In Dresden erscheint vor 150 Jahren die erste Winnetou-Geschichte
- Vor 150 Jahren erschien Winnetou erstmals als literarische Figur in einer Dresdner Zeitschrift.
- Mit ironischen Worten und Slapstick beginnt die Erfolgsgeschichte einer der berühmtesten Figuren der deutschen Literatur.
- Seine Winnetou-Romane brachten Karl May wenig später große Berühmtheit – sein Western-Universum prägt bis heute die deutsche Popkultur.
Vor 150 Jahren hat Winnetou das Licht der Welt erblickt: und zwar in Dresden, in einer neu gegründeten Zeitschrift mit dem Titel "Deutsches Familienblatt – Wochenschrift für Geist und Gemüt zur Unterhaltung für jedermann".
In dieser Zeitschrift vom 4. September 1875 findet sich die erste, vier Seiten lange Kurzgeschichte mit dem Titel "Inn-nu-woh, der Indianerhäuptling". Sie erscheint damals in der Rubrik "Aus der Mappe eines Vielgereisten, von Karl May". Winnetou heißt also bei seinem Debüt noch Inn-nu-woh. Der Erzähler trägt noch keinen Namen, erinnert aber bereits an Old Shatterhand.

Das waren Winnetous erste Worte
Die Geschichte spielt im heißen Sommer auf einem Mississippi-Dampfer, der 1.000 Kilometer flussaufwärts nach St. Louis unterwegs ist. Ein Tierbändiger, der einen Löwen, eine Tigerin und ein Stachelschwein mit sich führt, reist mit. Ein reicher Aristokrat, der sich zu langweilen beginnt, will Winnetou – beziehungsweise Inn-nu-woh – vorführen. Also wird ein Stachelschwein auf den Indianer losgelassen.
Doch dann kann sich aufgrund einer Wette des Aristokraten noch eine Tigerin aus dem Käfig befreien. Das Chaos scheint perfekt. Das wilde Tier will sich auf die schöne junge Aristokraten-Tochter stürzen, da kommt Inn-nu-wohs Moment. Katzengleich springt er mit der Frau im Arm über Bord und rettet sie. Der Aristokrat, der ihn eben noch als "dumm" und "feige" verspottet hatte, ist nun voller Dankbarkeit.
Der weiße Mann irrt.
Aber Inn-nu-woh alias Winnetou entgegnet nur – und das sind dann die allerersten Worte, die er als literarische Figur spricht: "Der weiße Mann irrt. Nicht seine Tochter habe ich retten wollen, sondern der rote Mann ist nur deshalb in die Fluten des heiligen Vaters gesprungen, weil er sich fürchtete vor dem Stachelschweine, welches ihr losgelassen habt!" Da ist durchaus Ironie im Spiel. Mit seiner erste Geschichte bedient May den Publikumsgeschmack, die Sehnsucht nach Exotik aus der Neuen Welt mit einer Prise universellem Gutmenschentum.
So gelang Karl May mit Winnetou der Durchbruch
Winnetous Erscheinen fällt in eine Zeit, in der die große Masse der Bevölkerung überhaupt erst einmal Lesen, Schreiben und Rechnen lernen konnte. Die Schulpflicht war eine relativ neue Erfindung, sie bestand in Sachsen erst seit den 1830er Jahren. Davon profitiert auch Karl May, der 1842 in eine arme Weberfamilie geboren wird und später zunächst selber Lehrer werden will.

Zunehmend entwickelt sich ein großer Lesehunger in der Gesellschaft. Und der wollte gestillt sein. Dank modernisierter Drucktechnik und erschwinglichem Papier konnten Verleger schneller darauf reagieren.
In dieser Zeit erscheinen auch Karl Mays erste Winnetou-Erzählungen bei Heinrich Gotthold Münchmeyer in Dresden. 1875 stellt er Karl May als Redakteur fest an. Dieser schreibt weiter auch eigene Geschichten.
Im November 1891 nimmt dann ein Verleger aus Freiburg im Breisgau, Friedrich Ernst Fehsenfeld, Kontakt mit May auf, der mittlerweile in Radebeul in der Lößnitz-Grund-Straße wohnt. Fehsenfeld schlägt May vor, die Fortsetzungsgeschichten als Bücher zu veröffentlichen. May ist da Anfang 30 und kann immer besser vom Schreiben leben, nachdem er zuvor vier Jahre Jahre in Waldheim im Gefängnis gesessen hatte. Durch eine Mischung aus Pech und Angeberei war er auf die schiefe Bahn geraten. Von Fehsenfelds Angebot ist er begeistert. Eine Win-Win-Situation und sein Durchbruch als Autor.
Später schreibt er über die schicksalhafte Begegnung mit dem Verleger Fehsenfeld ein Gedicht:
Im lieben, schönen Lößnitzgrund
Da saßen zwei selbander,
Die schlossen einen Freundschaftsbund,
Geh‘n niemals auseinander.
Der eine schickt Romane ein,
der Andre läßt sie drucken,
Und’s Ende wird vom Liede sein:
Es wird Beiden herrlich glucken.
Winnetou: Weltberühmt und heute Teil der Popkultur
Karl Mays Winnetou-Romane werden später in mehr als 40 Sprachen übersetzt und somit weltberühmt – nicht zuletzt aufgrund der Verfilmungen mit Pierre Brice, der Verkörperung durch Gojko Mitić im Theater oder auch satirische Neuinterpretationen wie "Der Schuh des Manitu" und jetzt "Das Kanu des Manitu" von Michael "Bully" Herbig, die Kino-Hits sind.

Jedes Jahr finden im deutschsprachigen Raum rund ein Dutzend Karl-May-Spiele statt. Die größten werden in Bad Segeberg (Schleswig-Holstein) veranstaltet, wo derzeit Alexander Klaws die Figur des Winnetou verkörpert. In Sachsen zeigen jedes Jahr die Felsenbühne Rathen in der Sächsischen Schweiz und Deutschlands kleinste Karl-May-Spiele in Bischofswerda die Winnetou-Geschichten. Aktuell wird im Karl May Museum Radebeul mit einer besonderen Ausstellung an den Autor erinnert.
Winnetou-Ausstellung in Radebeul
Sonderausstellung: "Dem Witz auf der Spur – 150 Jahre Winnetou"
Karikaturen und Cartoons zum Geburtstag des berühmten literarischen Häuptlings
23. Mai bis 19. Oktober 2025
Adresse:
Karl-May-Museum
Karl-May-Straße 5
01445 Radebeul
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr
Eintritt:
10 Euro, ermäßigt 8 Euro
Quelle: MDR KULTUR (Stefan Petraschewsky), Karl May Museum Radebeul
Redaktionelle Bearbeitung: sg, ks, bh
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke