• Die Stadt Chemnitz will Angebote für Jugendliche streichen – die Chemnitzer Filmwerstatt schlägt Alarm.
  • Seit 1991 leistet die Werkstatt wichtige medienpädagogische Arbeit und hat sich als Nachwuchsschmiede etabliert.
  • Regisseur Olaf Held betont die Bedeutung der Werkstatt für Chemnitz und darüber hinaus.

Das Kulturhauptstadtjahr in Chemnitz ist vorbei, die Verteilungskämpfe in der Kultur gehen weiter. Grund ist eine Haushaltslücke der Stadt von 100 Millionen Euro. Besondes bei der Kinder- und Jugendförderung ist laut Freier Presse Chemnitz mit nachträglichen Kürzungen von bis zu zehn Prozent zu rechnen. Auch die Chemnitzer Filmwerkstatt sieht sich bedroht. Laut dem Verein hätte eine Kürzung für die Jugendarbeit weitreichende Konsequenzen. Diese Woche entscheidet der Jugendhilfeausschuss über die Vergabe von Mitteln für die Jundarbeit.

Filmwerkstatt und Clubkino Siegmar in Gefahr

Eine Kürzung bei der Jugendarbeit bedeute voraussichtlich auch das Aus für die Filmwerkstatt selbst, sagte Ines Baumann, Koordanatorin für Jugendprojekte, der Freien Presse. Auf dem Spiel stehe damit ebenfalls das beliebte Clubkino Siegmar, das im selben Haus in Chemnitz-Reichenbrand von der Filmwerkstatt betrieben wird.

Bei uns können die Kinder und Jugendlichen ihre Talente entdecken und, wenn sie wollen, eben auch weitergehen.

Olaf Held, Regisseur

Regisseur und Autor Olaf Held erhielt 2013 für "Short Film" den deutschen Kurzfilmpreis. Mit der Chemnitzer Filmwerkstatt ist er eng verbunden. Bildrechte: Amac Garbe

So sieht es auch der Chemnitzer Regisseur Olaf Held. Er hat in Babelsberg studiert, aber viele seiner preisgekrönten Kurzfilme – darunter "Short Film" von 2013 – entstanden in der Filmwerkstatt. Bei MDR KULTUR bekräftigte er, dass die Arbeit mit jungen Menschen der Grundmotor der Werkstatt sei: "Bei uns können die Kinder und Jugendlichen ihre Talente entdecken und, wenn sie wollen, eben auch weitergehen."

Es sei fatal, ausgerechnet an dieser Stelle zu sparen: "Wir haben einen riesigen Durchlauf an Kindern und Jugendlichen und es ist halt auch eine medienpädagogische Arbeit, die heute ja mehr denn je wichtig ist." Nicht nur mit Blick auf die Filme, die dort entstünden und eventuell später dem Berufeinstieg ermöglichten, sei das Erlernen von Medienkompetenz heutzutage von zentraler Bedeutung, so Olaf Held.

Die Geschichte: Anfänge in der DDR

Die Filmwerkstatt Chemnitz gibt es seit 1991, doch die Wurzeln reichen bis in die DDR zurück. In den 80er-Jahren realisierten Akteure der freien Karl-Marx-Städter Kunstszene erste eigene Kurzfilme jenseits der offiziellen Filmpolitik. Sie tourten damit durch Galerien und private Wohnzimmer – quer durch die Republik.

Inspiriert durch ein Treffen mit der Filmwerkstatt der Chemnitzer Partnerstadt Manchester gründeten Claus Löser, Lutz Zoglauer und Ralf Glaser schließlich den Verein, der die Filmwerkstatt bis heute betreibt. Anfangs ging es darum, mit arbeitslosen Jugendlichen einen Workshop durchzuführen und in Zuge dessen gemeinsam einen 16mm-Film zu drehen. 1994 wurde die Chemnitzer Filmwerkstatt dann als "Freier Träger der Jugendhilfe" anerkannt.

Auch während der Ferien können sich Kinder und Jugendliche bei der Filmwerkstatt ausprobieren.Bildrechte: Sebastian Steger/Chemnitzer Filmwerkstatt

Seit nun schon mehr als 30 Jahren können Jugendliche hier in ihrer Freizeit eigene Filmideen umsetzen, sich hinter der Kamera, beim Schnitt oder als Schauspieler ausprobieren, lernen, wie man ein Drehbuch schreibt oder auch den ersten eigenen Trickfilm animieren. Laut eigenen Angaben erreicht die Filmwerkstadtt mit ihren Projekten mehr als 3.000 Kinder und Jugendliche pro Jahr.

Von Chemnitz nach Hollywood

Von einer "Nachwuchsschmiede" will Olaf Held nicht sprechen: "Da denkt man immer an einen Hammer und einen Ambus, die da was formen. So sind wir eben nicht." Er sieht die Filmwerkstatt vielmehr als ein freies Labor und Experimentierfeld. Dennoch betont er auch ihre Bedeudung für die Filmbranche. Von Chemnitz seien immer wieder wichtige Impulse gekommen, die bis nach Hollywood reichten.

Die Kamera fährt mit! Darsteller Steffen Thiede alias Steffen Israel, auch Musiker bei Kraftclub, am Set von "Dieser lange Atem, Beates Laden betreffend" von Olaf Held. Bildrechte: Ralf Glaser/Chemnitzer Filmwerkstatt

Als Beispiel nennt er Frank Schubert, der als Jugendlicher bei der Filmwerkstadt begonnen habe und jetzt als Tonmeister für Produktionen wie "Die Schule der magischen Tiere" arbeite. Oder auch Mario Anger, der als Jugendlicher in Chemnitz zunächst einen Knetfigurenfilm gemacht habe. Heute lebe er in Vancouver und arbeite für Serien wie "Games of Thrones". Auch die Band Kraftclub drehte ihre erstes Video mit Hilfe der Filmwerkstatt. Die Musiker unterstützen die Filmwerkstatt derzeit auch öffentlich. Olaf Held selbst war 2025 für seinen Film "Spätsommer 91" erneut für den deutschen Kurzfilmpreis nominiert.

Quellen: MDR UNICATO, MDR KULTUR (Grit Krause, Ben Garit Hernandez), Chemnitzer Filmwerkstatt e.V., Freie Presse Chemnitz
Redaktionelle Bearbeitung: lm, bh

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