"Müssen neutral sein, auch wenn das manchmal wehtut"
Trotz Kritik wehte zum Christopher Street Day keine Regenbogenflagge auf dem Reichstag. Im Bericht aus Berlin verteidigt Bundestagspräsidentin Klöckner ihre Entscheidung. Sie müsse neutral sein - auch im Umgang mit der AfD.
Seit gut drei Monaten ist Julia Klöckner Präsidentin des Deutschen Bundestags. Vieles macht sie anders als ihre Vorgängerin Bärbel Bas - und das kommt nicht bei allen gut an. Zuletzt sorgte Klöckners Entscheidung für Kritik, anlässlich des Christopher Street Days (CSD) künftig nicht mehr die Regenbogenflagge über dem Deutschen Bundestag zu hissen.
Im Bericht aus Berlin begründet sie diese Entscheidung mit ihrem Auftrag, sich neutral zu verhalten. Ihre Arbeit fuße auf einem "klaren Fundament" und "das ist nicht dehnbar", sagte sie. Dieses Fundament sei die Neutralität der Bundestagsverwaltung, die die gesamte Bandbreite des deutschen Bundestags auch abbilden müsse.
Julia Klöckner, Bundestagspräsidentin, zu Debatte um Regenbogenflagge
Bericht aus Berlin, 29.06.2025 18:00 Uhr"Dürfen nicht etwas politisieren, wofür man Normalität einfordert"
Das gelte auch für die Teilnahme am CSD. Zuletzt hatten sechs Abgeordnete der SPD-Bundestagsfraktion Klöckner in einem Brief aufgefordert, eine Teilnahme der queeren Gruppe der Bundestagsverwaltung am diesjährigen CSD zu ermöglichen. Diese Teilnahme war zuvor von der Hausleitung untersagt worden. "Wir halten dies für ein falsches und in der aktuellen gesellschaftlichen Lage leider auch fatales Signal", hieß es in dem Schreiben.
Im Bericht aus Berlin betonte die Bundestagspräsidentin, dass Angestellte der Bundestagsverwaltung privat bei der Parade mitlaufen dürften, "aber nicht in ihrer Arbeitszeit oder im Rahmen von Sonderurlaub". Bei dem CSD handle es sich um eine politische Demonstration, betonte Klöckner. Das Anliegen sei ehrenwert. Doch: "Da müssen wir neutral sein, auch wenn das manchmal wehtut", sagte die CDU-Politikerin.
"Man kann sich nicht sonst auf Neutralität berufen, wenn einem etwas nicht passt, aber wenn einem etwas politisch subjektiv genehm ist, dann die Neutralität ablehnen", erklärte die Bundestagspräsidentin. Das gelte auch für andere Demonstrationen wie Fridays for Future oder den "Marsch für das Leben".
Dass in München zum Christopher Street Day die Regenbogenflagge über der Staatskanzlei wehte, kommentierte Klöckner mit den Worten: "Ich bin Präsidentin des Deutschen Bundestags und nicht der bayrischen Staatskanzlei."
"Wenden uns entschieden gegen Anfeindungen"
Um die Regenbogenflagge zu hissen, müsse es einen parlamentarischen Bezug geben, sagte Klöckner: Wie etwa am 17. Mai, als die Charta für Vielfalt unterzeichnet wurde. "Es ist sehr klar, dass wir uns entschieden gegen Anfeindungen gegen Menschen jeglicher sexueller Orientierung wenden", sagte sie.
Zudem setze die deutsche Flagge bereits ein Zeichen für Toleranz und Offenheit: "Auf unserem deutschen Parlament weht eine Fahne, die ist nahezu durch nichts zu toppen: Schwarz-Rot-Gold steht für Freiheit, steht für Meinungs- und Pressefreiheit, steht für Individualität - auch der sexuellen Identität", sagte die CDU-Politikerin.
"Verlässlich, neutral und streng" - auch bei der AfD
Die neue Bundestagspräsidentin will ihre Aufgabe "klar, sehr verlässlich, neutral und streng" verfolgen. Sie wolle nach klaren Regeln vorgehen, sagte Klöckner - das gelte auch für ein mögliches Verbotsverfahren der AfD. Bei ihrem Parteitag hatte die SPD entschieden, ein Verbotsverfahren vorzubereiten. "Wer so ein Verbot anstrebt, muss sich ziemlich sicher sein, dass das funktioniert", sagte die CDU-Politikerin. "Aber ich werde keine politische Positionierung vornehmen."
Die Stärke der AfD stellt die Opposition vor Herausforderungen. Eine Kontrolle der Bundesregierung ohne die Stimmen der Partei ist kaum möglich. Für einen Kontrollausschuss benötigt die Opposition 158 Stimmen, doch die Grünen und die Linkspartei kommen zusammen nur auf 122 Stimmen. Nun gibt es Gespräche, ob die Fraktionen die Einberufung eines Untersuchungsausschusses auch ohne die Stimmen der AfD ermöglichen könnten. Klöckner zeigte sich zurückhaltend und verwies auf ihre Aufgabe, sich neutral zu verhalten. Es brauche rechtssichere Abläufe und eine Mehrheitsentscheidung. "Mit entsprechenden Mehrheiten, kann man von Regeln abweichen, die es bis dato gab", sagte sie. "Aber die schreibe ich nicht vor."
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