Landschaft, Heimat, Gerechtigkeit: Kunstparcours eröffnet in Allstedt
- In Allstedt in Sachsen-Anhalt sind 15 Kunstwerke im öffentlichen Raum ausgestellt.
- Viele Bewohnerinnen und Bewohner haben sich für den Kunstparcours engagiert.
- Die Ausstellung soll den Ort beleben und auch Touristen ins Mansfelder Land locken.
Eine kleine hölzerne Kapelle auf einem Rasenstück – darin aufwendige Stickereien, mannshohe Pyramiden als nachempfundene Abraumhalden, oder eine über der Stadtmauer schwebende Gewitterwolke. Wer momentan in den 3000-Seelen-Ort Allstedt kommt, kann mit etwas Aufmerksamkeit etliche Kunstwerke entdecken. Arbeiten, die sich im weitesten Sinn mit dem Thema Gerechtigkeit auseinandersetzen, sagt Manon Bursian, Direktorin der Kunststiftung Sachsen-Anhalt.

Neben dem Thema Gerechtigkeit komme "hier in der Region das ganze Thema Umwelt, Natur, Landschaft, also der massive Eingriff in die Landschaft und was das das mit den Menschen macht" dazu, erläutert Bursian. "Die drei Pole Landschaft, Heimat, Gerechtigkeit, machen das Zentrum dieser Ausstellung aus."
130 Porträts von Menschen aus Allstedt
15 Kunstwerke sind so entstanden und nun auf einer Strecke von einem Kilometer zu finden. Darunter auch die Porträts von 130 Allstedtern, wie der Fotograf Matthias Ritzmann erzählt. Denn um das Projekt überhaupt in der Stadt bekannt zu machen, hat man gemeinsam mit der Bäckerei – dem Treffpunkt in Allstedt – eine Mohnkuchenaktion gestartet.
"Wir haben das Müntzer-Jubiläum und es kommen Leute aus der ganzen Welt her. Ich würde den Leuten gerne zeigen, wer hier 500 Jahre nach Müntzer lebt.", erklärt der Fotograf sein Projekt. Er habe sich gefragt, wie er an die Leute herankommen könnte und so entstand die Idee mit einem "Mohnkuchen-Weltrekord". "Ich bin total happy über die Offenheit und das Engagement der ganzen Bäckerei, dieses Projekt zu starten und alle, die zu mir kommen wollten, habe ich auch fotografiert."

Ich würde den Leuten gerne zeigen, wer hier 500 Jahre nach Müntzer lebt.
Die Porträts hängen nun als meterlange Reihen im Stadtraum – sehr ästhetisch und dennoch ganz nah dran – ein außergewöhnlicher Blick auf die Bürger. Fatalerweise wurden einige dieser Fotos und damit auch die Allstädter selbst, schon im Vorfeld der Ausstellungseröffnung mit Hakenkreuzen und anderen Schmierereien besudelt. Doch die Porträts wurden noch einmal neu auf Leinwand gebracht und nun etwas höher angebracht.

Thomas Müntzer und Dialoge
Die Einwohner lassen sich offensichtlich nicht von ihrem Engagement für das Projekt abbringen, vielleicht weil etliche Künstler vorher das Gespräch gesucht haben. Auch Paula Wolber, die sich zwei Tage vor eine Reihe von Garagen gesetzt hat, um alle Eigentümer zu fragen, ob sie ihr Kunstwerk auf dem Dach der Garagen anbringen dürfe. Letztlich bereits ein Teil des Kunstwerks, denn in ihrem Werk geht es mit Bezug zur Müntzer-Rede auch um den Dialog – so ist ein neonfarbenes Spruchband zu sehen auf dem Steht "Nein doch nein doch nein doch".

"Ich bin auf die Idee gekommen, ein vielleicht absurd anmutendes Streitgespräch zu bauen, in dem es aber keine Aussicht auf Einigung gibt", erklärt Paula Wolber. Es passiere genau das, was nicht passieren soll: Es gibt keine Einigung. "Das Nein und das Doch streiten sich immer weiter, 46 mal." Allein durch die auffällige Farbe am Rande der Straße ist diese Installation ein Hingucker.

Ausstellung soll Tourismus in Allstedt ankurbeln
Ja, man werde gerade zum Hotspot der Kunstszene, frohlockt Allstedts Bürgermeister Daniel Kirchner, der sich von den aus Landesmitteln finanzierten Ausstellungen einiges verspricht: "Wir hoffen natürlich, dass wir sehr viel mitnehmen können in die Zukunft." Auch nach dem offiziellen Ende der Ausstellung, möchte er "das eine oder andere Kunstobjekt noch der Öffentlichkeit zeigen."

Wir hoffen natürlich, dass wir sehr viel mitnehmen können in die Zukunft.
Außerdem lohne sich der Weg nach Allstedt auch, um das Museum zu besuchen – der Ort, "wo Thomas Müntzer damals seine Fürstenpredigt gehalten hat". Weitere Spuren des Bauernkriegs vor 500 Jahren sind die Mallerbacher Kapelle, die derzeit von Archäologen freigelegt wird und das Kloster Kaltenborn, ebenfalls eine archäologische Fundstätte.
Mit anderen Worten: man hofft den Ort zu beleben und den Tourismus anzukurbeln. Aber ob das nun ausgerechnet mit der oft verpönten Gegenwartskunst funktioniert? Warum nicht, sagt der Bürgermeister, denn schon jetzt zeige sich, durch die Kunst komme man ins Gespräch.
Patenschaft für Kunstwerke
Wie beim Steg am See, der rosa gestrichen ist und schon den Spitznamen Flamingo Steg bekommen hat. Für ihn hat übrigens der Angelsportverein die Patenschaft übernommen. In Persona Enrico Aderhold, der sich schon mit "seinem Kunstwerk" identifiziert: "Letztendlich habe ich die Bauarbeiten mit begleitet und auch den Architekten, die in Berlin sitzen, Fotos geschickt wie die Baufortschritte sind und mit Rat und Tat zur Seite gestanden."

Aderhold wird bei der Eröffnung das Kunstwerk mit vorstellen, wie auch viele andere Allstedter beteiligt sind. Ein echtes Bekenntnis, das hoffen lässt, dass es keine weiteren Nazi-Schmierereien geben wird.
Quelle: MDR KULTUR (Sandra Meyer)
Redaktionelle Bearbeitung: lig
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