Die Bundesregierung stemmt sich nicht länger gegen Einreisevisa für eine afghanische Familie. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios nahm sie eine Beschwerde gegen eine Gerichtsentscheidung zurück.

Das Auswärtige Amt geht nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios nicht weiter gegen die gerichtliche Verpflichtung vor, einer afghanischen Familie mit Aufnahmezusagen aus dem Bundesaufnahmeprogramm Visa zu erteilen. Es hat die Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückgenommen.  

Geklagt hatten eine Afghanin und ihre Familie, die seit rund anderthalb Jahren in Pakistan auf die Ausreise nach Deutschland warten. Im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan hatten sie im Oktober 2023 von Deutschland eine Aufnahmezusage erhalten. Diese Zusage ist rechtlich verbindlich und die Bundesregierung verpflichtet entsprechende Visa auszustellen, hatte das Verwaltungsgericht Berlin Anfang Juli entschieden. Das Leben der Frau sei in Afghanistan unter den Taliban gefährdet.

Visa-Ausstellung dürfte sich hinziehen

Wie schnell die Ausstellung von Visa allerdings tatsächlich erfolgt, ist offen. Man habe die Botschaft in Islamabad angewiesen, die Visa zu erteilen, teilte das Auswärtige Amt dem Verwaltungsgericht Berlin mit. Allerdings müssten noch "diverse Vorbereitungshandlungen" für die Einreise vorgenommen werden. Das werde "voraussichtlich mehrere Wochen in Anspruch nehmen". So müssten etwa bei den pakistanischen Behörden Ausreisegenehmigungen beantragt und die Ausreise organisiert werden. Diese Prozesse würden nunmehr angestoßen. 

In der Vergangenheit hatte die Bundesregierung Charterflüge für Afghaninnen und Afghanen aus den Aufnahmeprogrammen organisiert. Der letzte Flug fand Mitte April statt.

Mitte Juni hatten zahlreiche weitere Betroffene Klagen eingereicht. Nach Auskunft des Verwaltungsgerichts Berlin waren rund 20 dieser Eilverfahren erfolgreich. Das heißt, das Auswärtige Amt wurde jeweils verpflichtet, die Visa zu erteilen. 18 Fälle betrafen das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan, zwei Fälle die sogenannte Überbrückungsliste. In der "Mehrzahl dieser Entscheidungen" sei Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt worden, jedoch nicht in allen Fällen, so ein Sprecher des Verwaltungsgerichts.  

Hunderte Menschen warten auf Ausreise

In Pakistan warten nach Angaben des Bundesinnenministeriums derzeit noch rund 2.300 Personen aus den verschiedenen Aufnahmeprogrammen auf eine Ausreise nach Deutschland. Darunter circa 1.230 Personen aus dem Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan, circa 280 Personen aus dem Ortskräfteverfahren, circa 60 Personen von der sogenannten Menschenrechtsliste und circa 720 Personen aus dem Überbrückungsprogramm.

Anfang der Woche gab es wieder eine Festnahmewelle, von der auch knapp 300 Menschen mit deutschen Aufnahmezusagen betroffen sind. In rund 35 Fällen kam es mittlerweile auch zu Abschiebungen nach Afghanistan.

Pakistan geht seit Monaten immer wieder hart gegen afghanische Flüchtlinge vor. Aus der Gruppe der 2.300 Menschen mit Aufnahmezusage wurde immer wieder berichtet, dass sie Angst vor Abschiebungen haben, ihre Situation in Pakistan äußerst prekär ist. Bereits im Juli wurden zwei Familien mit Aufnahmezusage festgenommen. Sie wurden nach Intervention des Auswärtigen Amts allerdings wieder freigelassen. Zum Jahreswechsel waren bereits sechs Menschen aus den Aufnahmeprogrammen nach Afghanistan abgeschoben worden. Sie konnten kurz darauf aber wieder nach Pakistan einreisen.

BAMF-Mitarbeiter wieder in Pakistan

Die Situation der Menschen bereite "uns große Sorge", teilte das Auswärtige Amt am Freitag mit - dem Jahrestag der Machtübernahme der Taliban. "Wir stehen mit der pakistanischen Regierung deshalb hochrangig in Kontakt, um den Schutz dieser Menschen zu gewährleisten und denjenigen, die in den letzten Tagen entweder abgeschoben oder verhaftet wurden, schnell zu helfen."

"Seit Kurzem" befänden sich wieder Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Pakistan, um die Verfahren zu prüfen, teilte das Bundesinnenministerium auf Nachfrage des ARD-Hauptstadtstudios mit. Außerdem werde die erneute Entsendung von Mitarbeitenden zur Fortführung der Sicherheitsüberprüfungen derzeit geprüft. Sie waren wegen der "militärischen Auseinandersetzungen zwischen Indien und Pakistan" im Mai abgezogen worden. Ab Juni 2023 hatte die Bundesregierung diese zusätzlichen Sicherheitsüberprüfungen durch Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz durchgeführt. 

Die neue Bundesregierung hatte die Aufnahmeverfahren nach Amtsantritt außerdem "ausgesetzt", um zu prüfen, wie sie mit den Aufnahmezusagen umgehen will. Im Koalitionsvertrag hatten CDU/CSU und SPD vereinbart, Aufnahmeprogramme - "soweit wie möglich" - zu beenden.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke