Ort der Erinnerung: Dokumentationszentrum zum NSU-Terror öffnet in Chemnitz
Im Stadtzentrum von Chemnitz informiert fortan ein Dokumentationszentrum über den Terror des rechtsextremen NSU. Nach mehrjähriger Vorbereitung ist das Zentrum am Sonntag eröffnet worden. Es sei ein Ort der politischen Bildung, des Erinnerns an die Opfer des NSU und des zivilgesellschaftlichen Dialogs, so die Betreiber. Das NSU-Dokumentationszentrum ist ein Projekt aus dem Bewerbungsbuch für die Kulturhauptstadt Chemnitz 2025. Es ist das bundesweit erste NSU-Dokumentationszentrum.

Angehörige gestalten Ausstellung mit
Im Mittelpunkt steht die Ausstellung "Offener Prozess". Sie zeigt die Verbrechen des NSU aus Sicht der Betroffenen, die auch Teile der Ausstellung gestalteten. Zu sehen sind unter anderem persönliche Gegenstände von Opfern wie eine Geldbörse, die Polizeimütze einer getöteten Polizistin und die zum Tatzeitpunkt stehengebliebene Armbanduhr von Mehmet Kubasik. Kubasik wurde 2006 in Dortmund vom NSU ermordet.

Für seine Tochter Gamze Kubasik ist das Dokumentationszentrum längst überfällig. Chemnitz sei nicht irgendein Ort, sagte sie am Sonntag bei der Eröffnung in Chemnitz. Der NSU habe sich hier über Jahre hinweg bewegt. "Hier fanden die Täter Schutz. Hier wurden sie gedeckt. Hier konnten sie sich über Jahre hinweg unbehelligt verstecken. Das ist ein Teil der Geschichte dieser Stadt."

Die Aufarbeitung sei vor allem auch eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung. Die Eröffnung des NSU-Dokumentationszentrums mitten in der Kulturhauptstadt Europas 2025 sei ein kraftvolles, aber auch widersprüchliches Zeichen, betonte Gamze Kubasik. Es solle ein Ort sein, an dem nicht nur erinnert wird, sondern auch einer, an dem Angehörige gehört und deren Geschichten erzählt werden: "Wir müssen selbst sprechen, selbst gestalten, selbst entscheiden können."
In Chemnitz fanden die Täter Schutz. Hier wurden sie gedeckt. Hier konnten sie sich über Jahre hinweg unbehelligt verstecken. Das ist ein Teil der Geschichte dieser Stadt.
Abdulla Özkan, Überlebender des Nagelbombenanschlags des NSU 2004 in Köln, sagte bei der Eröffnung: "Wir werden gehört, zumindest hier." Das Zentrum sei wichtig für alle betroffenen Familien. "Wir kämpfen noch immer für Anerkennung, oft bleiben wir allein", so Özkan. Verbunden mit dem Zentrum sei die Hoffnung der Angehörigen, dass es "ein Ort des Lernens, der Heilung und der Gerechtigkeit" wird.
Wir kämpfen noch immer für Anerkennung, oft bleiben wir allein.
Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer und Betroffenen des NSU, Barbara John, fordert am Sonntag für die Angehörigen der Opfer ein Schadens- und Leidensgeld. "Das muss nachgeholt werden“, sagte John. "Erinnerungspolitik sei nicht genug."
Raum für Diskussion und Forschung
Neben der Ausstellung will das Zentrum Raum für Bildung, Diskussion und Forschung zur rechtsextremen Terrorgruppe bieten. Es sind Workshops und Seminare geplant. Außerdem gibt es ein Archiv für Recherchen zum NSU. Chemnitz wurde bewusst gewählt, hieß es. Hier konnte das NSU-Trio jahrelang untertauchen und erhielt Unterstützung aus der rechtsextremistischen Szene. Weitere Zentren dieser Art sind geplant, unter anderem in Nürnberg.
Trägervereine des Zentrums sind ASA-FF, RAA Sachsen und die Initiative Offene Gesellschaft. Ab 28. Mai beginnt der Regelbetrieb für Besucherinnen und Besucher, geöffnet ist das Zentrum zwischen 14 und 17 Uhr. Bund und Land investierten jeweils zwei Millionen Euro.
MDR (tfr/jru/mhe),dpa, epd
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