Magdeburg: Spektakuläre Erkenntnisse zu Überresten im Grab von Otto I.
- Im Zuge von Sanierungsarbeiten ist das Grab von Otto I. im Magdeburger Dom geöffnet worden.
- Nun wird untersucht, ob es sich bei dem Skelett tatsächlich um seine sterblichen Überreste handelt.
- Nach den Untersuchungen soll Otto der Große wieder in Magdeburg beigesetzt werden.
Die Untersuchungen des Grabes von Otto I. im Magdeburger Dom haben erste Erkenntnisse geliefert. Das haben die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt und das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt am Dienstag mitgeteilt. So seien nach der Öffnung der Grabstätte menschliche Überreste, Textilien und Grabbeigaben sichergestellt worden.
Das Grab Ottos des Großen besteht aus einem Steinsarkophag, das erhebliche Schäden aufweist und derzeit saniert wird. Im Zuge der Arbeiten wurde Mitte Juni 2025 auch der hölzerne Innensarg geöffnet. Darin befinden sich den Angaben zufolge "verstreut liegende menschliche Überreste eines männlichen, älteren Individuums mit für das Mittelalter überdurchschnittlicher Körpergröße." Wissenschaftliche Analysen sollen Aufschluss über Krankheiten, Lebensweise und äußere Erscheinung des Bestatteten geben – und letztlich auch klären, ob es sich dabei tatsächlich um Otto den Großen handelt.

Gesicht des Kaisers soll rekonstruiert werden
Landesarchäologe Harald Meller sagte MDR KULTUR, es sei wahrscheinlich, dass es sich bei den menschlichen Überresten um Otto den Großen handele. "Ich hoffe, dass wir das noch beweisen können", so Meller. Momentan sehe aber alles danach aus. Untersucht werden soll auch, wie das Gesicht des Kaisers ausgesehen habe. Eine Gesichtsrekonstruktion sei sehr wahrscheinlich möglich.
In spätestens einem bis eineinhalb Jahren werden wir dem Kaiser, wenn er es denn ist, ins Gesicht sehen.
Erste Messungen hätten ergeben, dass der Mann im Sarg etwa 1,79 Meter groß gewesen ist. Damit sei er mindestens 10 Zentimeter größer als andere Männer der Zeit gewesen. Die Knochen ließen zudem darauf schließen, dass er Reiter gewesen sei. Alles spreche für Otto, betonte Meller. Die Knochenerhaltung des Schädels sei "herausragend". Das würde eine "perfekte Gesichtsrekonstruktion" ermöglichen und eine realistische Abbildung des Kaisers Otto erlauben. "In spätestens einem bis eineinhalb Jahren werden wir dem Kaiser, wenn er es denn ist, ins Gesicht sehen."
Knochen, Textilien und Eierschalen
Neben den Gebeinen wurden im Sarg auch Textilien, pflanzliche Reste und Sedimente gefunden. "Unter den Textilien stechen ein rot und ein blau gefärbtes Gewebe mit Rautenmuster hervor", hieß es. Die Fragmente seien teils sehr fragil und stark konservierungsbedürftig. Außerdem wurden im Sarg Eierschalen gefunden. Laut Meller kommen diese in christlichen Gräbern häufiger vor. Das Ei gilt als Symbol für die Auferstehung Christi. Es müsse aber noch untersucht werden, wann die Eierschalen ins Grab gekommen seien.

Der hölzerne Innensarg befindet sich laut Kulturstiftung und Landesamt in sehr schlechtem Zustand. Erste Analysen hätten ergeben, dass er aus unterschiedlich altem Kiefernholz besteht und im Hohen Mittelalter hergestellt wurde. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde der Sarg nach dem Brand des Magdeburger Doms im Jahr 1207 angefertigt, als die Gebeine Ottos des Großen in den Neubau des Doms umgebettet wurden. Hebelspuren am Deckel und an der Sarkophagwand deuten darauf hin, dass der Sarg später mehrfach geöffnet wurde.
Dom in Magdeburg bleibt weiterhin zugänglich
Man habe anfangs befürchtet, in dem Grab die Überreste mehrerer Individuen zu finden, was in solchen Gräbern häufig vorkomme, erläuterte Landesarchäologe Harald Meller. "Wir hatten gehofft, dass eine Person drin liegt, männlich, mit Kennzeichen von hohem Adel. Größe, Nachweis von Reitertum, all dies haben wir gefunden." Somit könne tatsächlich davon ausgegangen werden, "dass wir hier, wie es überliefert ist, Otto vor uns haben." Das werde noch genetisch zu beweisen versucht. "Ich bin überzeugt, dass uns die Forschung hier noch weit bringen wird. Auf alle Fälle haben wir eins der spannendsten Skelette des Abendlandes vor uns."

Auf alle Fälle haben wir eins der spannendsten Skelette des Abendlandes vor uns.
Derzeit laufen die Vorbereitungen für die nähere Analyse und die Konservierung des Sarginhaltes. Die Grabstätte im Hohen Chor ist bereits seit Anfang des Jahres von einem einer geschlossenen Einhausung – einem kasten-artigen Holzbau – geschützt. So können die hochdiffizilen Arbeiten, an denen viele Expertinnen und Experten beteiligt sind, bei laufendem Betrieb stattfinden. Der Magdeburger Dom ist für Besucherinnen und Besucher weiterhin zugänglich, auch Gottesdienste werden gefeiert.

Sämtliche Arbeiten werden vor Ort in Magdeburg vorgenommen. Für die Sanierung muss der Sarkophag geleert und zeitweise versetzt werden. Nach Abschluss der Arbeiten, die voraussichtlich ein Jahr dauern, sollen die Gebeine in einen neuen Holzsarg umgebettet werden. Otto I. soll bis Mitte nächsten Jahres wieder im Magdeburger Dom beigesetzt werden.
Zentrale Figur der europäischen Geschichte
Otto I., auch der Große genannt, wurde 912 geboren und ist 973 in Memleben gestorben. Als erster Kaiser des Heiligen Römischen Reichs gilt er als eine zentrale Figur der europäischen Geschichte. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte: "Das Grab Ottos des Großen im Magdeburger Dom ist von herausragender kulturhistorischer Bedeutung für Sachsen-Anhalt. Wir sind verpflichtet, diesen Erinnerungsort deutscher und europäischer Geschichte für die Zukunft zu bewahren."
Im Jahr 968 gründete Otto I. das Erzbistum Magdeburg, wodurch die Stadt einen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung erlebte. Nach seinem Tod 973 wurde der Kaiser im Magdeburger Dom beigesetzt. Seit dem Domneubau im 13. Jahrhundert befindet sich das Grabmal des Kaisers zentral im Binnenchor des Magdeburger Doms.
Quelle: MDR KULTUR (Sandra Meyer), Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Landesmuseum für Vorgeschichte, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, redaktionelle Bearbeitung: lig
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