Elternrollen nach wie vor von traditionellen Mustern bestimmt
- Laut der Psychologin Helga Krüger-Kirn gilt Fürsorge noch immer als Aufgabe von Frauen bzw. Müttern und erschwert es Männern, eine aktive Vaterrolle einzunehmen.
- Anna Luise Schicha, die sich in einem Netzwerk Alleinerziehender engagiert, kritisiert die traditionelle Rollenverteilung zwischen Mutter und Vater als patriarchales Konstrukt.
- Für das Wohl von Kindern ist eine zugewandte und respektvolle Erziehung viel wichtiger als die Rollenverteilung .
Anna Luise Schicha hat drei Kinder, wochenweise ist sie alleinerziehend. Für ihre eigenen Interessen und die anderer Alleinerziehender macht sie sich in einem Verband in Dresden stark.
Sie organisiert Vernetzung zwischen Alleinerziehenden und vermittelt Politikerinnen und Politikern, was alleinerziehende Elternteile brauchen, um ihren Alltag besser bewältigen zu können.
Zeitgemäße Mutterschaft gefühlt immer mehr im Fokus
In Sachsen sind 82 Prozent aller alleinerziehenden Eltern Frauen. Schicha bewegt sich in einem Umfeld mit vielen Elternteilen, die ähnliche Vorstellungen von zeitgemäßer Mutterschaft haben. "Ich kriege in meinem privaten Umfeld viel mit, dass Mütter natürlich immer mehr einfordern – zum Glück", sagt sie. Sie stünden immer mehr für ihre Rechte ein und würden vorgefertigte Lebensentwürfe nicht mehr so hinnehmen. Das rücke auch immer mehr in den Fokus der Politik, nimmt Schicha wahr.
Frauenquoten werden diskutiert. Frauen mit Kindern – sogar Kleinkindern – führen wichtige Ministeriumsposten aus.
Fürsorge ist immer noch weiblich konnotiert
Sind wir also in einem gleichberechtigten System für Mütter und Väter angekommen? Nein, sagt Helga Krüger-Kirn. In ihrem Sachbuch "Mütterlichkeit braucht kein Geschlecht" setzt sie sich mit der Frage auseinander, was unser Bild von der guten Mutter geprägt hat und wie es Eltern heute beschränken kann.
"Fürsorge wird nach wie vor weiblich konnotiert und Weiblichkeit ist Schwäche. Deswegen ist es auch für Männer so schwierig, eine gute Form von Selbstbewusstsein zu entwickeln oder auch in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Das beschreiben ja auch viele Väter, dass es schwer ist, gesellschaftlich anerkannt zu sein, wenn man Hausmann wird, wenn man die Vaterrolle eben umfassend lebt, wenn man nicht einfach nur ein Sonntagsvater ist."
Klassische Rollenverteilung: "Patriarchales Konstrukt"
Natürlich gibt es auch etwas zwischen dem Sonntagsvater und dem Hausmann, dennoch ist sich auch Anna Luise Schicha vom Alleinerziehenden-Netzwerk Dresden sicher, dass die klassische Rollenverteilung von Mutter und Vater infrage gestellt werden sollte. "Für mich ist diese Rolle von Mutter und Vater ein absolut patriarchales Konstrukt, das irgendwie so gestrickt ist, dass die Frau einfach zu Hause und isoliert ist". So könne sich die Frau auch nicht am politischen oder gesellschaftlichen Leben beteiligen oder "groß etwas bestimmen".
Dabei sei die biologische Unterscheidung von Mutter und Vater ja nur in den ersten Monaten besonders relevant, wenn es um die Ernährung des Babys geht. Und eigentlich noch nicht einmal dann, denn einige Mütter können nicht stillen – und einige wollen es auch nicht. So kann der Vater von Anfang an gleichberechtigt in die Versorgung mit einsteigen.
Kinder brauchen liebevolle Bezugspersonen – egal welchen Geschlechts
"Aber ein Kind braucht doch Mutter und Vater", hört man immer wieder. Für Schicha brauchen Kinder viel mehr als das: "Was Kinder brauchen, ist eine Person, die sie liebevoll aufzieht, die ihnen liebevoll die Welt zeigt, sie auffängt und sie einbettet. Und dabei ist es völlig egal, ob das eine Frau, ein Mann oder eine nonbinäre Person ist." Ob das ein Opa, eine Oma oder eine Tante sei. "Ich bin selbst auch nicht bei meinen leiblichen Eltern aufgewachsen." Was Kinder bräuchten, seien Bezugspersonen, "die da sind".
Kinder litten eher darunter, wenn sie mit Eltern lebten, die vielleicht Mutter und Vater seien, sich aber gegenseitig respektlos behandelten oder sogar verbale oder physische Gewalt ausübten, die viel stritten und wo wenig liebevolles Miteinander herrsche, gibt Anna Luise Schicha zu bedenken.
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