Bauernverband will Saisonkräfte unter Mindestlohn bezahlen
- Berufsverband betont die finanzielle Belastung der Betriebe.
- Anhebung des Mindestlohns führt zu höheren Preisen für den Verbraucher.
- Wissenschaftler hält Vorschlag für diskriminierend und nicht rechtens.
Der Bauernpräsident Joachim Rukwied möchte den Mindestlohn für Saisonkräfte auf den Feldern auf 80 Prozent beschränken. Auf dem Bauerntag sagte er, die Betriebe seien zu stark belastet.
Handarbeit in Deutschland besonders teuer
Joerg Hilbers ist Pressesprecher der Obstbetriebe im Berufsverband "Bundesausschuss Obst und Gemüse". Er sagt, schon jetzt gebe jeden Tag ein Betrieb auf wegen zu hoher Kosten.
"Früchte werden mit ganz viel Handarbeit produziert. Das Ernten, das Pflanzen, die Pflegearbeiten an den Früchten, die erfordern sehr viel Handarbeit", sagt Hilbers. Und diese sei in Deutschland besonders teuer. "Teurer als in den anderen Obst produzierenden Ländern.“
Höherer Lohn führt zu höheren Preisen
Italien etwa hat keinen flächendeckenden Mindestlohn. In Polen liegt er derzeit bei 7,08 Euro, in Griechenland bei 5,60 Euro die Stunde. Der Vorstoß von Bauerpräsident Rukwied kommt nicht zufällig jetzt: In wenigen Tagen wird die neue Empfehlung der Mindestlohnkommission erwartet. Im Gespräch ist eine Anhebung des Mindestlohns von derzeit 12,82 Euro auf 15 Euro pro Stunde.

Wenn wir auch in Zukunft bezahlbare Erdbeeren in Deutschland haben wollen, brauche es Ausnahmen, findet auch Carolin Leefers, Geschäftsführerin beim Erdbeerhof Gebesee. "Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass man weniger bereit ist – überspitzt gesagt – eine Erdbeerschale für zehn Euro zu erwerben. Das macht am Ende auch keiner."
Höhere Kosten werden an die Kundschaft weitergegeben bestätigt auch Erdbeer- und Blumenbäuerin Claudia Funck. Sie hat mit ihrem Mann Erdbeerfelder in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In der Saison arbeiten sowohl Rentner und Studierende für sie als auch Polinnen und Rumänen. Alle bekommen Mindestlohn. Den Vorschlag von Rukwied hält sie für fair.
"Der Mindestlohn war ja eigentlich dafür gedacht, dass die schlechter bezahlten Arbeiter ein bisschen mehr Geld in der Tasche haben. Aber vom Mindestlohn haben die ihre Abzüge", erklärt Funck. Was sie in dem Zeitraum verdienen würden, sei eher "ein Zubrot." Aber nichts, um den Lebensunterhalt zu bestreiten.
Staffeln von Mindestlohn verstößt gegen das Gesetz
Nach Haupt- oder Nebenverdienst zu filtern und danach den Mindestlohn zu staffeln, sei keine Option sagt Thorsten Schulten. Der Wissenschaftler beschäftigt sich schon Jahrzehnte mit Arbeits- und Tarifpolitik und arbeitet am Forschungsinstitut der gewerkschaftsnahen Böcklerstiftung.
"Wie wollen Sie das nachweisen, ob das ein Zubrot oder ein Hauptverdienst ist? Das müssten Sie ja bei jedem einzelnen Beschäftigten prüfen", sagt er. "Das wäre ein Punkt, der gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen würde und juristisch keinen Bestand haben würde."
Das wäre eine offene Diskriminierung
Auch Rukwieds Argumentation, die Mehrzahl der Saisonarbeiter hätte ihren Wohnsitz nicht in Deutschland, hält Schulten für unzulässig. "Die Begründung reicht nicht: die sind Ausländer und haben ihren Wohnsitz nicht in Deutschland und leben zu anderen Lebenskosten in Rumänien", kritisiert er. Diese Begründung könne nicht vor dem Europäischen Gerichtshof standhalten. "Das wäre eine offene Diskriminierung."
Bereits im Sommer 2024 hatte die AfD-Fraktion im Bundestag Ausnaheregelungen beim Mindestlohn für ausländische Erntehelfer gefordert.
Ausnahmen im Mindestlohngesetz
Das Mindestlohngesetz sieht auch jetzt schon Ausnahmen vor, zum Beispiel bei Azubis oder Praktikanten. Außerdem gibt es die Möglichkeit, nicht berufsmäßig tätige Saisonarbeiter für aktuell maximal 70 Tage sozialversicherungsfrei zu beschäftigen. Laut Koalitionsvertrag soll das auf 90 Tage ausgeweitet werden.
Kritik an Rukwieds Wünschen kommt nicht nur von der SPD, die einst für die Einführung des Mindestlohns gesorgt hat. Auch die Gesamtmetall-Arbeitgeber-Organisation "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" weist den Vorschlag zurück. In einem Zeitungsinterview sagte Geschäftsführer Thorsten Alsleben, ein Billig-Mindestlohn für Ausländer sei verfassungsrechtlich bedenklich, ökonomisch absurd und politisch unsinnig.
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