• Zur Eigensicherung speichert die Polizei Sachsen Hinweise auf bekannte Infektionen wie HIV oder Hepatitis.
  • Die sächsische Datenschutzbeauftragte, Juliane Hundert, kritisiert, dass die Polizei in Sachsen personenbezogene Daten auf unklarer Rechtsgrundlage speichert.
  • Auch die Deutsche AIDS-Hilfe kritisiert die Speicherung von Infektionsmerkmalen und fordert stattdessen Aufklärung auf Grundlage des aktuellen medizinischen Wissens.

Polizistinnen und Polizisten sind im Dienst vielfältigen Gefahren ausgesetzt – manche sichtbar, andere unsichtbar. Zu letzterem gehören auch Infektionsrisiken wie HIV oder Hepatitis. Um Einsatzkräfte zu schützen, speichert die Polizei Sachsen bestimmte Menschen mit bekannter Infektion in dem Polizeilichen Auskunftssystem (PASS).

Richard Baldeweg, Sprecher des Innenministeriums: "Die Vergabe der personengebundenen Hinweise im PASS richtet sich nach dem Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetz. Personengebundene Hinweise dienen primär dem Schutz des Betroffenen und der Eigensicherung von Polizeibediensteten."

Kritik wegen Datenschutz

Doch der entsprechende Paragraf ist allgemein gefasst. Erlaubt ist es demnach, personenbezogenen Daten zu speichern, wenn dies erforderlich ist. Für die sächsische Datenschutzbeauftragte, Juliane Hundert, ist das zu unspezifisch: "In Sachsen stützt die Polizei die Erhebung dieser Daten auf die allgemeine Gefahrenabwehrbefugnis. Das ist nach meiner Auffassung keine ausreichende Rechtsgrundlage."

Deswegen habe sie die Staatsregierung aufgefordert, das Polizeivollzugsdienstgesetz zu überarbeiten und an die gesetzlichen Grundlagen der Bundespolizei anzupassen. Dort ist konkreter festgelegt, wann solche Daten gespeichert werden dürfen, zum Beispiel wenn jemand angedroht hat, jemanden mit seiner Infektion anzustecken.

Zwar erläutert das Innenministerium, dass man sich bereits jetzt an den Bundesvorgaben orientiert, doch Hundert wundert sich schon: "Wir haben beim Bundeskriminalamt eine niedrige zweistellige Zahl, in Sachsen eine relativ hohe dreistellige Zahl. Wo kommt dieser Unterschied her?" Zum Vergleich: in der Datenbank des BKA sind 23 Datensätze mit ANST-Merkmal aus Sachsen gespeichert, in der sächsischen Datenbank PASS 843. Auf die Frage, wie diese Merkmale erhoben wurden, machte das Innenministerium keine Angaben.

Übertragungsrisiko von HIV

Die Deutsche AIDS-Hilfe kritisiert die Speicherung grundsätzlich – aus mehreren Gründen: So sei unklar, ob es sich um HIV oder Hepatitis handelt und ob die Infektion überhaupt noch übertragbar sei oder der Betroffene in Behandlung ist.

Zudem entstehe der Eindruck, dass Beschuldigte ohne dieses Merkmal infektionsfrei seien, sagt Sprecher Holger Wicht. Dadurch vermittle die Datenbank eine falsche Sicherheit und schüre trotzdem unbegründet Ängste bei Polizisten im Einsatz: "Das HIV-Risiko in solchen Situationen, also kratzen oder beißen oder Gerangel wird viel zu hoch eingeschätzt und dazu trägt natürlich auch eine solche Regelung wie diese Speicherung bei."

Die Übertragung von HIV über Kratzen oder einen Biss sei so gut wie ausgeschlossen, auch wenn die Infektion nicht behandelt wird, sagt Wicht. "Solche Fälle sind auch nicht beschrieben in der Literatur."

Diskriminierung von Erkrankten

Noch schwerer würden jedoch die Konsequenzen für die Betroffenen wiegen, sagt Wicht. Denn HIV gehe mit starker Diskriminierung einher: "Das kann eine Distanznahme sein, das kann eine Schlechterbehandlung sein, das kann eine Ausgrenzung in verschiedensten Kontexten sein. Das ist eine sehr intime Diagnose, die mit vielen Nachteilen einhergehen kann und deswegen muss sie mit einem maximalen Maß an Schutz einhergehen."

Statt diese Infektionskrankheiten zu Speichern fordert die AIDS-Hilfe Aufklärung nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand, zum Beispiel wie gut die Heilungsmöglichkeiten mittlerweile sind.

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