Die Thüringer FDP steckt in einer Krise: Landeschef Thomas Kemmerich, der 2020 kurzzeitig Ministerpräsident war, verlässt die Liberalen. In einer Erklärung schreibt Kemmerich, dass seine politischen Vorstellungen nicht mehr mit der Ausrichtung der Partei übereinstimmen würden. Zudem tritt Landesvize Gerald Ullrich zurück.

Der Thüringer FDP-Landesvorsitzende Thomas Kemmerich tritt aus der Partei aus. Er sei zu der Überzeugung gelangt, "dass sich meine Vorstellungen von der Zukunft unseres Landes und die inhaltliche Ausrichtung der Partei auseinanderentwickelt haben", schrieb der 60-Jährige in seiner Austrittserklärung an FDP-Chef Christian Dürr, die Kemmerich bei X und bei Instagram verbreitete. Sein Engagement für "freiheitliche Grundwerte" bleibe aber unverändert.

Thomas Kemmerich verlässt die FDP

Kemmerich bestätigte die Echtheit des Dokuments, wollte sich aber zunächst nicht weiter zu seinem Schritt äußern. Zuletzt hatte es immer wieder Gerüchte um eine mögliche Parteineugründung oder den Austritt Kemmerichs aus der FDP gegeben, wenn die Partei zu "linksliberal" werde.

Landesvize Ullrich gibt Amt auf

Nach Kemmerichs Austritt kündigte Landesvize Gerald Ullrich am Freitag seinen Rücktritt über die Plattform "X" an. Ullrich sprach von einem erwartbaren Schritt Kemmerichs. Der Austritt aus der FDP treffe ihn persönlich. Die Zweifel der Parteifreunde, dass er noch auf dem Boden der Demokratie stehe, habe Kemmerichs Entscheidung begünstigt.

Er hab den Glauben an den liberalen Charakter der Partei einfach verloren, sagte Ullrich MDR THÜRINGEN. Er sei überzeugt, dass der Austritt nichts an der liberalen Haltung von Kemmerich ändern werde - vor allem wirtschaftlich werde er weiter liberal bleiben.

Der stellvertrende Landesvorsitzende Gerald Ullrich gibt sein Amt auf.

Reaktionen aus der Politik

Auch der FDP-Parteivorsitzende Christian Dürr äußerte sich zum Rücktritt Kremmerichs: "Die FDP will eine starke freiheitliche Reformpartei sein und kein Nischenangebot. Angesichts der schlechten Bilanz der Bundesregierung ist offensichtlich, dass es das dringender braucht denn je", sagte er. "Dass Thomas Kemmerich diesen Weg nicht mitgehen wollte, respektiere ich."

Thüringens ehemaliger Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hält Thomas Kemmerich vor, nie die Verantwortung für die von ihm ausgelöste Regierungskrise vor fünf Jahren übernommen zu haben. Kemmerichs Verhalten habe Thüringen an den Rand der Regierungs-Unfähigkeit geführt, sagte Ramelow MDR THÜRINGEN. Kemmerich habe aber auch persönlich Federn gelassen, sagte Ramelow weiter. Die Angriffe in der Zeit auf ihn und seine Familie seien absolut indiskutabel gewesen.

Bodo Ramelow (Linke) wirft Thomas Kemmerich vor, die Verantwortung für die Regierungskrise von 2020 nie übernommen zu haben.

Ministerpräsident Mario Voigt wollte sich zum Rücktritt nicht äußern. Wiebe Muhsal (AfD) hält Kemmerich für "vollkommen irrelevant".

Kemmerich-Wahl: Kurzzeitig Ministerpräsident mit AfD-Stimmen

Thomas Kemmerich erlangte bundesweite Bekanntheit, als er am 5. Februar 2020 überraschend mit Stimmen von CDU, AfD und FDP zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt wurde. Bei der Wahl hatten AfD-Stimmen den Ausschlag gegeben. Kemmerich nahm die Wahl an, konnte aber keine Regierung bilden und ernannte keine Minister.

Nachdem Thomas Kemmerich die Wahl zum Ministerpräsidenten angenommen hatte, warf ihm die damalige Linke-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow einen Blumenstrauß vor die Füße.

Thüringen stürzte damals in eine tiefe Regierungskrise. Nach bundesweiten Protesten und innerparteilichem Druck trat Kemmerich damals zurück. Seither galt seine Beziehung zur Bundes-FDP als belastet.

MDR (mad)/dpa

Quelle: mdr

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