Deutsche zieht es weiter ans Mittelmeer
Auch in diesem Jahr hat das Auswärtige Amt frühzeitig seine Reisehinweise für beliebte Urlaubsregionen aktualisiert. Darin informiert das Ministerium über mögliche klimabedingte Risiken im Sommer – etwa Hitzewellen mit Temperaturen über 40 Grad Celsius in Griechenland, Waldbrände in Frankreich und Spanien oder Dürren in Süditalien. Um eine formale Reisewarnung handelt es sich dabei jedoch nicht.
Auf Anfrage von MDR AKTUELL teilt das Ministerium mit: "Eine Reisewarnung wird ausschließlich ausgesprochen, wenn Gefahr für Leib und Leben Deutscher im Ausland besteht. Bisher hat das Auswärtige Amt noch keine Reisewarnung aufgrund einer Hitzewelle ausgesprochen."
Kein kostenloser Rücktritt durch Reisehinweise
Für verunsicherte Urlauber bedeutet das: Die Hinweise allein haben keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen. "Ein Reisehinweis begründet noch kein kostenloses Rücktrittsrecht", sagt Beate Saupe von der Verbraucherzentrale Sachsen. Erst wenn außergewöhnliche, unvermeidbare Umstände wie Waldbrände oder extreme Hitze eintreten und die Lage vor Ort konkret gefährlich ist – etwa durch Evakuierungen oder nicht erreichbare Hotels – könne eine Pauschalreise kostenfrei storniert werden. Wer aus gesundheitlichen Gründen verunsichert ist, sollte laut Saupe frühzeitig die Reisebedingungen prüfen, sich über Umbuchungsoptionen informieren und regelmäßig die Reisehinweise sowie aktuelle Nachrichten verfolgen.
Keine Stornierungswelle
Allerdings deutet derzeit nichts daraufhin, dass sich die Deutschen von den hohen Temperaturen am Mittelmeer und den Hinweisen des Auswärtigen Amts abschrecken lassen. Eine erhöhte Zahl von Stornierungen sei bei den Reiseanbietern nicht zu verzeichnen, sagt Torsten Schäfer, Sprecher des Deutschen Reiseverbands (DRV), MDR AKTUELL. "Wir sehen aktuell kein verändertes Buchungs- und Reiseverhalten." Auch die Reiseanbieter TUI, Alltours und die DERTOUR Group bestätigen das auf Anfrage von MDR AKTUELL.
Das Mittelmeer bleibt Top-Ziel
Die zunehmende Hitze in den Sommermonaten im Süden Europas lässt offenbar die meisten deutschen Urlauber kalt. "Die Lieblingsziele der Deutschen sind im Sommer weiterhin die Regionen rund ums Mittelmeer – insbesondere Spanien, Griechenland und die Türkei", so Schäfer. Auch Italien, Portugal, Ägypten, Tunesien, Bulgarien und Kroatien seien während der Sommerferien sehr gefragt. Einen Rückgang der Buchungszahlen beobachtet der Verband nicht – im Gegenteil: "Wir sehen auch für dieses Jahr eine sehr hohe – für viele dieser Regionen sogar steigende – Nachfrage. Gleiches gelte für Reisen in die Vereinigten Arabischen Emirate.
Hitzetrend erreicht (noch) nicht das Verhalten
Auch Ulf Sonntag von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. (FUR) bestätigt diesen Trend. Der Verein analysiert jährlich das Reiseverhalten der Deutschen. Das Mittelmeer sei nach wie vor "der absolute Renner unter den Reisezielen", sagt der Tourismusforscher. "Die Menschen fahren in den letzten beiden Jahren so viel ans Mittelmeer wie zuvor noch nie." Für Urlauber im Mittelmeerraum bleibe der Klimawandel oft abstrakt. Denn Auswirkungen wie Hitze oder Dürre erleben Touristen eben nur kurz, für ein, zwei Wochen – für einen Urlaub.
Ein Trend hin zu kühleren Regionen wie Skandinavien – die sogenannte "Coolcation" – sei aktuell nicht zu erkennen. "In der Menge ist es kein gegenläufiger Trend. Es ist nicht so, dass jetzt auf einmal Millionen Menschen mehr Richtung Norden fahren." Skandinavien und die deutsche Küste seien gleichbleibend oder erlebten ein leichtes Wachstum.
Verlagerung in Vor- und Nachsaison
"Eher möglich ist, dass Menschen versuchen, den heißen Monaten, in denen Hitzewellen besonders häufig auftreten, aus dem Weg zu gehen und dann im Früh- oder Spätsommer verreisen", erklärt Sonntag. Das beobachtet auch der Touristikkonzern TUI. "Es gibt einen Trend, der die Vor- und Nachsaison beliebter werden lässt", teilt das Unternehmen MDR AKTUELL schriftlich mit. Dies sei auch im Sinne der Reiseziele, da sich hierdurch die Saison verlängert.
Doch nicht nur die Vor- und Nachsaison werde ausgebaut, erklärt Schäfer vom DRV. "Die Urlaubsregionen arbeiten zusammen mit der Reisebranche gezielt an Maßnahmen, auch zur Klimaanpassung mit entsprechenden Wassermanagementsystemen, mit Frühwarnsystemen, sie schaffen Parks, um in den Städten das Mikroklima zu verbessern."
Wunsch nach Sonne überwiegt
Klimabedingte Warnhinweise, Hitzerekorde oder Waldbrände schrecken die meisten deutschen Urlauber bislang nicht von einer Reise ans Mittelmeer ab. Der Wunsch nach Sonne und Erholung bleibt für viele entscheidend – selbst wenn vergangene Reisen bereits unter extremen Temperaturen litten. Tourismusforscher Sonntag bringt es auf den Punkt: "Wenn man dann im Januar bucht – nach drei, vier Monaten Regen – und überlegt, was man im Sommer machen will, dann spielen Erinnerungseffekte eine Rolle. Man denkt sich: Ja, es war vielleicht heiß, aber immer noch besser, als im Juli im Regen in Deutschland zu sitzen."
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