Die Kämpfe im Grenzgebiet zwischen Thailand und Kambodscha gehen weiter. Thailand evakuierte Tausende Menschen aus der Region. Der UN-Sicherheitsrat kommt am Abend zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen.

An der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha wird weiter gekämpft. Es komme in mehreren Gebieten an der Grenze zu Zusammenstößen, teilte die thailändische Armee mit. Kambodscha setze die Angriffe mit schweren Waffen wie Artillerie und Raketenwerfern fort, hieß es weiter.

Die Zeitung Khaosod zitierte einen Militärsprecher mit den Worten, Kambodscha beschieße Thailand an verschiedenen Grenzorten seit dem frühen Morgen mit Feldartillerie und BM-21-Raketen. Thailand reagiere entsprechend, hieß es.

Thailand warnt vor Kriegsgefahr

Der thailändische Übergangsregierungschef Phumtham Wechayachai warnte vor einer Ausweitung der Kämpfe. "Falls die Situation eskaliert, könnte sie sich zu einem Krieg entwickeln, auch wenn es bislang bei Zusammenstößen bleibt", sagte er vor Journalisten in Bangkok.

Thailand hat mit Evakuierungen in der Region begonnen. 100.000 Anwohner wurden laut Innenministerium bereits in Sicherheit gebracht. Menschen im Nordosten Thailands wurden aufgefordert, das Gebiet unbedingt zu meiden.

Mehrere Todesopfer

Am Donnerstag war der Grenzkonflikt zwischen den beiden Ländern eskaliert. Nach Schusswechseln an der Grenze hatte das thailändische Militär eigenen Angaben zufolge Kampfjets gegen kambodschanische Stellungen eingesetzt. Kambodscha reagierte mit Artilleriefeuer, auch auf Wohngebiete.

Die Zahl der Todesopfer ist der thailändischen Regierung zufolge auf mittlerweile 15 gestiegen - 14 Zivilisten und ein Soldat. Das thailändische Militär meldete zudem den Tod von mindestens 24 kambodschanischen Soldaten.

Wer für den Beginn der Eskalation verantwortlich ist, ist unklar. Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, zuerst geschossen und damit eine gegenseitige Vereinbarung gebrochen zu haben.

Menschen suchen Schutz in einer Uni-Turnhalle in Thailand in der Nähe der Grenze zu Kambodscha.

Tempel im Zentrum des Konflikts

Thailand und Kambodscha streiten seit Jahren über die Grenzziehung zwischen den beiden Ländern. Im Zentrum steht der Tempel Prasat Preah Vihear, der seit 2008 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört und von beiden Ländern beansprucht wird. Auch der Tempel soll durch die Kämpfe Schaden genommen haben: "Die Attacken, die sowohl Artilleriebeschuss als auch Luftangriffe umfassten, haben die heilige Stätte, die für das kambodschanische Volk von immenser kultureller, historischer und spiritueller Bedeutung ist, schwer beschädigt", teilte das Kulturministerium in Kambodscha mit. 

Zuletzt hatten sich die Spannungen im Mai nach dem Tod eines kambodschanischen Soldaten bei einem Feuergefecht wieder verschärft. Thailand wirft Kambodscha vor, kürzlich neue Landminen in dem umstrittenen Gebiet verlegt zu haben. Die Regierung in Phnom Penh bestreitet dies und erklärt, die Minen stammten aus dem jahrzehntealten Bürgerkrieg.

USA und UN äußern sich besorgt

Die USA zeigten sich besorgt über die Situation an der Grenze. "Besonders beunruhigt sind wir über Berichte über den Tod unschuldiger Zivilisten", hieß es in einer Mitteilung, die von der US-Botschaft in Bangkok veröffentlicht wurde. "Wir fordern dringend die sofortige Einstellung der Angriffe."

UN-Generalsekretär António Guterres forderte größtmögliche Zurückhaltung beider Seiten. Die Probleme müssten im Dialog und im Geiste guter Nachbarschaft gelöst werden. Auch der Ministerpräsident von Malaysia, dessen Land in diesem Jahr der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN vorsteht, forderte umgehende Verhandlungen. Beide Länder seien wichtige Mitglieder des Bundes. "Frieden ist die einzige Option", sagte er.

Kambodscha drängt auf UN-Dringlichkeitssitzung

Im Konflikt mit Kambodscha hat sich Thailand nun doch offen für eine Vermittlung durch einen Drittstaat gezeigt - nachdem das Außenministerium dies zuvor abgelehnt hatte. Man sei zu Gesprächen bereit, sagte ein thailändischer Außenamtssprecher der Nachrichtenagentur AFP. "Wir sind bereit, wenn Kambodscha diese Angelegenheit auf diplomatischem Wege, bilateral oder sogar über Malaysia regeln möchte", sagte er.

Auch der thailändische Übergangsministerpräsident Phumtham Wechayachai betonte, Thailand sei grundsätzlich zu Gesprächen mit dem Nachbarland bereit. Jedem Dialog müsse aber ein Stopp der kambodschanischen Militäroperationen vorausgehen. Malaysias Ministerpräsident Anwar Ibrahim hatte am Donnerstag erklärt, er habe mit seinen Kollegen aus Thailand und Kambodscha gesprochen. Er forderte beide Seiten auf, die Kämpfe einzustellen und eine diplomatische Lösung zu suchen.

Der kambodschanische Ministerpräsident Hun Manet hatte bereits am Donnerstag auf eine Dringlichkeitssitzung im UN-Sicherheitsrat gedrängt. Das UN-Gremium will am Freitagabend über den Konflikt beraten.

Udo Schmidt, ARD Singapur, tagesschau, 25.07.2025 06:37 Uhr

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