Immer mehr Gasthöfe schließen: "Die Entwicklung ist schon dramatisch"
- Der Landgasthof Michelwitz bei Groitzsch steht nach 37 Jahren Betrieb von Mario Bliß und seiner Frau derzeit leer.
- Bundesweit hat in den vergangenen Jahren jede dritte Kneipe zugemacht, vor allem wegen Bürokratie, steigender Kosten und Personalmangel, besonders im ländlichen Raum.
- Politische Maßnahmen wie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen sollen Gastronomen entlasten und den Fortbestand familiengeführter Kneipen sichern.
Wir stehen vor dem Landgasthof Michelwitz. Er befindet sich bei Groitzsch im Leipziger Land, im Dreiländereck zwischen Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Mario Bliß hat den Gasthof 37 Jahre gemeinsam mit seiner Frau bewirtschaftet: "Es ist alles noch da, der Saal ist hinten. Eigentlich ist es schade darum, dass alles leer steht zurzeit."
Aus für Gasthof nach 37 Jahren
Theoretisch könne man sofort loslegen, meint Bliß. "Die Küche ist eingerichtet. Es ist alles da. Wir haben das 37 Jahre gemacht und haben gut davon gelebt. Wir hatten sehr viel Stammgäste. Immer Familienfeiern im Saal. Es lief gut." Als noch geöffnet war, kamen die Gäste aus Nah und Fern, sogar aus Leipzig. Es gab Feiern zur Taufe, Feiern für junge ABC-Schützen, Geburtstags- und Hochzeitspartys und natürlich den üblichen Kneipenbetrieb. Doch am 1. Januar diesen Jahres habe Bliß seine Gaststätte aus Altersgründen schließen müssen. "Und man muss auch sagen: Corona hat uns geschafft. Wir haben viel mitgemacht. Von Ostmark zu D-Mark von D-Mark zum Euro und das Schlimmste war eigentlich Corona für uns".
Keine Einzelfälle – Gaststättenverband sieht dramatische Entwicklung
Mario Bliß hat die Coronahilfen aus einem privaten Vermögen zurückgezahlt, um den Gasthof schuldenfrei übergeben können. Es sei schwer, einen Nachfolger zu finden. Solange es keinen gibt, bleibt der idyllische Landgasthof geschlossen. Kein Einzelfall, beklagt Axel Klein vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband in Sachsen: "Das klassische Kneipensterben ist leider real. Und es betrifft nicht nur Sachsen." Besonders in Dörfern und kleinen Städten würden immer mehr Eckkneipen und Traditions-Gaststätten schließen. "In den vergangenen zehn Jahren haben allein in Sachsen mehrere hundert solche Betriebe aufgegeben. Die Entwicklung ist schon dramatisch."
Hohe Energiepreise und viel Bürokratie als Ursache
In ganz Deutschland hat in den vergangenen Jahren nach offiziellen Zahlen jede dritte Kneipe schließen müssen. 2015 gab es noch etwa 31.000 Kneipen, 2022 waren es nur noch rund 21.000. Die Gründe seien vor allem: Bürokratie, hohe Energie - und Warenkosten sowie Kostendruck durch steigende Löhne, so Klein. Da sei es kein Wunder, wenn niemand mehr in der Gastronomie arbeiten wolle, bedauert Luise Neuhaus-Wartenberg, kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Sächsischen Landtag.
Gerade im ländlichen Raum seien Kneipen wichtige Ankerpunkte des Zusammenlebens. "Damit genügend Leute eine Kneipe führen, dort arbeiten und vor allem dort Essen und Trinken können, müssen die Belastungen geringer werden. Die Betriebe sollten weniger Bürokratie bewältigen müssen." Wichtig sei auch eine möglichst einfache und digitale Organisation. "Da geht es zum Beispiel um die Meldung beim Finanzamt. Das spart Personalkosten und Zeit."
Politik will mit Mehrwertsteuersenkung Kneipensterben entgegenwirken
Zumindest in einem Punkt hat die Politik gehandelt. Ab 1. Januar 2026 wird die Mehrwertsteuer auf Speisen auf sieben Prozent gesenkt. Dadurch sollen Gastronomen entlastet und die Wirtschaft in Schwung gebracht werden. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Sachsen begrüßt das, viele familiengeführte Kneipen würden dadurch gerettet. Ob diese Steuerentlastung aber auch beim Restaurantbesucher ankommen wird, ist fraglich.
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