Erstmals wird einem Menschen eine Schweinelunge transplantiert
Die Forschenden transplantierten einem 39-jährigen Mann die linke Lunge eines Schweins, in dem sechs genetische Veränderungen vorgenommen wurden, die eine Abstoßung des Organs verhindern sollen. Der Mann hatte 16 Tage zuvor eine Hirnblutung erlitten und galt seitdem als hirntot.
Unmittelbar nach der Transplantation blieb die Schweinelunge funktionstüchtig und durchblutet, ohne hyperakute Abstoßung oder schwere Infektionen. Doch bereits nach 24 Stunden kam es zu einem starken Lungenödem. Ab dem dritten und sechsten Tag zeigten sich dann Zeichen einer Abstoßung durch das Immunsystem. Am neunten Tag besserte sich der Zustand teilweise – die Abwehrreaktion ging zurück. Auf Bitten der Familie des Patienten wurde das Experiment jedoch zu diesem Zeitpunkt abgebrochen – die Angehörigen hatten vor dem Eingriff eine schriftliche Einverständniserklärung für die Operation erteilt.
Xenotransplantation einer Lunge gilt als besondere Herausforderung
Die Xenotransplantation einer Lunge, also vom Tier auf den Menschen, gilt als besonders herausfordernd, da das Organ durch den direkten Kontakt mit der Umwelt und durch die empfindliche Gefäßstruktur äußerst anfällig für eine Abstoßung, Entzündung oder Infektion ist.
"Die Lunge ist derzeit das am schwersten zu transplantierende Organ in Xenotransplantationsmodellen – die Überlebenszeiten liegen bei wenigen Stunden bis maximal etwa einer Woche. Das unterscheidet sie deutlich von anderen Organen wie Herz, Niere oder Leber", sagt Joachim Denner, Leiter der Arbeitsgruppe Virussicherheit der Xenotransplantation am Institut für Virologie der Freien Universität Berlin.
Forschende räumen methodische Mängel ein
Die Abwehrreaktion des Patienten könnte unter anderem auf eine unzureichende Immunsuppression zurückzuführen sein. So geben die Forschenden an, dass sie einen wichtigen Teil der Kommunikation im Immunsystem nicht blockiert hatten: den sogenannten CD40/CD40L-Signalweg. Dieser löst eine Vielzahl zellulärer Prozesse aus, die für die Immunabwehr relevant sind. Eigentlich gilt die Blockade des CD40/CD40L-Signalwegs mittlerweile als Standardbehandlung bei Transplantationen, um die Abstoßung des Spenderorgans zu verhindern.
"Trotz dieser Limitationen ist das Ergebnis von großer Bedeutung", beurteilt Konrad Fischer, Leiter der Sektion Xenotransplantation und Personalverantwortlicher für die Großtieranlagen an der Technischen Universität München, das Experiment. "Es zeigt, dass eine xenogene Lungentransplantation technisch möglich ist und dass wesentliche immunologische Barrieren überwunden werden können. Für die langfristige Organtransplantation werden jedoch zusätzliche genetische Modifikationen notwendig sein."
Eine mögliche Lösung für den Mangel an Spenderorganen
In den vergangenen Jahren wurden im Forschungsfeld der Xenotransplantation bereits wichtige Meilensteine erreicht: Neben erfolgreichen präklinischen Studien wurden sowohl Schweineherzen als auch Schweinenieren in Menschen transplantiert.
Solche Eingriffe haben gezeigt, dass gentechnisch veränderte Schweineorgane prinzipiell im menschlichen Körper funktionieren können. Anfang 2025 wurden in den in den USA erstmals klinische Studien zur Xenotransplantation von Schweinenieren genehmigt.
"Aus Patientensicht ist dieser Fortschritt der Xenotransplantation bereits jetzt von Relevanz. Gerade für Menschen mit schwersten Lungenerkrankungen, die oft jahrelang auf ein Spenderorgan warten oder nie eines erhalten, weckt dieser Versuch neue Hoffnungen", so Joachim Denner von der FU Berlin. "Die Arbeit zeigt, dass eine realistische Perspektive für zukünftige Schweinelungen als Spenderorgane besteht und damit eine mögliche Lösung für den gravierenden Mangel an Spenderlungen."
Trotzdem verweist Denner auch darauf, dass die Verwendung von Hirntoten als präklinisches Modell für die Xenotransplantation von vielen Forschenden sehr kritisch gesehen werde. "Der Hirntod geht mit erheblichen pathophysiologischen Veränderungen einher. Es ist deshalb schwierig festzustellen, ob das Versagen oder die Funktionsstörung des Transplantats auf die Auswirkungen des Hirntods oder auf eine Immun-/Entzündungsreaktion auf das Xenotransplantat zurückzuführen ist."
Links/Studien
He, J. et al.: Pig-to-human lung xenotransplantation into a brain-dead recipient. Nature Medicine, 2025.
pm/smc/tj
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