Escape Room in Zwickau soll Asylerfahrung erlebbar machen
- Geflüchtete Jugendliche haben Idee für Escape Room mitentwickelt.
- Er soll eine niedrigschwellige Auseinandersetzung mit emotionalem Thema bieten.
- Spaß-Faktor setzt Escape Room Grenzen.
Eine arabische Männerstimme ertönt aus einem Walkie Talkie. Es folgt eine Frauenstimme: "Zur sachgemäßen Bearbeitung Ihres Asylantrags halten Sie bitte die Registrierungsnummer bereit." Hektisch durchsucht Christin einen Papierstapel. Sie trägt grüne Einweghandschuhe und grüne Schlappen, ihre fünf Mitspielerinnen füllen parallel schon ihre Asylanträge aus.
"Willkommen in Fremdistan" ist das Motto des Escape-Rooms. Um weiterzukommen, muss das Team arabische Schriftzeichen entziffern. Wer Fehler macht, bekommt den Zettel sofort durch eine kleine Luke zurück – mit Rotstift markiert. Abgelehnt. Die sechs Freundinnen schaffen es aber doch.

Idee für Escape Room mit geflüchteten Jugendlichen entwickelt
Ursprünglich kommt das Projekt von der Flüchtlingshilfe Bonn. Dort haben zwei Frauen mit geflüchteten Jugendlichen zusammengearbeitet. Saskia Plass war davon beeindruckt und holte das Projekt ehrenamtlich nach Zwickau, ins "Projekt 46" – ein soziokultureller Treffpunkt in der Innenstadt. Plass sieht in der Form des Escape Rooms eine große Chance.
Da kommen vielleicht auch Gefühle und Gedanken hoch, die man dann im Nachgang miteinander besprechen kann.
Der Zugang sei sehr viel niedrigschwelliger, sagt Plass. Man könne sich darauf einlassen und es einfach mal ausprobieren. "Und dann wird man quasi von hinten durch die Brust ins Herz mit Themen konfrontiert." Dabei könnten auch eigene Gefühle hochkommen. "Die kann man im Nachgang sehr gut miteinander besprechen."

Doch noch ist es bei den sechs Frauen nicht so weit. Der letzte Raum ist gestaltet wie in einer Flüchtlingsunterkunft – er ist kahl. Ein Doppelstockbett, ein Spind, darauf ein alter grauer Koffer. Das Team muss jetzt an kleinen Dosen riechen und die Zutaten eines Chai-Tees erraten.
"Da würde ich Kardamom sagen" - "Ja, Kardamom." - "Das hier ist Anis, definitiv. Riecht wie Ouzo!" Wild gehen die Stimmen durcheinander, die Frauen lachen. Nach schon 40 Minuten ist die Gruppe befreit – ein Rekord bis jetzt. Die Teilnehmerinnen jubeln.
Flucht lässt sich nur begrenzt "erfahrbar" machen
Doch der Escape Room soll nicht nur Spaß machen. Zwei Geflüchtete unterstützen Saskia Plass, sie sind bei jedem Spiel dabei, sprechen mit den Teams nur auf arabisch. Mohammed ist 24, aus Syrien in die Türkei nach Deutschland geflohen. Seit anderthalb Jahren lebt er hier, erzählt jeder Gruppe von seinen Erlebnissen.
Wir hatten früher Angst, nicht Spaß.
Mohammed findet es kein Problem, das Thema "Flucht" auch mal als Spiel umzusetzen. Aber er sieht auch einen deutlichen Unterschied zu seinen eigenen Erfahrungen: "Wir hatten früher Angst, nicht Spaß." Das sei ebenso der Vorteil wie auch ein großer Nachteil des Escape Rooms: In einer Stunde ist es zu schaffen. Er hingegen lebe seit 15 Jahren mit diesem Gefühl.

Das Team von heute hat es nun hinter sich. Die sechs Frauen kommen alle aus Zwickau. In ihren Jobs in einer Bank oder der Verwaltung haben sie viel Kontakt zu Menschen, die geflohen sind. Christin hat für sie jetzt mehr Mitgefühl. "Wenn man vor so einem Formular steht und man soll in zwei Minuten fertig sein – das ist gefühlt wie in einer Prüfung", sagt sie. Denn wenn man das nicht auf die Reihe bekomme, habe das weitreichende Konsequenzen. "Vielleicht hängen auch Kinder oder Familie mit dran. Das ist schon eindrucksvoll."
Im Projekt 46 räumen Mohammed und ein paar Freunde jetzt die Spielräume wieder auf. So ist auch die nächste Gruppe willkommen in Fremdistan.
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