Mordvorwurf gegen drei mutmaßliche Mitglieder einer linksextremistischen Gruppe um Lina E.
Der Generalbundesanwalt hat gegen sieben Personen aus dem Umfeld der Leipziger Studentin Lina E. Anklage erhoben, darunter gegen drei Männer wegen versuchten Mordes. Das bestätigte die Behörde am Mittwoch in einer Pressemitteilung. Demnach seien die Anklagen gegen sechs Männer und eine Frau (alle deutsche Staatsbürger) schon am 28. Mai vor dem Staatsschutzsenat des OLG Dresden erhoben worden. Über die Zulassung der Anklage entscheidet nun das OLG.
Das werfen die Ermittler den mutmaßlichen Linksextremisten vor
Sechs der sieben Beschuldigten sollen Mitglieder einer kriminellen Vereinigung sein, der siebente Beschuldigte Unterstützer dieser Vereinigung. Allen wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Weiterhin gehe es um Sachbeschädigung, Urkundenfälschung und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr.
"Die Angeschuldigten gehörten - als Mitglieder oder Unterstützer - zu einer spätestens Ende 2017/Anfang 2018 in und um Leipzig gegründeten Vereinigung, deren Mitglieder eine militante linksextremistische Ideologie teilten", heißt es in der Begründung zur Anklage. Und weiter: "Die auch überregional vernetzte Gruppierung verübte über mehrere Jahre hinweg gewaltsame Angriffe gegen Personen, die ihrer Ansicht nach aus der 'rechten Szene' kamen. Die Aktionen wurden in der Regel intensiv vorbereitet."
Die Tatvorwürfe im Einzelnen (zum Aufklappen)
- Tobias E., Johann G., Thomas J. und Paul M. wurden im Oktober 2024 und im Januar 2025 festgenommen. Die vier sitzen in U-Haft.
- Die Beschuldigten Henry A., Melissa K. und Julian W. sind auf freiem Fuß.
- Unter wechselnder Beteiligung der Angeschuldigten und anderer Mittäter soll es laut GBA zu diesen Überfällen gekommen sein:
- 30.10.2018, Wurzen: Angriff auf einen Mann mit Tritten und Schlagstöcken. Melissa K. soll das Opfer ausgespäht haben.
- 8.1.2019, Leipzig-Connewitz: mit anderen soll Johann G. einen Mann massiv geschagen, getreten und verletzt haben.
- 19.1.2019, Dessau-Roßlau: Tobias E. und Johann G. sollen mit weiteren Anhängern am Bahnhof vier Personen angegriffen haben, die auf dem Rückweg von einer Kundgebung in Magdeburg anlässlich des Jahrestages der Bombardierung der Stadt waren. Die Angreifer sollen mit einem Hammer und eine Eisenstange gezielt auf die Köpfe der Opfer eingeschlagen und lebensgefährliche Schläge und Tritte gegeben haben.
- 19.10.2019, Eisenach: Johann G. und Thomas J. sollen mit anderen einen Anschlag auf den Inhaber und Besucher einer Kneipe der rechtsextremistischen Szene verübt haben. Dabei wurden Inventar beschädigt und mehrere Besucher mit Schlagstöcken, Schlägen und Reizgas angegriffen.
- 21.10. 2019, Dortmund: Paul M. und ein Mittäter sollen ein "Thor-Steinar"-Ladengeschäft großflächig Buttersäure und einer weiteren Substanz besprüht und angegriffen haben. Es entstand ein großer Sachschaden; eine Verkäuferin erlitt eine Augenverletzung. Die Täter stahlen Kleidungsstücke, um die für künftige Ausspähaktionen zu verwenden. Johann G. soll den Überfall geplant haben.
- 14.12.2019, Eisenach: Tobias E., Johann G., Paul M. und Julian W. sollen erneut den Inhaber der rechten Szenekneipe in Eisenach attackiert und verfolgt haben. Bei einer Verfolgung sollen auch drei Begleiter des Inhabers angegriffen worden sein. Die Täter flüchteten mit hoher Geschwindigkeit vor der Polizei und hatten gestohlene kennzeichen am Fluchtauto.
- 15.2.2020, Wurzen: Henry A. soll gemeinsam mit anderen am Bahnhof sechs Personen überfallen haben, die von einer Gedenkveranstaltung in Dresden anlässlich des 75. Jahrestags der Bombardierung der Stadt kamen. Die Männer waren vorab auf der Zugfahrt unter anderem von Johann G. ausgekundschaftet worden.
- 12.1.2023, Erfurt: Johann G. soll mit anderen zwei ausgespähten Personen angegriffen haben: von hinten mit Hammer- und Faustschlägen mehrfach wuchtig gegen die Köpfe.
- 9.2. bis 11.2.2023, Budapest: Johann G. und Paul M. sollen bei Übergriffen gegen Neonazis und Rechtsextremisten beteiligt gewesen sein. Die Vorfälle anlässlich des sogenannten "Tags der Ehre", zu dem Rechtsextremisten aus ganz Europa jedes Jahr in die Hauptstadt Ungarns reisen, fanden in einem Café und auf einem Platz statt. Die Geschädigten sollen mit Pfefferspray, Schlagstöcken, Fausthieben und einem Hammer angegriffen worden sein. Ein Geschädigter soll mindestens 15 Schläge überwiegend gegen den Kopf bekommen haben.
Quelle: Mitteilung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof (GBA) vom 11. Juni 2025
"Hammerbande" im Visier der Ermittler
Bereits vor Pfingsten hatten mehrere mit den Vorgängen vertrauten Personen MDR INVESTIGATIV bestätigt, dass sieben Beschuldigte u.a. die Bildung einer linksextremen kriminellen Vereinigung sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen wird. Sie sollen Teil einer Gruppe sein, die teils auch unter den Namen "Hammerbande“ oder "Antifa-Ost" bekannt wurde.
Vorwürfe gegen Lina E.s Verlobten
Einer der sechs Beschuldigten ist Johann G., der Verlobte von Lina E. Er war Anfang November 2024 von Zielfahndern des sächsischen Landeskriminalamts in einer Regionalbahn bei Weimar in Thüringen festgenommen worden und sitzt seitdem in Dresden in Untersuchungshaft.
Dazu schreibt die GBA: "Innerhalb der Vereinigung nahm Johann G. zusammen mit der rechtskräftig verurteilten Lina E. eine herausgehobene Stellung ein. Er war maßgeblich für die Planung und Durchführung von Angriffen zuständig, sprach gezielt Mittäter für einzelne Aktionen an und vernetzte sich in der linksextremistischen Szene, um weitere Personen zu mobilisieren."
Mit dem beschuldigten Paul M. soll Johann G. Schulungen organisiert haben, bei denen Anhängern Kampftechniken und Angriffsszenarien vermittelt und einstudiert worden seien. Die Gruppe soll ein "Tatmitteldepot" verwaltet haben, in dem für geplante Angriffe Schlagwerkzeuge, Pfefferspray, Vermummungsutensilien und Mobiltelefone lagen.
Beschuldigte sollen Eisenacher Neonazi im Visier gehabt haben
Bei den Tatvorwürfen handelt es sich um Teilnahmen an einem Überfall auf den verurteilten Eisenacher Neonazi Leon R. im Dezember 2019. Dabei und auch in die Überfälle auf Rechtsextremisten in Budapest im Februar 2023 sollen mehrere der Beschuldigten verwickelt gewesen sein.
MDR (kk)
Weiterführende Links
- 05. Juni 2025Sieben weitere Anklagen gegen Umfeld von Lina E.
- 19. März 2025BGH bestätigt Haftstrafe für Linksextremistin Lina E.
- 19. März 2025BGH-Urteil im Fall "Lina E." erwartet
- 23. Dezember 2024Ermittlungen um Lina E.: Mutmaßliches Mitglied linksextremistischer Gruppe in U-Haft
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