Wie die Aufständischen im Bauernkrieg kämpften

Es ist ein furchtbares Gemetzel, das sich am 15. Mai 1525 bei Frankenhausen abspielt. Auf dem Hausberg der nordthüringischen Stadt verheißt der Prediger Thomas Müntzer den bis zu 8.000 versammelten Rebellen gerade den Sieg über das aufmarschierte Fürstenheer, als plötzlich von überallher Kanonenkugeln einschlagen. Von allen Seiten greifen Reiter und Landsknechte die Wagenburg der Aufständischen an. Die Attacke trifft die Bauern und Bürger des Frankenhäuser Haufens überraschend. Fast ohne Gegenwehr geben sie ihre Stellung auf. In Panik fliehen sie bergab nach Frankenhausen. Doch den 4.000 Landsknechten und 2.000 Reitern des gegnerischen Fürstenheeres entgehen sie nicht. In einem Hohlweg, der heute den Namen "Blutrinne" trägt, werden die Aufständischen massenweise abgeschlachtet. Auch in Frankenhausen selbst werden alle Männer getötet. "An die 6.000 sind tot verblieben und 600 gefangen genommen", bilanziert Landgraf Philipp von Hessen das Blutbad.
Das "Schlachten" von Frankenhausen

Frankenhausen gilt bis heute als eine der bedeutendsten Schlachten des Bauernkriegs, wobei "Schlacht" nicht selten in Anführungszeichen gesetzt wird. In der Tat kann von einer echten Schlacht im Sinne von zwei sich in intensiven Gefechten bekämpfenden Heeren keine Rede sein. Die Bauern und Bürger des Frankenhäuser Haufens werden am Nachmittag des 15. Mai 1525 fast ohne Gegenwehr abgeschlachtet. Das 6.000 Mann zählende Fürstenheer unter Landgraf Philipp von Hessen, Herzog Heinrich von Braunschweig und Herzog Georg von Sachsen soll dabei nur sechs Kämpfer verloren haben. Das "Schlachten" von Frankenhausen scheint das Stereotyp zu bestätigen, wonach es sich bei den Aufständischen des Bauernkriegs durchweg um kampfunerfahrene, mit Sensen, Dreschflegeln und Mistgabeln bewaffnete Bauern gehandelt habe. Doch dem ist nicht so.
Mehr als Sensen und Sicheln

Zwar sind selbstgefertigte Waffen wie gestreckte Sensen oder Sicheln mit Schaft zu Beginn des Aufstands 1524/25 durchaus nicht selten. Doch mit der Einnahme von Burgen und Städten gelangen die Rebellen zunehmend in den Besitz modernerer und effektiverer Waffen. Aber auch zuvor sind zahlreiche Untertanen im römisch-deutschen Reich weder waffen- noch wehrlos. Vor allem im Südwesten Deutschlands sorgt die sogenannte Landfolgepflicht, eine Wehrpflicht im Verteidigungsfall, dafür, dass Bauern und Bürger mit "Wehr und Harnisch" ausgestattet sind. Nicht wenige Bauern sammeln als "Reisläufer" (als Fußsoldaten dienende Söldner) militärische Erfahrungen. Nach dem Vorbild der Landsknechtsheere versammeln sich auch die Aufständischen des Bauernkriegs in "Haufe" oder "Haufen". Allerdings sind diese Heerhaufen nicht auf eine bestimmte Zahl, sondern auf ein bestimmtes Herkunftsgebiet festgelegt, weshalb Größenordnungen von 4.000 bis 18.000 Mann überliefert sind.
Nach dem Vorbild der Landsknechte

Von den Landsknechten übernehmen die Haufen des Bauernkriegs auch ihre Unterteilung in Fähnlein (500 Mann) und Rotten (10 bis 15 Mann). Es gibt regelmäßige militärische Übungen und die Aufstellung in quadratischer Schlachtordnung entspricht der damaligen Kriegskunst. Auch die militärischen Ämter wie der Oberste Feldhauptmann des Haufens, die Hauptmänner über die Fähnlein, die Leutinger zur Unterstützung des Obersten Feldhauptmanns, die Fähndriche, Feldwaibel, Rottmeister usw. gehen auf das Vorbild der Landsknechtsheere zurück. Vor allem die mittleren Ämter werden von militärisch erfahrenen Männern besetzt, von denen es nicht wenige gibt. Bei den zu wählenden Obersten Feldhauptleuten und Hauptleuten ist das oft nicht so. Aber auch hier gelangen immer wieder erfahrene Kriegsleute an die Spitze schlagkräftiger Haufen. Zu nennen sind etwa die Reichsritter Bernhard Schenk von Winterstetten, Götz von Berlichingen, Florian Geyer von Giebelstadt oder der ehemalige kaiserliche Landsknecht Hans Müller von Bulgenbach, der am 23. Mai 1525 mit einem Rebellenheer Freiburg einnimmt – immerhin der größte Sieg von Aufständischen im Bauernkrieg.
Söldner, Hakenbüchsen und Kanonen

Nach den Plünderungen von Klöstern und Burgen und der Einnahme von Städten verfügt mancher große Rebellen-Haufen auch über genügend Geldmittel, um Söldner zu Fuß und zu Pferde anzuwerben. So soll der bis zu 15.000 Mann starke Seehaufen aus dem Gebiet nördlich des Bodensees in Oberschwaben im April 1525 rund 5.500 professionelle Soldaten in seinen Reihen haben. Zudem verfügt er über mehr als 4.000 Hakenbüchsen (frühe Vorderlader), was eine beachtliche Feuerkraft darstellt. Auch bei der Anzahl der Artilleriestücke sind zumindest die großen Haufen Südwestdeutschlands ihren Gegnern durchaus ebenbürtig oder zuweilen sogar überlegen. Und dennoch enden alle großen Feldschlachten des Bauernkriegs für die Aufständischen in einer Katastrophe. Trotz numerischer Überlegenheit sind die "Bauernhaufen" den professionellen Söldnerheeren des Schwäbischen Bundes und anderer Reichsstände unterlegen.
Zahlenmäßig überlegen aber zerstritten

Die Gründe sind vielschichtig. Obwohl schätzungsweise 200.000 Aufständische (ohne Tirol und Salzburg) 1525 am Bauernkrieg beteiligt sind, bleiben ihre Aktionen regional voneinander getrennt. Zu einem reichsweiten koordinierten Vorgehen kommt es nicht. Die Anführer der verschiedenen regionalen Haufen kennen sich oft gar nicht. Ihre adligen Gegner sind hingegen gut vernetzt. Dort, wo mehrere Haufen gemeinsam agieren, sind Konflikte unter den Anführern vorprogrammiert. Aber auch innerhalb der Haufen herrscht häufig Misstrauen gegenüber den Hauptleuten. Die Absetzung auch von befähigten Anführern oder deren Rückzug sind Folgen dieses ständigen inneren Zwists. Für den Dresdner Historiker Gerd Schwerhoff sind das die Ursachen dafür, "dass viele Bauernhaufen bereits im Angesicht der feindlichen Heere ihre Ordnung nicht aufrecht erhalten konnten und in eine Massenpanik gerieten". Auch bei den Gegnern der Aufständischen sind Konflikte an der Tagesordnung. Doch im Kampf bewährt sich die Professionalität der feudalen Söldnerheere mit ihren klaren Kommandostrukturen und klaren militärischen Regeln.
Fehlen einer Reiterei kriegsentscheidend
Aber selbst dort, wo sich die Haufen der Aufständischen im Kampf zunächst als ebenbürtig erweisen, sind sie nicht in der Lage, taktische Erfolge in komplette Siege umzumünzen. Der Grund ist das weitgehende Fehlen einer Kavallerie, die einen fliehenden Feind verfolgen und vernichten kann.

Für den Leipziger Historiker Manfred Bensing ist das "Fehlen einer Reiterei kriegsentscheidend". Ohne sie hätten die Rebellen-Haufen dem Zusammenspiel von Fußvolk, Artillerie und Reiterei der Fürstenheere nichts entgegenzusetzen vermocht. Ihre Taktik habe deshalb "vorwiegend defensiv" sein müssen. Bensing macht "ideologische Gründe" für diesen Missstand verantwortlich. So hätten verschiedene Feldordnungen das Mitführen "reisiger Pferde" (Kriegsrösser) verboten. Abgesehen von wenigen berittenen Söldnern, hätten nur die gewählten Hauptleute den Haufen voranreiten dürfen. "Niemand sollte sich über den anderen erheben, ausgenommen die vom Volk eingesetzte Obrigkeit." Dem Fehlen einer Reiterei in den Haufen der Aufständischen stehen die flexibel operierenden Kavallerieverbände der Fürstenheere gegenüber. Sie verschaffen diesen einen entscheidenden Vorteil bei der Aufklärung, im Gefecht und in der Verfolgung. Tatsächlich sind es vor allem die Reiter der Fürstenheere, die bei Massenpaniken unter den Bauern für die größten Blutbäder sorgen.
Wagenburgen und defensives Operieren

Neben dem "Fehlen einer Reiterei" steht für Gerd Schwerhoff die Wagenburg als Sinnbild für das "defensive Operieren" der Aufständischen im Bauernkrieg. Die in den Schlachten bei Königshofen und Frankenhausen eingesetzten Wagenburgen der Rebellen haben allerdings nichts mit den einst gefürchteten Wagenburgen der Hussiten gemein, wie Schwerhoff erklärt: "Der Umgang mit dieser 'beweglichen Festung' erforderte große Disziplin und strikte Kommandostrukturen, die den Bauernhaufen abgingen." Auch die am 15. Mai 1525 auf dem Hausberg von Frankenhausen stehende Wagenburg bietet den 8.000 Bauern und Bürgern des Frankenhäuser Haufens keinen Schutz.
Frankenhausen offenbart Schwächen

Die "Schlacht" bei Frankenhausen steht symbolhaft für vieles, was die Unterlegenheit der Aufständischen im Bauernkrieg ausmacht. Ihren kampferprobten Gegnern ist die Mehrzahl von ihnen hinsichtlich militärischer Professionalität und Tötungsroutine unterlegen. Hinzu kommt der permanente Zwist innerhalb der Rebellen-Haufen, der überlebenswichtige Entscheidungen in schwierigen Situationen verzögert. Auch bei Frankenhausen diskutieren die Aufständischen kurz vor ihrer Vernichtung, ob sie sich den Fürsten ergeben und ihre Anführer ausliefern oder weiterkämpfen sollen. Sie lassen sich von Thomas Müntzers flammender Siegespredigt von letzterem überzeugen. Doch da ist es bereits zu spät. Kurz darauf werden fast alle von ihnen in einer einzigen Orgie der Gewalt abgeschlachtet.
Literaturhinweise
- Bensing, Manfred und Siegfried Hoyer: Der deutsche Bauernkrieg 1524-1526, Berlin 1987.
- Bensing, Manfred: Die Haufen im deutschen Bauernkrieg. In: Heitz, Bauer im Klassenkampf, S. 183-199.
- Blickle, Peter: Der Bauernkrieg. Die Revolution des Gemeinen Mannes, München 2024.
- Heitz, Gerhard u.a. (Hrsg.): Der Bauer im Klassenkampf. Studien zur Geschichte des deutschen Bauernkriegs und der bäuerlichen Klassenkämpfe im Spätfeudalismus, Berlin 1975.
- Pantle, Christian: Der Bauernkrieg. Deutschlands großer Volksaufstand, Berlin 2024.
- Schwerhoff, Gerd: Der Bauernkrieg. Geschichte einer wilden Handlung, München 2025.
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