Politologe: AfD-Alleinregierung in Sachsen-Anhalt nicht unwahrscheinlich
Der Anspruch ist unüberhörbar da. Reine Lehre, keine Kompromisse: Ulrich Siegmund, der Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 6. September kommenden Jahres, hat ehrgeizige Ziele: "Wir möchten dieses Land grundsätzlich vom Kopf auf die Füße stellen", sagt der 34-jährige Oppositionsführer dem MDR.
"Deswegen möchten wir auch keine Kompromisse mit einer Koalition machen, wo die einzelnen Parteien jahrelang gegen dieses Land gearbeitet haben", kündigt Siegmund an. "Wir möchten alleine regieren, ohne einen Koalitionspartner. Dazu brauchen wir zwischen 42 und 45 Prozent – je nachdem, wie viele andere Parteien reinkommen."
AfD benötigt etwas weniger als 50 Prozent der Stimmen

Weniger als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen und dennoch die Mehrheit im Landtag: Das geht, bestätigt der Chemnitzer Politologe Benjamin Höhne im MDR-Gespräch: "Das ist auch ein nicht ganz unwahrscheinliches Szenario, dass es zu einer Alleinregierung der AfD kommt. Dafür braucht sie die absolute Mandatsmehrheit." Das bedeute, die Partei brauche nicht die Stimmenmehrheit, sie müsse also nicht 50 Prozent der Stimmen gewinnen, erklärt Höhne. "Es reichen dann schon deutlich weniger Stimmen, um die Mehrheit – 50 Prozent der Mandate im Parlament – zu bekommen.
Siegmund hat also recht: Je mehr Klein- und Kleinstparteien an der 5-Prozent-Hürde scheitern, desto besser für die AfD. "Je mehr Parteien das passiert, desto weniger, kann man als Faustformel sagen, braucht die AfD an Stimmen, um tatsächlich dann als Alleinregierung die Macht in Sachsen-Anhalt zu übernehmen", sagt Höhne.
Die CDU in Sachsen-Anhalt muss nach links schauen
Sachsen-Anhalt sollte sich auf Thüringer Verhältnisse einstellen: Die CDU müsste eine Spielart der Erfurter Brombeer-Koalition finden, um die in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD als stärkste Kraft auf die Oppositionsbank zu verbannen. Das könnte ein politischer Kraftakt werden. "Die CDU muss sich da im Grunde gegenüber der Linkspartei öffnen." Wie beweglich oder flexibel sie ist, zeige sie auch in Thüringen, indem sie eben mit dem BSW zusammen eine Koalition eingegangen sei, erinnert Höhne. "Auch in Sachsen arbeitet man mit der Linkspartei durchaus zusammen: Die Minderheitsregierung unter Kretschmer. Die CDU bringt diese Flexibilität mit sich."
Wenn die Wahltaktik der AfD, erst einmal alles zu fordern – sprich die Alleinregierung – nicht aufgeht, dürfte sie ihr "Keine-Koalition"-Dogma sicher schnell über Bord kippen. Aber die Partnersuche wird schwierig für die Rechtspopulisten", sagt Höhne voraus.
Nur ein möglicher Koalitionspartner
"Da gibt es im Grunde nur eine denkbare, mehr oder minder wahrscheinliche Option, und das ist in der Tat das BSW." Höhne könne sich vorstellen, da beide Parteien als Anti-Establishment-Parteien eingeordnet werden könnten, dass es Schnittmengen gebe, "wenn es um soziale Dinge für den, in Anführungsstrichen, kleinen Mann geht."
Wer weiß: Vielleicht gibt es in einem Jahr dann ein ganz neuartiges 'Magdeburger Modell'. Der scheidende Landesvater jedenfalls hat seine Konsequenz für den Fall einer AfD-Regierungsbeteiligung bereits gezogen. Im "Bild"-Interview kündigte Reiner Haseloff an, dann dem Land womöglich den Rücken kehren zu wollen. "Wenn wirklich sozusagen das Schlimmste eintreten würde, und die AfD käme zur Macht, das wäre für mich dann tatsächlich die Grundsatzüberlegung, ob ich dann, nach 72 Jahren, meine Heimat verlassen würde."
MDR AKTUELL
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