• Notburga Ott von der Interessenvertretung für pflegende Angehörige findet es nicht fair, wenn pflegende Angehörige hauswirtschaftliche Leistungen unbezahlt übernehmen.
  • Auch mehr als eine halbe Million Minderjährige kümmert sich zu Hause um pflegebedürftige Angehörige.
  • Laut Interessenvertretung entstehen der Pflegekasse im stationären Bereich viel höhere Kosten als durch die häusliche Pflege.

Zwölf Jahre hat Notburga Ott selbst ihre Eltern gepflegt. Als Vorstandsmitglied der Interessenvertretung für pflegende Angehörige "wir pflegen" ist sie über den Vorschlag des Vorsitzenden des sächsischen Pflegerats, Michael Junge, zu Einsparungen in der Pflege empört. Junge sagte MDR AKTUELL: "Die Pflegeversicherung bezahlt eine ganze Menge an Leistungen und ich glaube, wir müssen in der Gesellschaft diskutieren, welche Leistungen muss eine Familie, müssen Angehörige, Freunde, ein soziales Umfeld erbringen können." Dazu zähle er Hauswirtschaftsleistungen.

In Pflegeeinrichtungen werden Hauswirtschaftsleistungen bezahlt

Ott verweist auf Zahlen: "Von den Pflegebedürftigen sind nur 14 Prozent stationär untergebracht, die anderen 86 Prozent werden zu Hause gepflegt. Von denen wiederum haben nur 20 Prozent einen ambulanten Pflegedienst." Den Rest würden die pflegenden Angehörigen stemmen. Und: "Bei denjenigen, die in der stationären Pflege sind, werden alle Leistungen von der Pflegekasse bezahlt. Da ist natürlich Hauswirtschaft mit dabei, die werden ja versorgt." Zwar müssten sie ihren Anteil für Essen zahlen, aber sonst werde alles bezahlt. "In der häuslichen Pflege soll das jetzt weggenommen werden, weil es doch die pflegenden Angehörigen sowieso schon machen."

Dabei hätten pflegende Angehörige oft nicht die Ressourcen, um neben der Pflege noch mehr zu leisten, sagt Helvi Seehafer, Fachbereichsleiterin Pflege bei der Johanniter-Unfall-Hilfe. Sie hat erfahren, "dass pflegende Angehörige durchschnittlich 49 Stunden pro Woche in die Pflege investieren". Da bleibe kaum noch Zeit für Freizeit, Erholung oder eigene soziale Kontakte. "Die pflegenden Angehörigen da noch zusätzlich zu belasten, ist aus meiner Sicht nicht der richtige Weg", sagt Seehafer.

Auch Minderjährige pflegen Angehörige

Zumal es auch viele Minderjährige gibt, die häusliche Pflege übernehmen. Das Bundesfamilienministerium schätzt, dass sich rund 500.000 Kinder und Jugendliche um pflegebedürftige Angehörige kümmern. Die Dunkelziffer dürfte noch höher liegen.

Julika Stich, Gründerin von Young Helping Hands, einem Projekt für diese Minderjährigen, beschreibt deren Situation folgendermaßen: "Das sind Kinder und Jugendliche, die sich um ihre Eltern kümmern und dann auch Pflegeaufgaben übernehmen. Und wenn wir von Pflegeaufgaben sprechen, sind das Aufgaben, die dann auch Erwachsene machen. Da sprechen wir wirklich von Aufstehen in der Nacht oder Pflegetätigkeiten wie Intimpflege. Das überfordert ja schon viele Erwachsene."

In stationäre Pflege fließt viel mehr Geld

Letztendlich muss laut Stich in diese pflegenden Angehörigen mehr Hilfe und Geld gesteckt werden. Zurzeit erhalten Pflegebedürftige monatlich 131 Euro, um etwa für haushaltsnahe Dienstleistungen zu zahlen – also Kochen, Putzen, Einkaufen.

Der größte Kostenanteil entstehe in der stationären Pflege, erklärt Notburga Ott von der Interessenvertretung "wir pflegen": "Die Pflegeversicherung hat im Jahr 2023 57 Milliarden Euro ausgegeben und davon 20 Milliarden für den stationären Sektor. Das heißt, 42 Prozent der Leistungsausgaben sind in den stationären Sektor gegangen. Und das heißt wiederum, für die 14 Prozent der Pflegebedürftigen, die im stationären Sektor sind, wurden mehr als 40 Prozent ausgegeben."

Bei dieser Kostenverteilung sieht Ott in der häuslichen Pflege kein Sparpotenzial.

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