• Ein Bericht wirft Jens Spahn milliardenschwere Fehlentscheidungen bei der Maskenbeschaffung in der Pandemie vor.
  • Die Union kritisiert den Bericht als methodisch mangelhaft, während die SPD ihn als Grundlage für politische Aufarbeitung verteidigt.
  • Der Bundestag will mit einer Enquete-Kommission die Aufarbeitung der Corona-Politik einleiten.

Der Druck auf den früheren Bundesgesundheitsminister und heutigen Unionsfraktionsvorsitzenden Jens Spahn (CDU) wächst. Hintergrund sind schwerwiegende Vorwürfe im Zusammenhang mit der Beschaffung von Corona-Schutzmasken während der Pandemie. Ein Sonderbericht der ehemaligen Spitzenbeamtin Margaretha Sudhof belastet Spahn erheblich.

Schaden in Milliardenhöhe

Laut dem Sudhof-Bericht soll Spahn in der Frühphase der Pandemie entgegen dem Rat seiner Fachabteilungen großflächig in die Maskenbeschaffung eingestiegen sein. Dies habe zu Milliardenrisiken für den Staat geführt, obwohl bereits erfahrene Beschaffungsstellen bereitstanden und vor dem eigenmächtigen Vorgehen gewarnt hätten. Spahn habe laut dem Bericht ökonomische Risiken unterschätzt und sei von politischem Ehrgeiz getrieben gewesen.

Die Grünen im Bundestag äußerten scharfe Kritik. Spahn stehe aus ihrer Sicht im Verdacht des "Machtmissbrauchs im Amt", sagte ihr Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen. Laut dem Gesundheitspolitiker stehe der Vorwurf im Raum, dass Aufträge teilweise ohne Ausschreibung und unter Verwendung privater Kommunikationsmittel wie WhatsApp oder E-Mail vergeben worden – unter anderem an ein Unternehmen aus Spahns Heimatregion, das schnell überfordert gewesen sein soll. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte in der Aktuellen Stunde, dass dem Steuerzahler bis zu elf Milliarden Euro als Schaden entstanden sind.

Streit über Bewertung des Berichts

In einer Aktuellen Stunde des Bundestags, beantragt von der Linksfraktion, wurde der Bericht kontrovers diskutiert. Die Union wies die Vorwürfe zurück: Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Simone Borchardt, kritisierte das Dokument als "Gutachten ohne klare Methodik, ohne nachvollziehbare Quellen, ohne rechtliche Substanz". Der Bericht sei daher aus Sicht der Union nicht geeignet, um politische Verantwortung zu beurteilen.

Dem widersprach die SPD entschieden: Christos Pantazis, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD, verteidigte Sudhof als "über Parteigrenzen hinaus anerkannte Spitzenbeamtin". Ihr Bericht sei parteiunabhängig erstellt worden und dürfe nicht durch parteipolitische Angriffe diskreditiert werden. Es sei Aufgabe des Parlaments, das Handeln in der Pandemie "differenziert, aber kompromisslos" aufzuarbeiten.

Nina Warken, die derzeitige Gesundheitsministerin (CDU), verteidigte Spahn grundsätzlich und warf Sudhof methodische Schwächen vor. Sie stellte jedoch klar, dass das Gesundheitsministerium künftig keine direkte Beschaffungsstelle mehr sein solle. Sie rechtfertigte etwa Schwärzungen im Bericht mit dem Schutz persönlicher Daten und Geschäftsgeheimnisse.

Aufklärung gefordert – Uneinigkeit über das Format

Vor diesem Hintergrund forderten insbesondere die Grünen und die Linke weitergehende parlamentarische Aufklärung. Linken-Parteichefin Ines Schwerdtner sprach von einem "Versorgungsnetz für Parteifreunde" und warf Spahn Doppelmoral vor. Wer in der Pandemie politisch profitiere und nun Aufklärung verhindere, habe in der Politik nichts mehr verloren. Sie forderte Spahns Rücktritt als Fraktionschef und sprach sich für eine "Politikpause" aus, bis die Vorwürfe restlos geklärt seien.

Der Bundestag hat die parlamentarische Aufarbeitung der Corona-Pandemie inzwischen offiziell angestoßen. Am Mittwoch debattierten die Abgeordneten in erster Lesung über einen gemeinsamen Antrag von Union und SPD zur Einsetzung einer Enquete-Kommission. Diese soll die staatlichen Maßnahmen während der Pandemie evaluieren, Fehler benennen und Empfehlungen für künftige Krisen ableiten. Der Antrag wurde zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen, die Kommission soll nach der Sommerpause ihre Arbeit aufnehmen.

AFP/dpa (jst)

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