• Trotz weiterer Förderung im nächsten Jahr bleibt die Situation für die Filmwerkstatt brenzlig.
  • Seit 1991 leistet das Projekt wichtige medienpädagogische Arbeit und ist Nachwuchsschmiede.
  • Regisseur Olaf Held betont die Bedeutung der Werkstatt für Chemnitz und darüber hinaus.

Der Jugendhilfe-Ausschuss des Chemnitzer Stadtrates hat gestern beschlossen, 90 Projekte der freien Jugendarbeit im kommenden Jahr zu fördern. Im Vorfeld war von einer Haushaltslücke über 100 Millionen Euro die Rede.

Nach dem Beschluss vom Dienstag wird auch die Chemnitzer Filmwerkstatt weiterhin unterstützt. Trotzdem steht ihr unter dem Strich weniger Geld zur Verfügung, sagte Ines Baumann, Koordinatorin für Jugendprojekte der Filmwerkstatt, bei MDR KULTUR. Das Jahr 2026 sei vorerst sicher, aber 2027 werde es wieder Kürzungen geben. Dazu käme, dass die Filmwerkstatt, wie schon in diesem Jahr, auch zukünftig acht Prozent Eigenanteil erwirtschaften müsse. Außerdem solle sie wegen der Haushaltssperre der Stadt fünf Prozent der bisherigen Gelder einsparen. Das alles bei steigenden Personalkosten, so Baumann.

Die Filmwerkstatt Chemnitz wird weiter gefördert. Trotzdem muss sie zukünftig mit viel weniger Geld auskommen.Bildrechte: Torsten Neundorf

Es fehlt ein klares politisches Signal für Jugendarbeit

Einschränkungen gäbe es aufgrund des Beschlusses vorerst nicht. Aber die vielfältigen Angebote weiterhin niedrigschwellig zu halten – also kostenlos für alle – ist laut Baumann schwierig. Man schaue bereits nach Drittmitteln. Umfassende institutionelle Förderung gäbe es jedoch nicht, deshalb seien verbindliche Zusagen für die Jugendarbeit wichtig. Wenn es immer wieder nur Einjahresförderungen gebe, ließe sich schwer planen. Baumann wünscht sich ein klares politisches Signal nicht nur – von der Stadt Chemnitz, aber auch vom Land Sachsen und vom Bund.

Wir brauchen ein ganz klares politisches Signal.

Ines Baumann, Koordinatorin für Jugendprojekte der Filmwerkstatt

Medienpädagogik und Talentförderung: Filmwerkstatt und Clubkino Siegmar

Die Filmwerkstatt hat eine große Bedeutung für den Nachwuchs der Stadt Chemnitz. Hier könnten die Kinder und Jugendlichen ihre Talente entdecken und, wenn sie wollen, eben auch weitergehen, meint der Chemnitzer Regisseur Olaf Held bei MDR KULTUR. Er hat in Babelsberg studiert, aber viele seiner preisgekrönten Kurzfilme – darunter "Short Film" von 2013 – entstanden in der Filmwerkstatt. Er bekräftigte, dass die Arbeit mit jungen Menschen der Grundmotor der Werkstatt sei.

Regisseur und Autor Olaf Held erhielt 2013 für "Short Film" den deutschen Kurzfilmpreis. Mit der Chemnitzer Filmwerkstatt ist er eng verbunden. Bildrechte: Amac Garbe

An dieser Stelle zu sparen, sei fatal: "Wir haben einen riesigen Durchlauf an Kindern und Jugendlichen und es ist halt auch eine medienpädagogische Arbeit, die heute ja mehr denn je wichtig ist." Nicht nur mit Blick auf die Filme, die dort entstünden und eventuell später dem Berufeinstieg ermöglichten, sei das Erlernen von Medienkompetenz heutzutage von zentraler Bedeutung, so Olaf Held. Bei ungesicherten, zukünftigen Finanzen würde außerdem das beliebte Clubkino Siegmar leiden, das im selben Haus in Chemnitz-Reichenbrand von der Filmwerkstatt betrieben wird.

Die Geschichte: Anfänge in der DDR

Die Filmwerkstatt Chemnitz gibt es seit 1991, doch die Wurzeln reichen bis in die DDR zurück. In den 80er-Jahren realisierten Akteure der freien Karl-Marx-Städter Kunstszene erste eigene Kurzfilme jenseits der offiziellen Filmpolitik. Sie tourten damit durch Galerien und private Wohnzimmer – quer durch die Republik.

Inspiriert durch ein Treffen mit der Filmwerkstatt der Chemnitzer Partnerstadt Manchester gründeten Claus Löser, Lutz Zoglauer und Ralf Glaser schließlich den Verein, der die Filmwerkstatt bis heute betreibt. Anfangs ging es darum, mit arbeitslosen Jugendlichen einen Workshop durchzuführen und in Zuge dessen gemeinsam einen 16mm-Film zu drehen. 1994 wurde die Chemnitzer Filmwerkstatt dann als "Freier Träger der Jugendhilfe" anerkannt.

Seit nun schon mehr als 30 Jahren können Jugendliche hier in ihrer Freizeit eigene Filmideen umsetzen, sich hinter der Kamera, beim Schnitt oder als Schauspieler ausprobieren, lernen, wie man ein Drehbuch schreibt oder auch den ersten eigenen Trickfilm animieren. Laut eigenen Angaben erreicht die Filmwerkstadtt mit ihren Projekten mehr als 3.000 Kinder und Jugendliche pro Jahr.

Von Chemnitz nach Hollywood

Von einer "Nachwuchsschmiede" will Olaf Held nicht sprechen: "Da denkt man immer an einen Hammer und einen Ambus, die da was formen. So sind wir eben nicht." Er sieht die Filmwerkstatt vielmehr als ein freies Labor und Experimentierfeld. Dennoch betont er auch ihre Bedeudung für die Filmbranche. Von Chemnitz seien immer wieder wichtige Impulse gekommen, die bis nach Hollywood reichten.

Die Kamera fährt mit! Darsteller Steffen Thiede alias Steffen Israel, auch Musiker bei Kraftklub, am Set von "Dieser lange Atem, Beates Laden betreffend" von Olaf Held. Bildrechte: Ralf Glaser/Chemnitzer Filmwerkstatt

Als Beispiel nennt er Frank Schubert, der als Jugendlicher bei der Filmwerkstadt begonnen habe und jetzt als Tonmeister für Produktionen wie "Die Schule der magischen Tiere" arbeite. Oder auch Mario Anger, der als Jugendlicher in Chemnitz zunächst einen Knetfigurenfilm gemacht habe. Heute lebe er in Vancouver und arbeite für Serien wie "Games of Thrones". Auch die Band Kraftklub drehte ihre erstes Video mit Hilfe der Filmwerkstatt. Die Musiker unterstützen die Filmwerkstatt derzeit auch öffentlich. Olaf Held selbst war 2025 für seinen Film "Spätsommer 91" erneut für den deutschen Kurzfilmpreis nominiert.

Quellen: MDR UNICATO, MDR KULTUR (Grit Krause, Ben Garit Hernandez), Chemnitzer Filmwerkstatt e.V., Freie Presse Chemnitz
Redaktionelle Bearbeitung: lm, bh, jb

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