Interessensverband fordert Kontrollen bei Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege
- Die Interessenvertretung der Pflegebedürftigen Biva fordert unabhängige Kontrollen häuslicher Pflege durch Angehörige, um Vernachlässigung zu verhindern.
- Der Medizinische Dienst sieht sich als mögliche unbefangene Kontrollinstanz.
- Die Meinung darüber, wie groß das Problem tatsächlich ist, gehen auseinander.
Ein fiktives Beispiel: Frau Müller ist 81 Jahre alt und leicht dement. Sie wohnt allein und braucht regelmäßig Hilfe, ergibt ein Gutachten des Medizinischen Dienstes. Kein Problem, denkt sich ihr Sohn und verspricht, sich dreimal wöchentlich zu kümmern. Einen Pflegedienst lehnt Frau Müller daher ab. Doch nach ein paar Monaten werden aus den drei Besuchen nur noch zwei, irgendwann kommt der Sohn nur noch ein Mal pro Woche.
Interessenvertretung fordert Kontrollen bei häuslicher Pflege
Ulrike Kempchen von Biva, der Interessenvertretung der Pflegebedürftigen, sagt, zu solchen Situationen komme es durchaus oft. Sie spricht von einem Problem und fordert Kontrollen. "Genau darum geht es, dass ich in diese Häuslichkeit, wo ich nicht reinschauen kann, dass ich da ein bisschen Licht ins Dunkle bringe." Es gebe auch Fälle, wo Menschen verwahrlost seien, sagt sie. Denn am Ende der Fahnenstange habe man immer eine pflegebedürftige Person, die versorgt werden müsse.
Zumal es für die Pflege durch Angehörige ja auch Geld gibt. Die Pflegekasse zahlt monatlich zum Beispiel für Pflegegrad 2 knapp 350 Euro. Geld, das dann auch für Pflege ausgegeben werden und nicht auf die hohe Kante gelegt werden sollte, meint Ulrike Kempchen. Es mangele jedoch an echten Kontrollen.
Pflegedienste bei Beratungsgesprächen befangen
Zwar kommen Pflegedienste regelmäßig zu Beratungsgesprächen vorbei. Doch die Pflegedienste seien befangen, kritisiert der Biva-Pflegeschutzbund. Denn sie hätten ein Eigeninteresse daran, die Pflege von den Angehörigen zu übernehmen. "Daher wäre es sinnvoll, wenn wir neutrale Personen hinschicken könnten, die nach dem Rechten sehen", sagt Kempchen.

Doch wer könnte diese neutralen Personen schicken? Genau hier bringt sich der Medizinische Dienst ins Spiel. Jens Hennicke, MD-Geschäftsführer in Sachsen-Anhalt, schlägt im Gespräch mit MDR AKTUELL vor, den Medizinischen Dienst diese Kontrollen übernehmen zu lassen. "Dann würden wir auch Pflegedienste entlasten". Wenn man sich gerade bei Geldleistungen regelmäßig den Pflegebedürftigen ansehen könnte – dafür brauche es eine Gesetzesänderung – wäre das eine Aufgabe, die man gern annehme.
Keine Zahlen zu Verwendung von Pflegegeld
Konkrete Zahlen, wie oft Pflegegeld nicht für Pflege eingesetzt wird, gibt es nicht. Und über die Größe des Problems gehen die Meinungen auseinander. Während der Biva-Pflegeschutzbund durchaus Handlungsbedarf sieht, spricht Viola August, Pflegeexpertin der AOK in Sachsen-Anhalt, von Einzelfällen: "Wir haben in der ambulanten Pflege ungefähr 80.000 Versicherte. Das große Ganze ist eine gesicherte Pflege."
Unabhängig davon, ob es um viele oder wenige Fälle geht – die Forderung nach mehr Kontrollen bei der Pflege durch Angehörige dürfte durchaus Brisanz enthalten. Denn Pflege durch Angehörige ist nicht nur eine Frage von Fürsorge, sondern oft auch mit finanziellen Belastungen verbunden. Laut einer Studie des Sozialverbands VdK lebt jede fünfte pflegende Person in Armutsgefährdung, bei Frauen sogar jede vierte.
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