Drei mutmaßliche "Reichsbürger" der Reuß-Gruppe in U-Haft
Inhalt des Artikels:
- Festnahmen führender Köpfe schon 2022
- Waffen und Datenträger gefunden
- Angeblich Angriff auf den Bundestag geplant
- Angeklagter Christian W. hatte monatelang Kontakt mit Tatverdächtiger
- Drei laufende Prozesse gegen Reichsbürger-Gruppe Reuß
Nach einer Razzia in Sachsen, Bayern und Thüringen gegen die Reichsbürger-Szene am Donnerstag sind die drei dabei festgenommenen Männer in Untersuchungshaft genommen worden. Den Männern im Alter zwischen 45 und 61 Jahren wurden am Oberlandesgericht in München Haftbefehle eröffnet. Wie die Generalstaatsanwaltschaft in München mitteilte, wird ihnen vorgeworfen, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung zu sein. Die "Reichsbürger"-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß soll geplant haben, die staatliche Ordnung gewaltsam zu beseitigen.
Nach MDR-Informationen stammen zwei der festgenommenen Männer aus Chemnitz und dem Erzgebirge, der dritte Beschuldigte aus Bayern. Nach Recherchen von MDR Investigativ gab es am Donnerstag auch eine Durchsuchung bei einer 46-jährigen Frau in Thüringen. Sie soll im vergangenen Jahr aus Bayern nach Heiligenstadt im Landkreis Eichsfeld gezogen sein.
Aufnahme am Schloss Waidmansheil aus dem August 2022: Die Frau (rechts) ist eine Tatverdächtige, gegen die im Reuß-Verfahren ermittelt wird. Links ein bereits im Verfahren Angeklagter.Bildrechte: Mitteldeutscher RundfunkWas über die Tatvedächtige aus Thüringen bekannt ist
Gegen die Frau wird bereits seit dem 27. November 2022 in dem gesamten Reuß-Verfahren ermittelt. Das geht aus internen Unterlagen des Bundeskriminalamtes und weiterer Ermittlungsbehörden hervor, die MDR Investigativ einsehen und auswerten konnte. Demnach wird ihr unter anderem die Unterstützung der Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß vorgeworfen werden. Sie soll unter anderem an einer Schießübung mit zwölf anderen Tatverdächtigen am 4. April 2022 auf dem Schießplatz Oschenberg bei Bayreuth teilgenommen haben.
Darüber hinaus soll sie mit einer Reihe von anderen inzwischen Angeklagten und Tatverdächtigen bei einem Treffen am 13. August 2022 in Thüringen gewesen sein. Damals hatte Reuß eine ganze Reihe von Unterstützern auf sein Schloss Wardmansheil eingeladen. Das Treffen wurde damals vom Bundesamt für Verfassungsschutz und weiteten Behörden überwacht.
Die Frau war zwischen 2006 und 2014 Zeitsoldatin bei der Bundeswehr. Das geht aus vertraulichen Unterlagen des Bundeswehrgeheimdienstes MAD hervor, die der MDR einsehen konnte. Demnach war sie unter anderem bei der Nachschub- und Transportstaffel eines in Bayern stationierten Jagdgeschwaders der Bundesluftwaffe tätig.
Festnahmen führender Köpfe schon 2022
Einige führende Mitglieder dieser Gruppe um Prinz Reuß waren bereits im Dezember 2022 in ganz Deutschland festgenommen worden. Nach Angaben des Landeskriminalamts sind im Rahmen der Ermittlungen nun weitere Menschen identifiziert worden, die diese Gruppe unterstützt oder sich an den Vorbereitungen zu einem Staatsstreich beteiligt haben sollen.
Der mutmaßliche Kopf der Gruppe: Heinrich XIII. Prinz Reuß beim Prozess in Frankfurt am Main.Bildrechte: picture alliance/dpa | Helmut FrickeWaffen und Datenträger gefunden
Bei den aktuellen Durchsuchungen habe man Waffen, aber auch etliche Datenträger gefunden, die nun untersucht und ausgewertet werden sollen, hieß es. Insgesamt waren den Angaben zufolge 300 Polizeibeamte an den Durchsuchungen und Festnahmen beteiligt. Es habe acht Durchsuchungen in drei Bundesländern gegeben, in Bayern in den Landkreisen Forchheim und Nürnberger Land, im Erzgebirgskreis und in Chemnitz in Sachsen sowie in Thüringen im Eichsfeld – nach MDR-Informationen in Heiligenstadt. Im Juni gab es auch Durchsuchungen in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen.
Angeblich Angriff auf den Bundestag geplant
Das bayerische Landeskriminalamt ermittelt nach eigenen Angaben gegen fünf Männer und eine Frau im Alter von 40 bis 61 Jahren. Diese sollen im April 2022 in einer ehemaligen Schießanlage der Bundeswehr nahe Bayreuth in Oberfranken an einem Schießtraining teilgenommen haben.
Nach MDR-Recherchen nahmen an dieser Übung insgesamt 13 Personen teil – darunter unter einem Alias-Namen Rüdiger von P., ein ehemaliger Bundeswehroffizier, der derzeit neben Reuß als zweiter mutmaßlicher Rädelsführer in Frankfurt am Main vor Gericht steht und den Ermittlern als militärischer Kopf der Gruppierung gilt. Das geht aus Ermittlungsunterlagen hervor, die der MDR auswerten konnte.
Aus den Unterlagen geht hervor, dass die Ermittler bei Peter W., einem weiteren Teilnehmer des Trainings, ein handschriftlich ausgefülltes Formular mit der Überschrift "Schießdokument" fanden. Darauf stehen die Namen aller 13 Teilnehmer. Peter W., der ebenfalls inzwischen in Frankfurt am Main angeklagt wurde, soll die Platzmiete in Höhe von 168 Euro bezahlt haben.
Angeklagter Christian W. hatte monatelang Kontakt mit Tatverdächtiger
Teilgenommen hatte offenbar auch der in München Angeklagte Christian W., der bei der Großrazzia gegen die Gruppe Reuß Ende Dezember 2022 im sächsischen Olbernhau festgenommen worden war. Er gilt laut Anklage ebenfalls als einer der wichtigsten Akteure im militärischen Flügel der Gruppierung.
W. soll über Monate Kontakt zu der tatverdächtigen Frau aus Heiligenstadt gehabt haben. Das geht aus überwachten Telefongesprächen hervor, die der MDR auswerten konnte.
Drei laufende Prozesse gegen Reichsbürger-Gruppe Reuß
Gegen die "Reichsbürger"-Gruppe Reuß laufen derzeit bundesweit drei große Terrorprozesse gegen insgesamt 26 mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer der Vereinigung. Die Gruppe war nach einer Anti-Terror-Razzia im Dezember 2022 bekanntgeworden. Die Beschuldigten sollen einen gewaltsamen Umsturz der Bundesregierung geplant und dabei bewusst Tote in Kauf genommen haben. Oberhaupt einer neuen Staatsform hätte Heinrich XIII. Prinz Reuß werden sollen.
epd/AFP/dpa/MDR (akq)
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