Warum sich Aserbaidschans Präsident Aliyev mit Putin anlegt
Russland und Aserbaidschan hatten lange gute geschäftliche Beziehungen. In letzter Zeit kommt es immer wieder zu Verstimmungen. Der Ton zwischen den Ländern wird zunehmend schärfer. Russland-Korrespondent Calum MacKenzie ordnet ein.
Warum ist die Beziehung zwischen Aserbaidschan und Russland angespannt?
Im vergangenen Dezember hat die russische Flugabwehr ein aserbaidschanisches Passagierflugzeug versehentlich abgeschossen. Aserbaidschan hat damals eine Entschuldigung und eine Entschädigung gefordert, diese aber nicht bekommen. Es ist schlicht nicht die Art des Kremls, sich für solche Vorfälle zu entschuldigen – vor allem nicht bei einem Land, das es immer noch als Teil seiner Einflusssphäre sieht. Aserbaidschan will zeigen, dass es eigenständig ist und sich nicht alles gefallen lässt. Russland will zeigen, dass es immer noch den Ton angibt. Kürzlich starben auch zwei Aserbaidschaner in russischer Polizeigewahrsam. Das hat Baku als neuen Affront gesehen und seither überhäufen sich beide Seiten mit Kritik und Vorwürfen.
Offene Kritik an Russland – haben sich die Machtverhältnisse zwischen Aserbaidschan und Russland verschoben?
Aserbaidschan ist in den letzten Jahrzehnten dank seiner Exporte von Öl und Gas sehr wohlhabend und militärisch stark geworden. Mit der Türkei hat das Land zudem einen sehr mächtigen regionalen Partner. Aserbaidschan ist eigenständig und will das auch unterstreichen. Russland hat sein wichtigstes Druckmittel gegenüber Aserbaidschan aufgegeben. Es war lange Schirmherr von Armenien, dem traditionellen Feind von Aserbaidschan. Vor zwei Jahren hat Russland Armenien im Stich gelassen und so Aserbaidschan die Rückeroberung und ethnische Säuberung der umstrittenen Region Bergkarabach ermöglicht. Damit hat der Kreml viel Einfluss im Südkaukasus aufgegeben.
Welche Rolle spielt der Ukraine-Krieg?
Moskau ist in gewissen Bereichen von Baku abhängig geworden. Wegen der Sanktionen ist Aserbaidschan seit dem Krieg in der Ukraine ein wichtiger Handelskorridor und Abnehmer von russischem Gas. Das erlaubt es Präsident Ilham Aliyev zu unterstreichen, dass sich Aserbaidschan von Russland nicht mehr herumkommandieren lässt. In einem Interview hat er seine Solidarität mit der Ukraine bekundet. Man solle sich nicht mit der Besetzung einzelner Landesteile abfinden.
Warum bekundet Aserbaidschans Präsident Solidarität mit der Ukraine?
Aliyev will mit seinen demonstrativen, unterstützenden Worten an die Ukraine dafür sorgen, dass sein Konflikt mit Russland auch im Westen nicht unbemerkt bleibt. Aserbaidschan kauft russisches Gas, um mehr vom eigenen Gas nach Europa zu exportieren. Für die EU ist das nicht besonders rühmlich, zumal Aliyev ein repressiver Autokrat ist und aggressiv gegen Armenien wettert. Indem er die Ukraine unterstützt und Moskau kritisiert, kann er seinen westlichen Partnern die bittere Pille, dass sie mit ihm Geschäfte treiben, sozusagen versüssen.
Wohin steuert der Konflikt zwischen Russland und Aserbaidschan?
Bei diesem Streit geht es auch um viel Show. Aliyev will in Europa als Kremlkritiker und vor seinem eigenen Volk als mutiger Verteidiger der Nation auftreten. Aber keine der beiden Seiten tastet bislang die wirtschaftlichen Beziehungen an. Russisches Gas fliesst weiter nach Baku. Aserbaidschan liefert weiter Früchte und Gemüse nach Russland. Es liegt in der gemeinsamen Logik der beiden Autokraten Putin und Aliyev, dass man auch mal Stärke zeigen muss, ohne die gemeinsamen Geschäfte zu gefährden.
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