"Das Geld darf nicht nur in den Westen fließen" - Sachsen drängt auf Aufträge für heimische Rüstungsindustrie
In Sachsens Rüstungsindustrie herrscht Redebedarf. Die Erwartungen nach den Ankündigungen der Bundesregierung zu Sondervermögen im Frühjahr und Wehrpflichtreform im Sommer dieses Jahres sind groß, doch von den Milliarden kommt bislang wenig in Sachsen an. Das sagt beispielsweise Gunter Niemtschke, geschäftsführender Gesellschafter bei MWK Defence in Königswartha.
Der Sondermaschinenhersteller hat zwar Aufträge, etwa für die Überholung von Schwingarmen - also Stoßdämpfern - für Leopard-Kampfpanzer. Doch vom milliardenschweren Sondervermögen der Bundesregierung sei mit Blick auf die Auftragslage bisher kaum etwas zu spüren. "Wir wollen nicht in den Krieg ziehen, aber wir müssen verteidigungsfähig sein", sagt Niemtschke. "Dafür brauchen wir Unterstützung von Politik und Staat - auch in Sachsen."
Langwierige Vergabeverfahren
Während Länder wie Polen oder Norwegen Rüstungsaufträge rasch vergeben würden, dauere es beim Bundesamt für Ausrüstung in Koblenz häufig Jahre, heißt es aus der Branche. Zudem profitierten vor allem westdeutsche Firmen.
Das Geld kann nicht nur in den Westen gehen.
Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) will das ändern. "Das Geld kann nicht nur in den Westen gehen. Fakt ist, wir haben einiges anzubieten und das wollen wir deutlich machen - auch in Berlin." Denn die Arbeitsplätze und die Verteidigungsfähigkeit seien wichtig, meint er.

Chance in Strukturwandelregionen
Laut Staatsregierung arbeiten in Sachsen rund 2.000 Beschäftigte in etwa 80 Rüstungsunternehmen. Die Branche sei zwar umstritten, aber gerade in den Strukturwandelregionen auch eine wirtschaftliche Chance, betont Bautzens Landrat Udo Witschas (CDU): "Das sind Industriearbeitsplätze, Steuern, Einkommen und das brauchen wir." Gerade mit der Neuansiedlung eines Logistik-Bataillons in der Oberlausitz sei der Zeitpunkt günstig, den Unternehmen unter die Arme zu greifen.

"Sachsen braucht Mut, sich unbequemen Fragen zu stellen"
Der Ausbau der Rüstungsindustrie sorgt auch für Gegenwind in Sachsen. In Görlitz oder Großenhain gab es Proteste gegen die Ansiedlung von Rüstungskonzernen. Auch MWK in Königswartha sah sich schon mit Demonstrierenden am Werktor konfrontiert, wie Niemtschke erzählt.
Wirtschaftsminister Panter zeigt dafür Verständnis, steht aber in einem Zwiespalt. "Auch ich wünsche mir keinen Krieg, keine Waffen, keine Panzer. Aber das Leben funktioniert nicht mit Wünschen", sagt Panter. Er wolle auch nicht, dass Sachsen wirtschaftlich den Anschluss verliere, weil man sich wichtigen und notwendigen Entwicklungen verschließe. "Wir brauchen den Mut, uns auch unbequemen Themen zu stellen."
Ich wünsche mir keinen Krieg, keine Waffen, keine Panzer. Aber das Leben funktioniert so nicht.
Viele Menschen setzten auf pazifistische Traditionen, auf die Friedliche Revolution und auf das Motto "Schwerter zu Pflugscharen". "Das sind gesellschaftliche Werte, die ich respektiere. Aber die Realität zwingt uns zu unangenehmen Wahrheiten", so der Minister.
Werbung für sächsische Firmen
Ob Neuansiedlung oder Werbung um Aufträge für bestehende Unternehmen: Sachsen will von den geplanten Milliarden-Investitionen des Bundes zur Ertüchtigung der Verteidigungsfähigkeit profitieren. Daraus macht der Minister keinen Hehl.
Zwei Jahre Wartezeit auf Genehmigungen sind für ein Unternehmen nicht planbar.
Eines dieser bestehenden Unternehmen ist der Fallschirmhersteller SPEKON in Seifhennersdorf. Die Firma zähle zu den führenden Produzenten militärischer Fallschirme weltweit, sagt Geschäftsführer Serdar Kaya. Das Traditionsunternehmen statte die Bundeswehr aus, liefere aber auch an die Emirate oder Indonesien. Kaya sind vor allem die langen Genehmigungsverfahren bei Ausfuhren ein Dorn im Auge: "Manchmal warten wir zwei Jahre auf eine Exportgenehmigung - das ist für Unternehmen kaum planbar", sagt er.

Trotzdem blickt SPEKON optimistisch nach vorn: In den kommenden Jahren will das Unternehmen mehrere Millionen Euro in die Erweiterung seiner Produktionskapazitäten investieren, in der Hoffnung, dass auch die Bundeswehr bald häufiger in Sachsen bestellt.
MDR (sth/das)/dpa
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