2025 17:12 UhrHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke