• Ostdeutsche Chemiebetriebe kämpfen mit der wirtschaftlichen Lage, schöpfen aber Hoffnung etwa durch den Industriestrompreis.
  • Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut hält wenig vom Industriestrompreis: Hohe Energiekosten seien kein kurzfristiges Problem.
  • Paul Münnich vom Think Tank Agora Industrie fordert langfristige Pläne, um die Chemieindustrie klimaneutral zu machen.

Wachstum gibt es zwar noch nicht in der Chemiebranche, dafür aber ein wenig Hoffnung. Dank Koalitionsvertrag und Sofortprogramm. "Ein paar Themen, die Zuversicht bringen, die liegen auf dem Tisch. Das Thema Energiekosten, das Thema Bürokratieabbau, das Thema Steuern. Allein, es ist eben noch nichts angekommen", sagt Jutta Matreux, Werkleiterin bei Wacker in Nünchritz und Vorstandsvorsitzende des Chemieverbandes Nordost.

Ostdeutsche Chemiebetriebe kämpfen mit der wirtschaftlichen Lage

Wie im ganzen Bundesgebiet kämpfen auch die ostdeutschen Chemiebetriebe mit der wirtschaftlichen Lage, so Matreux: "Wir fühlen einen hohen konjunkturellen und geopolitischen Gegenwind. Alle unsere Abnehmerbranchen fühlen diesen Gegenwind. Deswegen haben wir auf der einen Seite Auftragsmangellage und auf der anderen Seite eine sehr schwierige Kostensituation hier in Deutschland."

Neben Überregulierung und hohen Löhnen mache die teure Energie einen großen Teil dieser schwierigen Kostensituation aus – ein Nachteil gegenüber den Chemiebranchen in den USA oder China. Matreux' Verband begrüßt deshalb den kürzlich von der EU genehmigten Industriestrompreis, mit dem die Koalition den Preis für energieintensive Betriebe von aktuell etwa 80 auf 50 Euro pro Megawattstunde senken möchte: "Unsere Energie, gerade in der Chemie, muss einfach international wettbewerbsfähig werden. Je schneller, desto besser."

Holtemöller gegen Industriestrompreis

Oliver Holtemöller, stellvertretender Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, hält von der Maßnahme wenig. Denn nach den europäischen Vorgaben kann ein Industriestrompreis nur drei Jahre subventioniert werden: "Wir gehen nicht davon aus, dass wir nur kurzfristig diese Probleme haben, dass die Energiekosten in Deutschland hoch sind, sondern wir werden auf absehbare, auf längere Zeit hohe Energiekosten in Deutschland haben."

Um dauerhaft die Kosten zu senken, müsse sich die Energieversorgung in Deutschland strukturell ändern, so Holtemöller. Beim derzeitigen Tempo der Energiewende und gleichzeitig fehlender Atomkraft sei das kaum denkbar. Die Chemiebranche sollte sich auf ihre Innovationskraft konzentrieren, anstatt sich auf einen Preiskampf einzulassen, den sie ohnehin nicht gewinnen kann.

Agora Industrie fordert Subventionen, um Chemieindustrie klimaneutral zu machen

Auch Paul Münnich vom Think Tank Agora Industrie fordert langfristige Pläne. Im Gegensatz zu Holtemöller aber auch so lange Subventionen, um die Chemieindustrie klimaneutral zu machen und Investitionen anzuregen. Denn weiter auf fossile Energie zu setzen sei keine Option: "Es gibt weder die Ziele für einen Ausstieg aus Öl als Rohstoff für die Chemieindustrie, noch gibt es die entsprechenden Unterstützungsmaßnahmen, damit Investitionen wirklich auch im großen Maße angeschoben werden können. Es gibt aber auch Positivbeispiele in dem Bereich. Gerade wenn man nach Leuna blickt, da wird aktuell durch ein ansässiges Unternehmen eine Bio-Raffinerie aufgebaut, die aus nachhaltiger Biomasse Chemikalien herstellt."

Ein Besuch dieser Bio-Raffinerie UPM in Leuna steht auch auf dem Terminzettel der Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche. Ob es dem Unternehmen besser geht als dem Durchschnitt der Branche, wird sie dann erfahren.

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