Firmen-Insolvenzen: Was das für Regionen bedeutet
Inhalt des Artikels:
- Größere Auswirkungen auf dem Land
- Harzgerode: Größter Arbeitgeber in Gefahr
- Sömmerda: Gleich zwei Unternehmen betroffen
Größere Auswirkungen auf dem Land
Im April 2025 haben in Sachsen 72 größere Unternehmen Insolvenz angemeldet, in Thüringen waren es 17, in Sachsen-Anhalt 41. Zuletzt seien in Sachsen-Anhalt mehr Firmen in die Pleite gerutscht als zur Wirtschaftskrise 2008, sagt Insolvenz-Experte Steffen Müller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Aber: Neuere Zahlen stimmen den Wirtschaftswissenschaftler optimistisch. Eine Besserung der Lage sei bereits in Sicht. "Wir hoffen, dass in den nächsten ein, zwei Monaten die Insolvenzzahlen wieder etwas sinken werden. Der April war hoffentlich jetzt eine Ausnahme. Unsere Frühindikatoren zeigen eher, dass es im Mai und Juni wieder ein bisschen nach unten gehen dürfte", erzählt er im MDR-Verbrauchermagazin Umschau.
Die Auswirkungen von Firmeninsolvenzen sind regional unterschiedlich. In Großstädten sind die Auswirkungen weniger stark als auf dem Land. "Wenn wirklich ein dominanter Arbeitgeber in einer kleinen Stadt in die Insolvenz geht, wo viele Jobs – auf die Stadtgröße gesehen – und viele Zulieferer dranhängen, dann kann es durchaus sein, dass so eine Region insgesamt richtig in Mitleidenschaft gezogen wird und sie permanent weniger Beschäftigung und weniger Wirtschaftsleistung hat", erläutert der Experte.
Harzgerode: Größter Arbeitgeber in Gefahr
Harzgerode liegt im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt und hat 7.800 Einwohner. Die Arbeitslosigkeit im Kreis liegt derzeit bei 5,9 Prozent. Die Bohai Trimet Automotive Holding GmbH ist mit Abstand der größte Arbeitgeber: 600 Mitarbeiter produzieren Aluminium-Teile für Autohersteller wie VW oder BMW. Doch vor knapp einem Monat hat das Unternehmen einen Insolvenzantrag gestellt (Stand Mai 2025).
Ein Aus für das Unternehmen hätte weitreichende Folgen. Neben den eigenen Mitarbeitern wären weitere 400 Jobs bei Zulieferern gefährdet. Durch die sinkende Kaufkraft wären Händler und Gewerbetreibende betroffen, durch sinkende Gewerbesteuer-Einnahmen auch die Stadt. Die Nachricht von der drohenden Insolvenz hat auch Bürgermeister Marcus Weise (CDU) alarmiert: "Das war erstmal ein großer Schock für die gesamte Stadt, vor allem aber natürlich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für ihre Familien."
Bei Trimet ist die Nachfrage, vor allem durch den Umstieg auf Elektromobilität, stark gesunken. Hohe Energiekosten belasten das Unternehmen zusätzlich. Von einer multiplen Krise spricht der vorläufige Insolvenzverwalter Olaf Spiekermann: "Die Situation, die ich hier vorgefunden habe, ist, dass durch den Umsatzrückgang das Unternehmen nicht mehr ausgelastet ist. Es ist jetzt meine Aufgabe, zu schauen, wie man dieses Loch schließen kann beziehungsweise wie man das Unternehmen kostendeckend strukturieren kann."

Ein neuer Investor soll gefunden werden. Die Kunden haben angekündigt, weiter im Werk produzieren zu lassen. Nach dem Schock macht sich vorsichtig Hoffnung breit, auch bei Geschäftsführer Mathias Meinen. "Die Kollegen sehen, dass sich viele Leute um den Fortbestand des Unternehmens kümmern und haben auch eine leicht positive Hoffnung, dass es hier auch langfristig weitergeht. Und das stimmt auch mich als Geschäftsführer positiv, dass diese lange Tradition, die wir hier am Standort haben, auch fortgeführt wird."
Eine Hoffnung, an die sich auch die Mitarbeiter klammern. Vor allem jene, die Häuser und Familien haben, wie Marcel Bathke: "Ich denke, es wird ein Investor gefunden werden. Wie lang das dauert, das steht halt in den Sternen und wie zukunftsträchtig das ist, also über wie viele Jahre wir da sprechen, das weiß ich nicht."
Ende Juni läuft das Insolvenzgeld für die Mitarbeiter aus. Bis dahin muss das Unternehmen saniert sein. Für die Trimet-Mitarbeiter bleiben die nächsten Wochen eine Zitterpartie.
Sömmerda: Gleich zwei Unternehmen betroffen
Sömmerda in Thüringen hat knapp 20.000 Einwohner. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 6,3 Prozent. Zuletzt gab es in dem Ort zwei große Insolvenzen innerhalb kurzer Zeit. Ein herber Schlag wie Bürgermeister Ralf Hauboldt (Die Linke) bestätigt: "Das ist sehr dramatisch. Das sind zwei große Player hier am Standort. Es betrifft nicht zuletzt auch die Frage der Gewerbesteuer für uns als Stadt. Das ist schon ein großer Brocken, der da dran hängt."
Einer der zwei Betriebe ist Trimet: Ähnlich wie in Harzgerode ist die ganze Region von der Insolvenz betroffen. Trimet ist zwar nicht der größte Arbeitgeber der Region wie in Harzgerode, mit 100 Mitarbeitern aber dennoch einer der wichtigsten. Auch der Autozulieferer "mbw" mit seinen 100 Mitarbeitern hat Insolvenz angemeldet. Schriftlich teilt das Unternehmen mit: "An einer Übernahme der insolventen mbw-Gruppe zeichnet sich ein hohes Interesse ab."
Man merkt schon, dass es Auswirkungen gibt. Die Kaufkraft ist nicht mehr in dieser Dimension da.
"Man merkt schon, dass es Auswirkungen gibt. Die Kaufkraft ist nicht mehr in dieser Dimension da. Und wenn die Leute abwandern, nach Erfurt, Weimar oder sonst wo, dann ist es bedauerlich. Wir wollen hier am Standort festhalten", sagt Bürgermeister Ralf Hauboldt (Die Linke). Die Auswirkungen treffen auch Händler und kleine Gewerbetreibende wie Jessica Ernst. Sie betreibt seit 13 Jahren einen Blumenladen. Auch sie spürt die Wirtschaftskrise und befürchtet weitere Einbußen: "Es macht einen schon manchmal ein bisschen nachdenklich, wenn man so hört, was ringsrum passiert, wie viele Arbeitsplätze leider eben auch verloren gehen. Es wird sich zeigen, was die Zukunft bringt und wir hoffen einfach mal das Beste."
MDR (jvo)
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