• Die regionalen Unterschiede bei den Maßeinheiten gehen auf den Einfluss der USA im Westen und der Sowjetunion im Osten zurück.
  • Beide Maßeinheiten sind gleichermaßen aussagekräftig, können aber leicht verwechselt werden.
  • Die Deutsche Diabetes Gesellschaft drängt auf eine Vereinheitlichung, beim Deutschen Diabetiker Bund sieht man keinen akuten Handlungsbedarf.

Auch wenn die deutsche Wiedervereinigung 35 Jahre her ist, ist die Einheit noch nicht überall vollzogen. In den diabetologischen Praxen zum Beispiel. Da, wo es auf eine exakte Bestimmung des Blutzuckerwertes ankommt. Im Osten misst man ihn überwiegend in der Einheit Millimol pro Liter, im Westen in Milligramm pro Deziliter.

Unterscheidung hat historische Gründe

Karsten Müssig, Chefarzt an den Niels-Stensen-Kliniken im Kreis Osnabrück und Vorstandsmitglied bei der Deutschen Diabetes Gesellschaft, erklärt: "Tatsächlich ist es historisch bedingt, dass man in den Bundesländern unterschiedliche Maßeinheiten hat. In den westdeutschen Bundesländern stand man vielleicht unter dem Eindruck der USA, wo tatsächlich noch im medizinischen Bereich für das Messen des Blutzuckers Milligramm pro Deziliter verwendet wird. In den Ländern, die unter dem Einfluss der Sowjetunion standen, ist hingegen eher die Einheit Millimol pro Liter verwendet worden."

Tatsächlich ist es historisch bedingt, dass man in den Bundesländern unterschiedliche Maßeinheiten hat.

Karsten MüssigDeutsche Diabetes Gesellschaft

Die Trennung vollzog sich in den 1970er Jahren. Da entschied sich die DDR für die Maßeinheit Millimol. 1977 empfahl auch die Weltgesundheitsorganisation Millimol pro Liter. Seitdem ist diese Angabe international die am weitesten verbreitete. Die Bundesrepublik blieb trotzdem bei der Einheit Milligramm pro Deziliter.

Unterschiedliche Maßeinheiten können zu Verwirrung führen

Dabei sind beide Einheiten gleichermaßen aussagekräftig, sagt Michael Lomb. Er ist Vorstandsmitglied bei der Selbsthilfeorganisation Deutscher Diabetiker Bund. "Millimol pro Liter bestimmt die Anzahl der Zuckerteilchen pro Liter. Und bei Milligramm pro Deziliter ist das Gramm drin und gibt das Gewicht der Zuckerteilchen pro Deziliter an." Fachpublikationen geben meistens beide Maßeinheiten an. Auch Blutzuckermessgeräte konnten früher zwischen den Angaben wechseln. Seit 2006 dürfen sie aber nur noch mit einer Maßeinheit vertrieben werden, damit keine Verwechslungsgefahr entsteht.

Trotzdem gebe es immer wieder Fälle, bei denen die verschiedenen Einheiten zu Verwirrung führten, sagt Chefarzt Müssig. Teilweise sei das riskant, weil je nach Angabe der Eindruck einer schweren Überzuckerung oder Unterzuckerung entstehen kann. Müssig berichtet von einer Fortbildung angehender Diabetesberater: Dort hätten gerade die, die aus dem Grenzgebiet von neuen und alten Bundesländern kamen, über ähnliche Problematiken berichtet. "Das waren dann immerhin fünf von 32 Anwesenden, die schon einmal so eine Problematik hatten. Also durchaus eine Zahl von klinischer Relevanz, würden wir sagen." Es müsse deshalb sehr genau darauf geachtet werden, womit eigentlich gerechnet wird.

Vereinheitlichung der Maßeinheiten bleibt umstritten

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft wünscht sich deshalb eine Maßeinheit für ganz Deutschland. Michael Lomb vom Deutschen Diabetiker Bund widerspricht aber: "Das jetzt umzustellen, ist derart schwierig, wenn man die Relation von alten zu neuen Bundesländern nimmt. Das führt zu einem erhöhten Beratungsbedarf in den Arztpraxen, das bringt auch Unsicherheiten bei Schulungen mit sich und so weiter." Lomb sieht deshalb im Moment keine akute Notwendigkeit, eine Vereinheitlichung durchzusetzen.

In der Vergangenheit sind entsprechende Anläufe auch immer wieder gescheitert. Diabetes-Gesellschaft-Vorstand Müssig ist sich aber sicher: Irgendwann kommt auch bei der Blutzuckermessung die Einheit. Bis dahin kann man Milligramm und Millimol umrechnen.

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